Mazda glaubt an den Verbrenner und dessen Potenzial

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Wolfgang Plank

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Irgendwie war es ja klar: Mazda würde auch dieses Mal wieder seinen eigenen Weg fahren. Schließlich ist der Autobauer bekannt für Extratouren mit technischer Finesse. Die Japaner boten über die Jahre dem Wankel-Motor eine Nische, kultivierten den Diesel und präsentieren nun, da fast alle zum reinen E-Antrieb überlaufen, mit dem CX-60 den ersten Plug-in-Hybriden der Marke. Der Grund: Bei Mazda glauben sie ganz fest daran, dass im Verbrenner noch gewaltiges Potenzial steckt.

Da verwundert nicht, dass 2023 parallel zum Doppelherz-Mazda sogar elektrisch unterstützte Reihen-Sechszylinder beiderlei Kraftstoffs wieder ins Angebot gelangen. Längs eingebaut und mit antiquiert anmutenden Hubräumen bis zu 3,3 Litern. In Fuchu haben sie für die Palette von Akku bis Abgas den Namen Multi Solution erdacht. Soll heißen: Gerüstet für alle Fälle. Den Kunden scheint das zu gefallen. Mehr als 5000 Interessenten hierzulande haben den CX-60 schon mal blind bestellt. Wie man hört, sollen auch frühere Fans deutscher Nobelmarken darunter sein.

Zum Marktstart kommt der CX-60 ausschließlich als Plug-in-Hybrid mit Allradantrieb und einer Acht-Stufen-Automatik, die statt eines Wandlers mit einer Lamellenkupplung arbeitet. Für ordentlich Vortrieb sorgt ein 2,5-Liter-Vierzylinder (191 PS) in Kooperation mit einem 129 kW (175 PS) starken E-Motor. Gemeinsam setzen sie geballte 327 PS und 500 Nm frei und erheben den CX-60 zum bislang stärkste Mazda-Serienmodell. Den Sprint auf Tempo 100 erledigt das 4,75 Meter lange SUV in 5,8 Sekunden, bei Tempo 200 wird abgeregelt. Immerhin: Rein elektrisch sind bis zu 63 Kilometer und maximal 140 Stundenkilometer möglich.

Mit der ungewöhnlich langen Motorhaube, dem wuchtigen Heck und den bis zu 20 Zoll großen Rädern hebt sich der CX-60 wohltuend vom optischen Einerlei der üblichen Wuchtbrummer ab. Raum hat’s vorne wie hinten reichlich, allenfalls der Einstieg im Fond erfordert ein klein wenig Demut vor dem Design. Bei voller Bestuhlung bleiben 570 Liter Laderaum, umgeklappt sind es gut 1,7 Kubikmeter. Das reicht für die ganz große Fuhre. Und wenn selbst dieser Platz nicht reicht: Achtern dürfen 2,5 Tonnen an den Haken.

Freunde gepflegter Bogenfahrt waren bei Mazda dank straffer Dämpfung und exakter Lenkung seit jeher gut aufgehoben. Gezielte Bremseingriffe am kurveninneren Hinterrad sorgen beim CX-60 nun für noch mehr Dynamik und erlauben trotz 2,1 Tonnen Leergewicht leicht untersteuernde Kurvenhatz bis weit in den Grenzbereich. Nimmt man noch die gut konturierten Sitze dazu, stellt sich tatsächlich ein, was sie bei Mazda „Jinba Ittai“ nennen – das Gefühl der Einheit von Ross und Reiter.

Wer dieser Versuchung allzu oft erliegt, kommt den offiziellen 63 elektrischen Kilometern natürlich nicht wirklich nahe. Werte über 50 sind aber mit etwas Disziplin auch außerorts locker drin. Und sehr viel mehr fahren die meisten nun mal nicht pro Tag. So oder so ist der Saft irgendwann alle. Dann bringen zweieinhalb Stunden an der Wallbox wieder randvolle Ladung in den 17,8-kWh-Akku im Unterboden.

Artgerechter ist ohnehin das sanfte Gleiten. Das passt besser zum geräuschgedämmten Innenraum und auch zum Charakter der Automatik, die im Sport-Modus gelegentlich etwas behäbig sortiert. Derart entspannt und behütet von diversen elektronischen Fahrhilfen kann der Blick schweifen über das flach über der Mittelkonsole thronenden 12,3-Zoll-Display, vor allem aber die feinen Materialien im Innenraum und die hochwertige Verarbeitung, mit denen Mazda ganz offensiv in den Premium-Bereich drängt. Gerade auf traditionelle Handwerkskunst legen sie in Japan schließlich besonderen Wert

So wartet etwa die Topausstattung „Takumi“ stets mit weißem Nappaleder und Ahornholz auf, die Stoffeinsätze sollen dabei an fernöstliche Kimonos erinnern. Anhänger schwarzer Bespannung hingegen müssen zum eher sportlichen Modell „Homura“ greifen. Besonders erfreulich: Mazda stemmt sich gegen den ausufernden Touch-Trend und setzt auf klassische Tasten, Knöpfe und Drehregler. Hübsches Gimmick: Das optionale „Driver Personalisation System“ speichert per Gesichtserkennung automatisch die optimale Position für bis zu sechs Fahrer. Die anhand der Körpergröße empfohlene Sitzeinstellung war jedenfalls nahe am Optimum.

Die Türen zum CX-60 PHEV öffnen sich ab 47.390 Euro. Das ist nur minimal teurer als der 200 PS starke Heckantriebs-Diesel (ab 46.150 Euro), aber deutlich günstiger als der Allrad-Selbstzünder mit 254 PS (ab 51.350 Euro), die beide Anfang kommenden Jahres folgen.

Natürlich dürfte ihnen aber auch bei Mazda klar sein, dass der Absatz des CX-60 PHEV ein Wettlauf gegen die Zeit wird. Zum Jahresende soll schließlich der Umweltbonus für Plug-in-Hybriden wegfallen. Immerhin: Wer bis Ende September eine der beiden Top-Ausstattungen least, für den übernimmt Mazda die staatliche Förderung in voller Höhe. In Zeiten der Krisen ist das ein Wort.

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Wolfgang Plank

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Wolfgang Plank ist freier Journalist und hat ein Faible für Autos, Politik und Motorsport. Tauscht deshalb den Platz am Schreibtisch gerne mal mit dem Schalensitz im Rallyeauto.

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panib:

Marcus, ich kann Dir mit Deiner Forderung nach „größeren Batterien, die zudem noch schnell laden können“ nicht folgen. Du schreibst oben richtig, dass wir meist mit ein oder zwei Leuten im Auto sitzen. Dazu kommt aber noch, dass wir unsere Autos im Durchschnitt weniger als 40 km am Tag bewegen. Wozu also große Akkus und extrem schnelle Ladung? Vielfahrer brauchen das und die werden auch immer ein passendes Auto finden. ‚Mein‘ sinnvolles Auto hat daher keinen übertrieben großen Akku und muss auch nicht unbedingt überschnell geladen werden können, allemal nicht, solange die Akkus so elend teuer sind. Wie oft fährt Autonormalo Strecken von 500 km? Zwei, drei, vier mal im Jahr? Und wie oft und wie lange muss er auf solchen Fahrten nachladen? Einmal, seltener zweimal. Kaffee- und PP und gut isses. Wie oft fahre ich 1.000 km und mehr? Wenn überhaupt ein oder zweimal in den Urlaub. Urlaub=Stressabbau o.ä. Warum auf solchen Strecken nicht eine Übernachtung einplanen und abends noch zu einem leckeren Essen kommen? Damit wäre ich wieder bei meiner o.g. 500 km Konstellation. Das Geld, das ich für den größeren Akku hinblättern muss, kann ich für meine Hotelrechnungen und das Abendessen nicht annähernd ausgeben.
Kurze Zusammenfassung: Wir kaufen bzw. leasen fast alle unnötig große und in jedem Sinne des Wortes aufgeblähte Autos.

panib:

Ich glaube, dass Du Recht hast, David. Verbrenner werden, zurecht, von Seiten der politischen Entscheider ‚tot‘ gemacht. Damit wird Mazda sehr bald ins Leere greifen.

T. Horst:

Jene Minderheit tobt sich doch genau in Foren wie diesem hier fromm fröhlich frei stets aus. Wahrscheinlich ähnlich wie‘s z. B. auch in Gruppen-Chats von AgD und LINKEN Seit an Seit im Konsens zugehen mag, dort halt zu weniger technischen Themen.

Norbert Seebach:

Die Erde ist eine Scheibe, Impfungen sind Gift, Trump war der beste Präsident ever und Verbrenner sind ein Segen für die Umwelt, denn der Klimawandel ist eine Erfindung der Chinesen – muss man sich wirklich an all diesen Schwachsinns-Diskussionen beteiligen? Oder schaffen wir das Problem nicht zuletzt erst durch die mediale Über-Repräsentanz der „Überzeugungen“ einer Minderheit von Sektierern, kognitiv stark unterkomplex Strukturierten und ewig Gestrigen? Ich für meinen Teil bin es einfach satt, immer wieder auch dem letzten Deppen zu erklären, dass wir ohne eine komplette Dekarbonisierung unseres Wirtschaftens geradewegs in den Untergang marschieren. Schlimm genug, dass nicht nur in Japan, sondern auch bei uns einige „Ingenieure“ in diese Kategorie zu fallen scheinen.

Spock:

Bei viel Potenzial im Verbrenner fällt mir nur viel Abgas und viel Umweltverschmutzung ein. Ich dachte die leben auch auf diesem Planeten aber scheinbar haben die was nicht mitbekommen.

Marcus:

Es ist interresant mal in den Podcast hereinzuhören. Jochen Münziger behauptet (fast) in einem Satz, mann müsse den geltenden Strommix in die CO2-Bilanz mit einrechnen und hält dann noch eFules gleichzeitig für eine Klimaneutrale Alternative. So geht Pro Verbrenner Lobbyarbeit. Der zweite Irrtum seitens Mazda ist meiner Meinung nach, die viel zu kleine Akkugröße im vollelektrischen CX60. Begründung Mazda: Im Durchschnitt wird gar nicht so viel gefahren. Merkwürdig wäre bei diesem Argument, warum Mazda dann überhaupt 5-Sitzer verkauft. Im Durschschnitt wird ja nur mit ein bis zwei Personen gefahren. Im übrigen finde ich: PlugInHybride vereinigen die Nachteile von Verbrennern und eAutos und sind nur für eine kleine Gruppe von Fahrern interresant. Ich würde mir beim Fahzeugdesign für neue eAutos bei allen Herstellern wünschen: effiziente Fahrzeuge mit größeren Battarieen die zudem noch schnell laden können.

Stefan:

Kann man durchaus als plausibel sehen… diese Marken, die jetzt nicht endlich versuchen, auf BEV umzusteigen, denen wird es wohl bald sehr heiss werden oder kalt den Rücken runter laufen. Die hohen Stormpreise werden sich wieder legen, das war schon immer so bei solchen Anstiegen durch Krisenmanagemente. Und… da wäre noch, dass alles Andere ja auch nicht günstiger ist, da kann der Strom noch etliches steigen, bis es soweit wäre.

Tobi:

Mazda baut gute Autos. Aber bei den Antriebssystemen ist man etwas wankelhaft – und hier tendenziell auf dem Weg gegen die Wand zu fahren.

David:

Das genau ist ihr Problem. Wenn sie sich jetzt von hohen Strompreisen ablenken lassen und dadurch eventuell sogar glauben, auf dem richtigen Weg zu sein, werden sie hart in einer Sackgasse landen.

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