Zuletzt war es um die Great-Wall-Motor-Marke (GWM) Ora ruhig geworden. Nachdem die Funky Cat zunächst auch in Deutschland für Furore gesorgt hatte, schien die Luft ein wenig raus zu sein. Mit Schließung der Europa-Zentrale von GWM sorgte man wieder für Schlagzeilen. Doch sicherlich keine, die man selbst gerne lesen wollte. Vielmehr interessiert doch, was sich im Fahrzeugportfolio von GWM Ora bewegt. Anfang Juni 2024 einiges. Denn die Sportlimousine GWM Ora 07 kommt auf die Straße und in den Handel.
In Mainz konnten wir den Stromer in DreamScape Purple, der wohl auffälligsten der drei Farben (Steel Gray und Snow White als weitere Varianten), für einige Kilometer Probe fahren. Zwei Antriebe, drei Fahrzeugvarianten sowie drei Farben (Exterieur) und zwei Farben (Interieur) stehen zur Wahl. Los geht’s ab 41.990 Euro in der Pure-Variante mit Frontantrieb sowie 150 kW (204 PS) Leistung und ein Drehmoment von 340 Nm. Dahinter reiht sich die Pro-Variante mit ebenso viel Leistung, aber ein paar mehr Extras ab 44.490 Euro ein. Den krönenden Abschluss bildet dann die GT-Variante. Mit dieser gibt es von allem mehr. Mehr Leistung, mehr Drehmoment, mehr Akku und damit auch mehr Reichweite. Für mehr Geld, versteht sich, hier werden mindestens 53.490 Euro fällig.
Die sportliche Limousine erinnert ein wenig an alte Saab-Modelle oder den Porsche Panamera, will es aber vor allem mit Marktbegleitern wie Hyundai Ioniq 6, dem Tesla Model 3 sowie dem Nio ET5 aufnehmen, wie uns bereits im Juli ’23 mitgeteilt wurde. Der Weg dorthin, ein langer. 4871 mm Länge, 1862 mm Breite bei einer Höhe von 1500 mm, trifft auf einen Radstand von 2870 mm. Der Wendekreis wird mit 11,5 Meter angegeben.
Im Unterboden verbaut ist eine Lithium-Eisenphosphat-Batterie, je nach Variante mit 67 kWh/ 64,3 kWh (brutto/ netto) oder 86 kWh/ 83,5 kWh-Kapazität (brutto/ netto). Geladen werden kann diese serienmäßig über Typ-2 mit 11 kW Ladeleistung, von 0 auf 100 Prozent benötigt die GWM Ora 07 hierfür 5 Stunden 52 Minuten, mit dem kleinen Akku. Und 8 Stunden 37 Minuten mit dem großen Akku. Von 10 auf 80 Prozent geht es in 4 Stunden und 7 Minuten beziehungsweise 6 Stunden und zwei Minuten. Annehmbare Werte, da es über Nacht an der heimischen Wallbox in der Regel keinen Unterschied macht, ob man nun drei, vier oder acht, neun Stunden lädt.
Spannender wird es da auf freier Wildbahn. Und hier enttäuscht die Elektro-Sportlimousine aus China. Eine Peak-Ladeleistung von 88 kW wird im technischen Datenblatt angegeben. Der Durchschnittswert dürfte somit darunter liegen – ein entsprechender Test steht aus, war in Mainz für uns nicht zu überprüfen. Damit lädt der Stromer von 10 auf 80 Prozent in 36 Minuten, mit der kleinen Batterie. Bei der großen Batterie werden schnell 43 Minuten daraus. Immer noch hinnehmbar, zumindest, wenn man sich nicht mit Ioniq 6, Model 3 oder ET5 auf eine Stufe stellt. Hier kann man dann nur verlieren.
Darauf angesprochen, ob ein Over-the-Air-Update noch ein paar mehr kW-Ladeleistung herauskitzeln könnte, wurde darauf verwiesen, dass es keine Software-Thematik sei. Aber ein Problem, welches beim künftigen E-SUV, der ebenfalls 2024 auf den Markt kommen soll, behoben sein werde. Vermutlich dürfte dies an einer anderen Plattform-Basis liegen – eine Aussage hierzu steht noch aus.
Gefahren sind wir die kleinste der drei Varianten, die GWM Ora 07 Pure, ab 41.990 Euro, in einer Farbe, für die wir uns im Alltag ebenfalls entscheiden würden. Ein Blickfang und dennoch nicht zu aufdringlich (DreamScape Purple). 150 kW (204 PS) und 340 Nm Drehmoment aus einem permanenterregten Synchronmotor an der Vorderachse. Damit soll der Sprint von 0 auf 100 km/h in 8,2 Sekunden erfolgen, die Höchstgeschwindigkeit ist bei 170 km/h erreicht. Die rein elektrische Reichweite wird mit 440 km nach WLTP angegeben.
Für die GT-Variante geht es 520 km weit nach WLTP. Der Sprint von 0 auf 100 km/h erfolgt dann in 4,5 Sekunden und auch die Höchstgeschwindigkeit ist mit 180 km/h ein wenig angehoben. Für einen Preisunterschied von 11.500 Euro. Für einen gewissen Aufpreis gibt’s dann auch noch einen hellen Innenraum in der Pro- und GT-Variante. Ansonsten gibt es auch in diesen beiden Varianten, wie bei GWM Ora 07 Pure einen schwarzen Innenraum als Serienausstattung.
Bei allen drei Modellen gleich klein, der Kofferraum. 333 Liter Volumen, bzw. maximal 1045 Liter bei umgeklappten Sitzen. Genutzt als Fünfsitzer müsste dann wohl ein Teil des Gepäcks daheim stehen bleiben. Wobei man die Sportlimousine wohl auch eher im Einsatz als Zweisitzer sehen wird, so unsere Vermutung. Im Fond gibt es dank dem 2,87 Meter langen Radstand durchaus Platz für Mitfahrer:innen. Viel Beinfreiheit bleibt aber auch eher Auslegungssache. Ansonsten gefällt das Design des GWM Ora 07 durchaus.
Man bekommt eine Sportlimousine zu Gesicht, die sich durchaus so nennen darf. Fließendes Design, weiche Übergänge gepaart mit rahmenlosen Türen, einem adaptiven elektrischen Heckflügel (ab Pro-Variante, fährt ab 70 km/h automatisch aus) sowie runde LED-Scheinwerfer vorn und hinten (kennen wir vom GWM Ora 03) tragen zum ansprechenden Erscheinungsbild bei. Die Nähe zu eingangs erwähnten Modellen wie dem Panamera ist erkennbar, auch Züge des Bentley Continental. Sicherlich nicht die schlechteste Benchmark. Und dennoch sei es so, dass man mit der eigenen Designlinie “Retro Futurism” europäische Designtradition aufgegriffen, aber nicht kopiert habe. Das zeigt sich auch dadurch, dass man eigene mit bekannten Elementen kombiniert. Stichwort LED-Scheinwerfer.
Im Innenraum geht es nicht minder wertig weiter. Die verwendeten Materialien sind auf höherem Niveau und tragen durchaus ein wenig zu Premium-Feeling bei. Man fasst gerne an und hin. Auch setzt man sich gerne in die Sportsitze vorn, optional mit Belüftungs- und Massagefunktion. Ein wenig mehr Platz dürfte es über 1,80 m dann doch sein, da Mittelkonsole und Lenkrad gerade auf Fahrerseite schon etwas einengen. Im Interieur des Fahrzeugs wirkt das Elektroauto eine Spur überladener, aber dennoch auch aufgeräumter, als wir es von der Ora Funky Cat in Erinnerung haben. Anleihen an europäische Designtraditionen sind ebenfalls zu erkennen.
Die drei in sich verschlungenen Instrumente hinter dem Lenkrad und die ansteigende Mittelkonsole sind hier wohl am auffälligsten. Für mich aber auch am Durchdachtesten. Da das E-Auto trotz starkem Fokus auf Sprachsteuerung auch über simple Dreh- und Drückschalter gesteuert werden kann. Ein Pluspunkt im Alltag, wenn die Sprachsteuerung mal nicht so will, wie Fahrer:in es möchte. Auch dies kam bei unserer Probefahrt vor, dazu gleich mehr. Über den 12,3 Zoll (ca. 31 cm) großen Touchscreen erreicht man weitere Funktionen und Einstellungen des Stromers.
Auffällig und definitiv ein Pluspunkt, die große Panoramascheibe im Dach. Ein Blickfang von außen wie von innen und eine Aufwertung für das E-Auto. Serienmäßig ebenfalls am Start die Sichtschutzverglasung hinten, ein beheizbares Lenkrad, ein intelligenter Sprachassistent, mehrfarbige Ambientebeleuchtung, ein vollautomatischer Parkassistent, rundum Parksensoren und eine Rückfahrkamera. Spurhalteassistent, intelligenter Geschwindigkeitsregler und Highway Assist, das autonome Fahren auf “Level 2 Plus” sind ebenfalls gesetzt, aber auch hier würde ein wenig mehr Feinschliff nicht schaden. Gleiches gilt für Querverkehrswarner mit automatischer Notbremsung und die Verkehrszeichenerkennung mit Geschwindigkeitsübertretungswarnung.
Fünf Fahrmodi (Eco, Komfort, Normal, Sport und Individuell) standen bei unserer Testfahrt rund um Mainz zur Verfügung. Die GT-Variante wartet hier noch mit einer Sport+-Taste am Lenkrad auf. Diese verleiht zusätzlichen Schub, wenn auch nur zeitweise begrenzt, das konnten wir mit der Pure-Version nicht testen. Diese hat aber auch ein durchaus gutes Bild abgegeben. Im Stadtverkehr allemal. Auf der Autobahn und Landstraße hat man ein wenig den Push nach vorn vermisst. Hier ist die Sportlimousine dann doch nicht so sportlich unterwegs.
Auf der Straße lag sie dennoch gut und hat durch ihren tiefen Schwerpunkt eine gute Kurvenlage. Braucht sie auch, denn der Spurhalteassistent greift durchaus penetrant ins Lenkverhalten ein. Klar meint es dieser gut mit seinen Insassen, aber das könnte man auch gefühlvoller angehen. Hier gibt es sicherlich noch Potenzial zur Verbesserung, möchte man doch nicht auf der Außenkurve “gerettet”, dafür in die Innenkurve zu weit hineingetragen werden. Auch die Anzeige der Verkehrszeichenerkennung bietet Optimierungspotenzial. Oder wann warst du zuletzt auf längerer Strecke auf der Autobahn bei 30 km/h unterwegs? Hier wurde die eins vorne dran wohl nicht richtig erkannt.
Ein weiteres Software-Thema, die Sprachsteuerung. Reagiert, wenn sie es nicht soll und umgekehrt dann leider nicht. Befehle, egal wie einfach formuliert, werden nicht verstanden oder stets hinterfragt. Zumindest ist man nicht so “aufdringlich” unterwegs wie im GWM Ora 03, damals ein größeres Manko. Ferner hatten wir während der Testfahrt mit einer aufgehängten AndroidAuto-Navigation zu kämpfen, die sich auch nicht mehr richtig starten ließ. Der Umstieg auf die Bord-Navigation war notwendig, hat dann auch funktioniert, wirkte allerdings ein wenig überladener als die externe Alternative. Generell lässt sich jedoch anmerken, dass der Touchscreen zügig auf Eingaben reagiert, wobei es auch hier gilt, das Menü in einem Langzeittest genauer auf Einfachheit der Menüführung zu betrachten.
Nach der Testfahrt blieben wir ein wenig zwiegespalten zurück. Das E-Auto ist optisch durchaus eine Ansage und findet sicherlich seine Fans. Ist hinsichtlich Ladeleistung und Software aber mit Optimierungspotenzial versehen. Bei der Ladeleistung ist nichts mehr zu machen, wie uns gesagt wurde. Aber für die Software im alltäglichen Betrieb besteht noch Hoffnung. Lassen wir uns überraschen, was da noch kommt. Spätestens nach unserem Langzeittest können wir mehr sagen.
Ins Leasing soll der GWM Ora 07 auch kommen. Sicherlich nicht für die günstigen 149 Euro, ohne Sonderzahlung, wie der GWM Ora 03 – aber wohl auch nicht extrem weit davon entfernt. Hängt von der ausstehenden Restwertbestimmung noch ab.
Was interessiert dich bei der GWM Ora 07?
Disclaimer: GWM Ora hat zum Kennenlernen der Elektro-Sportlimousine in Mainz eingeladen. Dies hat jedoch keinen Einfluss auf unsere hier geschriebene ehrliche Meinung.