Hyundai Ioniq 6: Wer da nicht einsteigt, will gebeamt werden

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Daniel Krenzer

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  —  Lesedauer 5 min

Mit dem Hyundai Ioniq 6 bieten die Südkoreaner eine vollelektrische Limousine, mit der sich auch lange Strecken spielerisch leicht bewältigen lassen. Selbst die getestete Allradversion schafft mit dem großen, etwa 77 kWh fassenden Akku auf der Autobahn gut 400 Kilometer Reichweite. Wird nur eine Achse angetrieben, dann sind sogar fast 450 Kilometer drin, berichtet der geschätzte Kollege Marcus Zacher von Elektroautomobil. Und dank 800-Volt-Technik ist der Akku ruckzuck wieder voll. Wer da noch Angst vor der Langstrecke hat, der sollte vielleicht wirklich besser technologieoffen auf das Beamen warten.

Foto: Daniel Krenzer

Hier einige Dinge, die beim Ioniq 6 besonders aufgefallen sind:

Drei Pluspunkte

Der Komfort: Die Vordersitze sind sehr bequem und vielseitig einstellbar, zudem sind sie beheiz- und kühl belüftbar – etwas, was bei zuletzt hohen Temperaturen besonders angenehm war. Auch durch die „schwebende Mittelkonsole“ entsteht ordentlich Stauraum im fast 4,90 Meter langen Fahrzeug – und trotz sehr schnittiger Form passen in den Kofferraum noch ordentliche 400 Liter. Einzig die eher schmale Heckklappenöffnung könnte da ein Hindernis darstellen. Grandios ist auch der Parkassistent mit dreidimensionaler, frei drehbarer Anzeige. Die Assistenzsysteme arbeiten allesamt ordentlich.

Foto: Daniel Krenzer

Die Fahreigenschaften: Mit Allradantrieb schafft der Ioniq 6 mit seinen 168 kW Systemleistung vor allem im Sport-Modus einen fulminanten Ampelstart und zieht auch sonst freudig bis knapp auf 190 Stundenkilometer voran. Das musste auch der Fahrer eines hinterherfahrenden BMW X5 spüren, der beim Auffahren auf die Autobahn schon über die Sperrfläche auf die linke Spur schoss, unserem Ioniq 6 beim Herausbeschleunigen dann aber nicht viel beizusetzen hatte. Doch seine wahre Stärke ist das gediegene Dahingleiten. Die Federung ist gut ausbalanciert, eher etwas straffer, bei 120, 130 Stundenkilometern schwebt das Fahrzeug aber angenehm dahin.

Und das alles mit einem absolut ansehnlichen Verbrauch: 16 bis 17 kWh auf entspannten Autobahnfahrten sind möglich, unter 15 kWh im städtischen und vorstädtischen Verkehr. Aber wer es im Sport-Modus ernst meint und an einem Sonntag den Ioniq 6 über eine leere Autobahn prügelt, darf sich auch über 30 kWh und mehr nicht wundern. Aber selbst in diesem Extremfall schafft der Ioniq 6 noch mehr als 200 Kilometer am Stück.

Die Ladeperformance: 800-Volt-Technik und eine passende Ultraschnellladesäule, das ist schon ein Spaß: Im Test legte der Ioniq 6 bei etwa 30 Prozent Restakku quasi direkt mit mehr als 230 kW Ladeleistung los, hält bis an die 80 Prozent um die 150 kW Ladeleistung – und ruft diese nach der für Hyundai typischen kurzen Erholungspause bis an die 90 Prozent Akkustand weiterhin ab. Selbst wer dann noch weiterladen will, muss nicht so lange warten: Die Ladeleistung bleibt selbst bei knapp 100 Prozent in Bereichen, die manch anderes Elektroauto maximal schafft.

Drei Minuspunkte

Das Infotainment: Wer mit dem Fahrzeug noch nicht gut vertraut ist, der wischt oft fast ein wenig verzweifelt am Mitteldisplay herum, bis er das Untermenü findet, das er gerade eigentlich sucht. Aber um fair zu sein: Der Ioniq 6 kann einfach sehr viel, und irgendwo müssen all die Funktionen und Informationen ja untergebracht werden. Allerdings wird es ein bisschen Zeit brauchen, bis der Ioniq-6-Fahrer die Fülle an Möglichkeiten zielsicher auswählen kann – oder er beschränkt sich auf das Offensichtliche.

Der Platz in Reihe zwei: Selbst mit 1,90 Metern haben die Beine in der zweiten Reihe wunderbar viel Platz, nach oben hin wird es aber mächtig eng. Das ist der besonders windschnittigen Form – einige bezeichnen es als „Banane“ – des Ioniq 6 geschuldet, die einen starken cw-Wert von 0,21 und die tollen Verbrauchswerte ermöglicht. Wer 1,80 Meter oder größer ist, sollte sicherheitshalber lieber vorne Platz nehmen, ansonsten beklagt sich nach der Fahrt noch die Halswirbelsäule.

Foto: Daniel Krenzer (zu groß für Reihe zwei)

Die Tempolimit-Warnung: Die Europäische Union möchte, dass neue Fahrzeuge künftig ihre Fahrer darauf hinweisen, wenn sie zu schnell fahren. Wenn das alle Hersteller so konsequent wie Hyundai umsetzen, dann kommt da etwas auf uns zu. Ab zwei Stundenkilometer mehr als die erkannte (und das ist nicht immer die richtige!) geltende Höchstgeschwindigkeit beginnt der Ioniq 6 zu piepsen, als wäre der Fahrer nicht angeschnallt. Zum Glück nicht durchgängig, aber immer wieder. Die gute Nachricht: Das lässt sich abschalten. Die schlechte: Nach jedem Start des Fahrzeuges setzt sich das zurück und muss erneut zurückgesetzt werden – und das Menü befindet sich in besagten Untiefen des Infotainments.

Fazit

Der Ioniq 6 ist derzeit eines der besten, wenn nicht gar das beste Elektroauto für die Langstrecke. Mehr als 400 Kilometer schafft er am Stück, dann lädt er gut 100 Kilometer pro fünf Minuten nach. Und dank des niedrigen Verbrauches ist die Stromrechnung dennoch akzeptabel. Und das alles gibt es nicht für weit mehr als 100.000 Euro wie vor ein paar Jahren, als ansatzweise vergleichbar alltagstaugliche Elektroautos noch so viel kosteten – auch wenn der Ioniq 6 trotzdem optisch an andere sportliche Autos, zum Beispiel aus Zuffenhausen, erinnert. In der Allradversion kostet der Ioniq etwas mehr als 61.000 Euro, und mit der noch sparsameren Standard-Version mit großem Akku sind es 54.000 Euro. Nach Abzug der Umwelt- und Händlerprämie geht es also bei gut 47.000 Euro los – den Preis hatten auch zu den langsam endenden Dieselzeiten jene Autos, die häufig auf die Langstrecke geschickt wurden.

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Daniel Krenzer

Daniel Krenzer

Daniel Krenzer ist als studierter Verkehrsgeograf und gelernter Redakteur seit mehr als zehn Jahren auch als journalistischer Autotester mit Fokus auf alternative Antriebe aktiv und hat sich zudem 2022 zum IHK-zertifizierten Berater für E-Mobilität und alternative Antriebe ausbilden lassen.
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Peter:

Ok, reden wir vom gleichen Auto? Mein Ioniq5 hat jetzt 40000 km drauf. Hatte nur bei 30000 km zum regulären Service den Händler gesehen. Kostete 200 Euro…
Meiner hat 72 Kw, 2 Rad und kommt locker im Sommer auf 400 km. 40 km machen schon die 19 Zöller Bereifung aus anstatt der 20 Zöller.
Bin sehr glücjlich mit dem Auto. Und ja, die Navi könnte vesser sein und das gepipse ist etwas störend. Doch ich bereue nicht in gekauft zu haben.

Michael Jahrens:

das mit dem Laden bis80 % ist ein alter Hut, kommt aus der Generation des Vw up und Co.
In Skandinavien wird heute schon empfohlen voll zu laden, zumal ja die 100% schon keine 100 % sind, sondern eine Netto Größe bezogen auf den Akku. Damit ist das der Vorsicht und der Angst geschuldet, das die Batterien kaputt gehen. Das massenhafte Batteriesterben ist aber ausgeblieben – was auch gegen die 80 % anno dunnemal Regel spricht. Und die Schnelladerei betrifft selbst Vielfahrer nur zu 10%, nämlich auf Langstrecke ansonsten hängen die Fahrzeuge an der 10 kW Wallbox und erholen sich.

Klaus:

Undwas zahlt man bei Leasing, z.b. 3Jahre 12.500km

Gastschreiber:

Nein, wird er nicht, er wird nach Details gefragt, das manchmal Emotionen mitschwimmen ist bei diesen Themen üblich, Aussagen wie, ich arbeite in der Branche helfen nicht, Reparieren, auch das Hochvoltsystem? Ich fahre einen Audi, dort musste einmal etwas am Hochvoltsystem überprüft werden, dafür wurde ein Spezialist angefordert aus der Zentrale. Es gibt noch nicht so viele Autohäuser, die einen eigenen Hochvoltspezualisten haben, bist Du einer?
Jetzt fahre ich ein EV, das regelmäßig schneller lädt als ich zurück an der Säule bin, dennoch zeigt auch hier die Realität, nach dem ersten Reiseabschnitt, der mit 100% gestartet wird, sind seltenst die nachfolgenden Abschnitte von 100 bis 0, da die optimale Ladestrategie, will ,am schnell am Ziel sein, andere Ladefenster empfiehlt. In dem Punkt trifft dann die Aussage von Robert die Realität, nicht wegen der Akkuschonung, wegen der Ladezeit werden bei vielen Tripps die Reichweiten nach dem ersten Ladestopps geringer, da haben Verbrenner einen Vorteil. Ich für mich habe aus der Not eine Tugend gemacht, nutze je kleinere Pause an der Autobahn für einen kurzen Ladestopp, sofern ein HPC da ist, was hierzulande eigentlich fast immer der Fall ist, lege gerne längere Pausen auf ein Vollladen und am Ende bin ich, bei einem 1000km Tripp etwa 1 bis 1,5h später am Ziel aber das viel entspannter. Jeder Stau kostet mehr Zeit als das, was einem die Ladung an Zeit verschlingt.

Frank:

Nö, ich denke ich bin nicht unfähig – aber danke für die Beschimpfung.
Wie ich sehe sind Sie ein ganz guter Kommunikator.

Ich meine ich habe meinen etwas sarkastischen Kommentar im 2. Posting ganz gut erklärt.

Frank:

Ich fahre auch einen IQ5, 20 Zoll Räder, AWD, in der Schweiz im Winter bei 2-stelligen Minusgraden – mit der 72 kWh Batterie.

Ich hatte noch nie weniger als 290km Reichweite – selbst bei 120 auf der AB in der CH.

Mit welchem SOC sind Sie den zum Nachladen gefahren?

Frank:

Wieviele Batterien von EVs mussten Sie schon tauschen weil die Batteriekapazität zu stark abgefallen war?

Frank:

„………400km Reichweite konnte mich nicht wirklich überzeugen….“

Nach 7 Monaten hat das Auto 4800km drauf –> also ca. 700 km/Monat.

Bei dieser eher geringen Fahrleistung stellt sich bei mir die Frage:

Wie oft musstest Du bei einer Reise die Reichweite voll ausnutzen – bzw. wie oft musstest Du die grauenvollen 20 Minuten (nach 400km Fahrt) an einer Ladestation an der AB totschlagen?

Die Entscheidung für den Stern kann ich nachvollziehen, aber mal ganz ehrlich – da kostet das vergleichbare Auto ganz schnell 100k.

Yeb:

Die Reichweite hängt von vielen Dingen ab.z.b Reifen, Größe der Felgen, Wetter, etc.etc.
Im Prinzip haben Sie aber vollkommen recht. Wir haben viele Kunden, die verärgert sind (Oder auch falsch aufgeklärt sind) über die Recihweiter eines E-Autos. Ein Hyundai IONIQ 5 habe im Winter in Österreich bei – 1 Grad gefahren. Ich musste alle 200 Km laden. Muss aber dazusagen, mit Familie im Auto….

Frank:

Ich weiß nicht immer, wovon ich rede,aber ich weiß, dass ich recht habe.“

Naja, ich denke es ist sehr menschlich, dass Du das so siehst.

Aber etwas objektiver betrachtet hast Du einen „persönlichen“ Test gemacht und bist

  • – 100 km (?) oder
  • – mit 100 km/h (?) oder
  • – 100 km/h Durschnittsgeschwindigkeit (?)

mit einem geliehenem Auto gefahren.

Keine Beschreibung wie schnell, ob Wind, ob bergauf oder bergab, in welchem Modus, etc.

Danach hast Du den Verbrauch auf 100% der Batterie hochgerechnet und bist auf eine Reichweite von 360km gekommen.

Nun mischst Du das Ganze mit Batterieweisheiten (20%-80%) die Du im Internet gefunden hast – und voila:

EVs haben eine unterirdische Reichweite – hab ich doch schon immer gesagt !

Wenn Nutzer, die seit vielen Jahren ein EV fahren versuchen zu erklären, dass

  • – Das Laden auf 100% und das Entladen auf 0% (an den Tagen, an denen man die Reichweite wirklich braucht) überhaupt kein Problem ist.
  • -Die Batterie bei dieser Nutzung immer noch weit länger halten wird als der Rest des Autos,

dann wischst Du diese Erfahrung mit dem Vorwurf des fehlenden Fachwissens einfach weg.

Leider sind tatsächliche Erfahrungen (nicht Meinungen, nicht Theorien, nicht Vermutungen) von tatsächlichen Nutzern aus dem tatsächlichem Leben heute scheinbar nichts mehr wert?

Was zählt, sind Aussagen und Meinungen im Internet die die eigene Meinung bestätigen – daher mein (zugegeben eher sarkastischer) Kommentar.

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