In Bolivien steht im August die wichtige Präsidentschaftswahl an. Eines der strittigsten Themen dabei: der Umgang mit Lithium. Kaum ein anderer Rohstoff sorgt für so viele Spannungen im Land. Das begehrte Metall liegt in riesigen Mengen im Boden, doch statt wirtschaftlichem Aufschwung dominieren Vorwürfe, Blockaden und politische Machtkämpfe.
Ex-Präsident Evo Morales hat jüngst für Aufsehen gesorgt. In einer öffentlichen Rede griff er einen Kandidaten aus dem eigenen politischen Lager an. Andrónico Rodríguez, der in Umfragen vorne liegt, wurde beschuldigt, geheime Absprachen zu treffen. Morales behauptete, es gebe verdeckte Verhandlungen – ohne Beweise. Rodríguez wies das zurück und machte sich über die Unterstellung lustig. Er sagte, es fehle nur noch, dass man ihm ein Treffen mit Elon Musk andichte.
Solche gegenseitigen Vorwürfe sind in Bolivien nicht neu. Bereits 2019 platzte ein deutsch-bolivianisches Projekt zur Lithiumförderung aus politischen Gründen. Die Opposition äußerte damals Zweifel an der Zusammenarbeit. Präsident Morales zog seine Unterstützung zurück. Damit war das Abkommen vom Tisch. Seitdem halten sich deutsche Unternehmen zurück, auch wenn das Interesse am Rohstoff groß bleibt.
Lithium ist ein Schlüsselmaterial für Akkus in Elektroautos. Ohne stabile Versorgung wird es für viele Länder schwer, ihre Klimaziele zu erreichen. Die Zukunft der E-Mobilität hängt von gesicherten Rohstoffquellen ab. Bolivien verfügt über rund 23 Millionen Tonnen Lithium. Die größten Lagerstätten befinden sich im Salar de Uyuni. Doch der Abbau kommt kaum voran.
Die staatliche Firma YLB hat bisher nur geringe Mengen gewonnen. Das liegt nicht nur an politischen Streitigkeiten. Auch die Infrastruktur ist unzureichend. Es fehlen Straßen, Stromanschlüsse und moderne Anlagen zur Verarbeitung. Zudem hat das Land keinen direkten Zugang zum Meer. Der Transport ins Ausland ist damit teuer und aufwendig.
Andere Länder sind deutlich weiter
Andere Länder Südamerikas sind weiter. Chile produzierte 2024 rund 49.000 Tonnen Lithium. Nur Australien förderte mehr. Argentinien lieferte immerhin 18.000 Tonnen. Bolivien kommt bislang nicht annähernd an diese Mengen heran. Dabei wäre der Bedarf auf dem Weltmarkt vorhanden – zumindest theoretisch.
Derzeit jedoch ist der Lithiumpreis gesunken. Das hat viele Investoren vorsichtiger gemacht. Sie warten auf klare Signale aus Bolivien. Gleichzeitig gibt es Bedenken in der Bevölkerung. Vor allem indigene Gruppen sorgen sich um ihre Rechte und ihre Umwelt. In der Provinz Nor Lipez wehren sich Gemeinden gegen Abbauprojekte. Sie werfen Firmen aus Russland und China vor, die gesetzlich vorgeschriebenen Anhörungen nicht durchgeführt zu haben.
Laut der Verfassung müssen solche Projekte vorher mit der betroffenen Bevölkerung besprochen werden. Das sei nicht geschehen, heißt es in einem öffentlichen Schreiben zivilgesellschaftlicher Gruppen. Die Verträge würden keinen Raum für Konsultationen bieten. Dabei seien Trinkwasserquellen in Gefahr, die direkt auf indigenem Gebiet liegen.
Als Reaktion darauf verhängte die Interessenvertretung der Region ein Zutrittsverbot für zwei Firmen. Betroffen sind die Uranium One Group und Hong Kong CBC. Diese Unternehmen dürfen das betroffene Gebiet nicht mehr betreten. Die Gemeinden kündigten zudem an, internationale Gerichte einzuschalten. Damit wollen sie ihre Rechte schützen und auf globaler Ebene Gehör finden.
Der Druck wächst
Neben den lokalen Konflikten sind auch geopolitische Interessen im Spiel. Einige internationale Akteure drängen darauf, Verträge schnell durchzubringen. Die bolivianische Regierung hat in einigen Fällen zügig gehandelt. Kritiker werfen ihr vor, dabei demokratische Verfahren zu missachten. Der Druck wächst auf allen Seiten – von Investoren, von Konzernen und von der Bevölkerung.
Im Vorfeld der Wahl verschärft sich die Debatte weiter. Ein möglicher zweiter Wahlgang im Oktober könnte entscheidend sein. Viele hoffen, dass danach endlich klare politische und rechtliche Rahmenbedingungen entstehen. Denn ohne Stabilität bleibt das Lithium ungenutzt – trotz seines enormen Potentials.
Quelle: dw.com – Bolivien: Streit um Lithium vor der Präsidentschaftswahl