„In Summe wird die Komplexität eines E-Fahrzeuges anspruchsvoll bleiben“

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Michael Neißendorfer
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Dr. Oliver Greiner von Horváth & Partners und Leiter des Competence Centers „Strategisches Management und Innovation“ sprach in einem Interview mit SpringerProfessional ausführlich über aktuelle E-Auto-Themen wie die massiv gestiegenen Zulassungszahlen, was die Elektromobilität für Autohersteller bedeutet und mit welchen Komplexitäten sie sich künftig auseinandersetzen müssen.

Der Umweltbonus habe sich zuletzt „sehr deutlich“ auf die Verkaufszahlen von E-Autos ausgewirkt, so Greiner. Mit insgesamt 395.000 Neuzulassungen im Jahr 2020 – jeweils gut zur Hälfte Elektroautos und Plug-in-Hybride – hat sich deren Anteil an den Gesamtneuzulassungen in Deutschland von drei Prozent auf 13,5 Prozent mehr als verdreifacht. Allerdings seien auch andere Faktoren für die steigende Beliebtheit verantwortlich, etwa die „höhere Modellvielfalt, zunehmende Akzeptanz der Elektrofahrzeuge und Reduzierung der Reichweitenangst“, so Greiner. Neben steuerlichen Vorteilen für Firmenwagen – Reduzierung der Bemessungsgrundlage auf 0,5 Prozent des Listenpreis – habe auch die Senkung der Mehrwertsteuer weitere Anreize für den Kauf eines Elektrofahrzeugs gegeben, so der Automobilexperte.

Dass die Elektrifizierung massiv weniger Komplexität mit sich bringe und deshalb weniger Wertschöpfung, wie viele meinen, findet Greiner nicht. Man müsse die Sache etwas differenzierter betrachten: „Bei genauerem Hinsehen gibt es viele neue Aufgaben, nicht nur beim Antrieb“, sagt er. Mit alleinigem Blick auf die klassischen Motoren scheint es tatsächlich so, dass E-Autos weniger komplex sind. „Allerdings werden Fahrzeuge neue Elemente bekommen (Entertainment, Bequemlichkeit, Sicherheitsmerkmale), welche in Summe die Komplexität eines Fahrzeuges anspruchsvoll halten werden“, wirft Greiner ein. In einer reinen E-Auto-Welt werde die Komplexität auf OEM-Seite vor allem deshalb sinken, weil mehr Komponenten als bislang „zu Kaufteilen werden und Inhouse-Fertigungen von Getrieben, Motoren usw. wegfallen“, so Greiner.

Beim Umstieg auf Elektromobilität am meisten zu kämpfen haben Autohersteller bei mehreren Aspekten: Viele OEMs haben eigene Komponenten-Fertigungen (Motor, Getriebe, etc.). „In diesen Fertigungen kommt natürlich der Switch im Antriebsstrang besonders an, da für die drei Schlüsselkomponenten Batterie, E-Maschine und Leistungselektronik die eigene Fertigungstiefe deutlich geringer ist“, erklärt Greiner. Dies führe vor allem „zu Beschäftigungsrisiken, wie beispielsweise die Daimler-Betriebsratsdiskussion um die Motorenfertigung“ zeige.

Ein weiterer Aspekt sei die Wirtschaftlichkeit: „Zum einen gehen Skaleneffekte bei den Verbrennungsmotoren und den dazugehörenden Fahrzeugen verloren – siehe die Auslastung der Werke, in denen im Schwerpunkt Verbrennerfahrzeuge gebaut werden“. Zum anderen führen die aktuell noch höheren Herstellungskosten von reinen Elektroautos – im Schnitt sind es um die 5000 Euro, je nach Batteriegröße – „zu einem Margendruck“. Immerhin können diese Mehrkosten „dank staatlicher Subventionen aktuell noch relativ gut an die Kunden weitergegeben werden“.

Quelle: Springer Professional – „In reiner Elektrifizierungswelt sinkt die Komplexität bei OEMs“

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Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer ist E-Mobility-Journalist und hat stets das große Ganze im Blick: Darum schreibt er nicht nur über E-Autos, sondern auch andere Arten fossilfreier Mobilität sowie über Stromnetze, erneuerbare Energien und Nachhaltigkeit im Allgemeinen.

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