MAN-CEO: Elektro-Lkw rechnen sich „nach drei bis fünf Jahren“

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Startschuss für die Kooperation zwischen MAN und Eon: Leonhard Birnbaum, CEO Eon SE (li.) und Alexander Vlaskamp, CEO MAN Truck & Bus SE (re.) / Quelle: MAN / Eon

Michael Neißendorfer
Michael Neißendorfer
  —  Lesedauer 5 min

MAN-Chef Alexander Vlaskamp hat keinen Zweifel daran, dass sich Elektro-Lkw durchsetzen werden. Auch wenn die Branche derzeit ächzt und mit vielen anderen Herausforderungen zu kämpfen hat: „Vielen Wirtschaftszweigen geht es nicht gut, denken Sie an die Industrie oder die Baubranche – das spüren wir“, sagte Vlaskamp in einem Interview mit dem Handelsblatt.

Hinzu kommen die seit Ende 2023 verdoppelten Mautsätze für Diesel-Lkw, die die Transporteure „erst einmal an ihre Kunden weitergeben und verarbeiten“ müssten, das sei „eine große finanzielle Belastung“ und ein Grund dafür, warum Speditionen derzeit mit Investitionen in neue Fahrzeuge warten. Was auch MAN deutlich spürt, wie der CEO im Interview erklärt: „Unter dem Strich liegt die Lkw-Produktion in Europa um rund 20 Prozent unter dem Vorjahr“. Vlaskamp nennt die aktuelle Situation einen „Käuferstreik, der seine Ursache vor allem in falsch gesetzten politischen Rahmenbedingungen“ haben soll.

MAN reagiert darauf mit einer Drosselung seiner Produktion und Kurzarbeit in den deutschen Werken in München, Nürnberg und Salzgitter. Das ganze hat allerdings auch einen positiven Aspekt: Der Lkw-Hersteller kann die Zeit nutzen, um seine Mitarbeiter:innen „für den Bau von Elektrotrucks zu schulen“, wie Vlaskamp erklärt. Der Dienstag etwa sei jetzt „der sogenannte ‚Elektro-Tag‘“. Die aktuelle Situation helfe also auch ein bisschen, „weil wir jetzt mehr Luft für solche Schulungen haben.“

Der Umstieg auf Elektro-Lkw ist unausweichlich, da die EU im Green Deal vorschreibt, dass die CO2-Emissionen der Lkw-Neufahrzeugflotten bis 2030 um 45 Prozent gesenkt werden müssen. „Das wird eine große Herausforderung in sehr kurzer Zeit“, sagt Vlaskamp, der das Ziel als etwas zu „ambitioniert“ empfindet. In anderen Regionen der Erde werde „nicht so stark reguliert, das dürfen wir auch gesamtwirtschaftlich nicht aus den Augen verlieren.“

„Viele Kunden unserer Kunden fordern nachhaltigen Transport“

Dennoch glaube MAN an den Elektro-Lkw: „Viele Kunden unserer Kunden fordern nachhaltigen Transport, nehmen Sie den Einzelhandel, die Supermärkte, aber auch Autohersteller“, erklärt er mit Blick auf ESG-Vorgaben, die Unternehmen zu nachhaltigerem Handeln verpflichten. Und den Kunden sei bereits bewusst, „dass ein Elektro-Lkw in der Anschaffung zwar teurer ist, die Betriebskosten aber deutlich niedriger sind“. Das werde sich 2027 weiter verschärfen, wenn der Verkauf von Benzin und Diesel in das Emissionshandelssystem einbezogen wird: „Wir rechnen damit, dass der Diesel noch einmal zehn bis 15 Eurocent pro Liter mehr kosten wird“, sagt Vlaskamp. Spätestens dann spreche „noch mehr für Elektro-Lastwagen“.

Ein Elektro-Lkw werde sich auch „trotz der höheren Anschaffungskosten rechnen“. Bei MAN gehen man davon aus, dass ein E-Lkw dank der niedrigeren Betriebskosten „je nach Nutzung, bei einer Laufleistung von 60.000 bis 100.000 Kilometern pro Jahr um die 30.000 Euro“ an laufenden Kosten einsparen werde. „Abhängig vom Land, den Förderungen und den Strompreisen rechnet sich ein E-Truck in drei bis fünf Jahren“, sagt er. Bedenkt man, dass die aktuell zugelassenen Lkw ein Durchschnittsalter von 14 Jahren aufweisen, wird einem das weitere Sparpotenzial recht deutlich vor Augen geführt.

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MAN

Der Antrieb per Wasserstoff und Brennstoffzelle werde über den Nischenstatus kaum hinauskommen, sagt der MAN-Chef, da der Batterie-Lkw die niedrigeren Betriebskosten aufweise. „Für ganz schwere Transporte sehen wir allerdings auch eine Nische für den Wasserstoffverbrenner“, sagt er, etwa für den Transport schwerer Rotorblätter von Windrädern oder Holztransporte in Skandinavien. „Diese Anwendungen werden aber nicht mehr als etwa zehn Prozent des Marktes ausmachen“, beziffert Vlaskamp das Marktpotenzial.

„Wir bereiten alle Werke und Werkstätten intensiv auf die E-Mobilität vor“

MAN sei bereit für die Antriebswende und bereite „alle Werke und Werkstätten intensiv auf die E-Mobilität vor“. Der Hersteller gehe davon aus, „dass 2030 jeder zweite verkaufte Lastwagen in Europa ein E-Truck ist“. Dafür brauche es weiterhin „stabile Regeln in Europa“ und „Tempo beim Ausbau der Ladeinfrastruktur“, wie es die EU vorschreibt: „Zum Beispiel, dass auf hundert Kilometer Autobahn bis zu zwei Lademöglichkeiten für Elektrolastwagen kommen“, wie Vlaskamp die entsprechende EU-Verordnung zitiert.

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So könnte der Ladepark an der Allianz Arena einmal aussehen / Visualisierung: MAN

MAN hat auch bereits selbst die Initiative ergriffen und unter anderem eine Partnerschaft mit Eon für den Aufbau von öffentlichen Lademöglichkeiten für Elektro-Lkw gestartet. Die ersten Ladestationen aus dieser Kooperation sind bereits in Betrieb. Vlaskamp bestätigt in dem Interview einige Studien, wonach das Depot-Laden bei E-Lkw um einiges wichtiger sein wird als das Laden entlang der Fernstraßen: „Geladen wird in der Regel hier oder auf den Betriebsflächen unserer Kunden und weniger an den Autobahnen“, so der MAN-CEO. Dort lasse sich Ladeinfrastruktur auch problemloser realisieren, da „meist auch die bestehenden Leitungen mit einer Leistung von drei bis vier Megawatt für ein halbes Dutzend Ladestationen reichen.“

Neben der Kooperation mit Eon erwähnte Vlaskamp auch das Joint-Venture Milence, das europaweit Ladesäulen für E-Lkw aufbaut, sowie den geplanten Ladepark an der Allianz Arena in München, der mit seinen 30 Schnellladepunkten für Elektrobusse und Elektro-Lkw „ein Leuchtturmprojekt“ darstelle. Ein Unikat soll so etwas nicht bleiben: „Von solchen Projekten werden wir mehr sehen“, stellt der MAN-Chef in Aussicht.

Quelle: Handelsblatt – „Wir glauben an den E-Truck“

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Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer ist E-Mobility-Journalist und hat stets das große Ganze im Blick: Darum schreibt er nicht nur über E-Autos, sondern auch andere Arten fossilfreier Mobilität sowie über Stromnetze, erneuerbare Energien und Nachhaltigkeit im Allgemeinen.

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Josef:

Eigenartig, warum kauft eine Spedition wie Nanno Jansen vom „Elektrotrucker“ 10 neue eActros ohne jegliche Förderung, zusätzlich zu den bereits vorhandenen eLKW? Sicher nicht weil es sich nicht rechnet.
Die Fahrt von Ostfriesland bis nach Bayern kostet dank fehlende Maut ca 1/3 verglichen mit dem Diesel…das rechnet sich verdammt schnell.

Josef:

Quark, die eLKW wiegen lediglich um 2t mehr (noch…in 5 Jahren sind sie mit Sicherheit sogar leichter), bei fast gleicher Nutzlast, wie heutige LKW.
Abgesehen davon sind die fast nie mit 40t beladen…Raumtansporte wie Pflanzen beim „Elektrotrucker“ füllen den ganzen Auflieger, wiegen aber nur 10t.
Es fahren schon einige auf Langstrecke und stell dir vor das geht heute schon. Damit es skaliert braucht es viel mehr Lademöglichkeiten…an den LKW liegt es schon Stand heute nicht mehr.

Daniel W.:

„Deutschland rettet die Welt“

Deutschland muss die Welt nicht retten, es würde vollig genügen, wenn Politiker die Energie- und Verkehrswende nicht weiter behindern würden.

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Warum der Stromnetzausbau so teuer ist

Derzeit geht die Behörde für den Ausbau der Strom-Übertragungsnetze bis 2045 von Gesamt-Investitionen in Höhe von rund 320 Milliarden Euro aus – sollten wie geplant vor allem Erdkabel verlegt werden. „Auf Basis aktueller Prognosen kann ein Investitionsvolumen ohne Erdkabel in Höhe von 284,7 Milliarden Euro geschätzt werden“, teilte die Behörde auf Anfrage der dpa mit.
(Quelle: tagesschau.de/wirtschaft/energie/stromtrasse-erdkabel-kosten-100.html – 03.06.2024)
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320 Mrd. Euro auf 20 Jahre verteilt wären 16 Mrd. Euro pro Jahr, geteilt durch 45 Mio. Haushalte wären rund 356 Euro pro Jahr und Haushalt.

Zukunftsszenario
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Wenn sich bei einem kräftigen Ausbau von PV- und Windkraftanlagen sowie den Stromnetzen der Strompreis halbieren ließe, dann würden sich die Kosten für den „Ausbau der Strom-Übertragungsnetze bis 2045“ für Bürger und Firmen über die Ersparnisse beim Strompreis amortisieren.

Die E-Fahrzeuge könnten ebenso von den günstigen Strompreisen profitieren, wenn sie überwiegend zu den Stromüberschusszeiten laden und somit auf einen Durchschnittpreis von rund 20 Cent pro kWh kommen, d.h. bei 18 kWh/100 km würde es nur 3,60 Euro auf 100 km kosten, soviel wie 2 Liter Benzin.

Die Haushalte hätten fast alle Wärmepmpen oder zumindest Split-Klimaanlagen, die in Hitzesommern kühlen und im Winter auch als Heizung dienen können. Wenn der Strom 20 Cent/kWh kostet, dann kostet die Heizung rund 6,7 Cent/kWh Heizleistung bei einer Jahresarbeitszahl (JAZ) von 3.

Da so gut wie alle Fahrzeuge und Heizungen per Strom fahren bzw. heizen, ist viel weniger Energie erforderlich, die vorort erzeugt werden kann und nicht aufwändig mit Schiffen oder über Leitungen über tausende Kilometer aus fernen Ländern importiert werden muss, also viel weniger anfällig bei Konflikten.

Realität
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Noch wird das Ganze durch die Verbrenner-Lobby torpetiert. Es werden immer wieder Ökostrom-Verschwendungstechniken wie FCEV, E-Fuels und gar Wasserstoff-Verbrennungsmotoren ins Spiel gebracht, um die Leute zu verunsichern und in den Glauben zu wiegen, das sich gar nichts ändern muss.

Andbar:

Warum wird eigentlich nicht über den erhöhten Verschleiß durch das höhere Gewicht gesprochen?
Über das geringere ladegewicht die höheren Werkstattkosten die teuren Reifen die schneller Verschleißen gesprochen?
Immer nur wie sinnvoll die E Mobilität ist
Wir sind noch lange im Fernverkehr nicht soweit als auch nur ansatzweise darüber nachzudenken
Da zumal auch der größte Teil ausländische Fahrzeuge in Deutschland unterwegs sind

egon_meier:

in allen Rechnungen steckt vile Spekulation

Was macht der Dieselpreis? steigt er mit der C02-Abgabe? Was macht die Maut?

Auf jede Fall wird die Stromerzeugung auf dem GElände der Spediteure sehr preiswert sein und da viele Lkw über Nacht stehen gibt es sicherlich günstige (dynamische) Strompreise denn die WEA laufen durch.

Andbar:

Deutschland rettet die Welt

Andbar:

Bei den derzeitigen Frachtpreisen auf dem Markt rechnet sich kein E lkw
Bei dem Beispiel 60bis 100000 ist es schon unrealistisch
Und des Weiteren wird der Strompreis nicht so günstig bleiben

Daniel W.:

Ich gehe mal davon aus, dass die Zahlen auch in etwa stimmen.

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Ein Elektro-Lkw werde sich auch „trotz der höheren Anschaffungskosten rechnen“. Bei MAN gehen man davon aus, dass ein E-Lkw dank der niedrigeren Betriebskosten „je nach Nutzung, bei einer Laufleistung von 60.000 bis 100.000 Kilometern pro Jahr um die 30.000 Euro“ an laufenden Kosten einsparen werde. „Abhängig vom Land, den Förderungen und den Strompreisen rechnet sich ein E-Truck in drei bis fünf Jahren“, sagt er.
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Berechungen
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30.000 Euro pro Jahr sind bei 3 bis 5 Jahren 90.000 bis 150.000 Euro.

Bei 360 km pro Ladezyklus und 3.000 Ladezyklen bei LFP-Akkuspacks wären es 1.080.000 km.

Bei geschätzt 200 Euro netto pro kWh für den Kunden wären das 450 bis 750 kWh an Akkupacks.

Bei Akkupacks mit 450 kWh wären es rund 280 bis 375 km normale Lkw-Reichweite und bei 750 kWh wären es rund 470 bis 600 km.

Wenn sich der E-Lkw nach 3 bis 5 Jahren amortisiert hat, würden er nach weiteren 5 bis 7 Jahren sogar 150.000 bis 210.000 Euro sparen.

Mein Fazit
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Wenn nicht Verbrenner-Lobby und Politiker eine „unheilige Allianz“ eingehen, um die Energie- und Verkehrswende zu behindern, dann gewinnt die E-Mobilität auch im Lkw-Bereich und hilft nicht nur dem Klima und der Umwelt, sondern auch den Bürgern und ihrer Gesundheit sowie den vielen Firmen.

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