Gunnar Herrmann, Deutschland-Chef von Ford, sprach in einem Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) unter anderem über die Auswirkungen der Corona-Krise auf Hersteller, Händler und Zulieferer, warum auch eine Förderung von Neuwagen-Käufen bei Verbrennern erfolgen sollte, und wie Elektroautos für die breite Masse bezahlbar sein können.
Derzeit herrscht Kaufzurückhaltung in den Autohäusern: Minus 70 Prozent im April, aktuell minus 40 Prozent bei den Händlern im Vergleich zum normalen Geschäft, so Fords Deutschland-Chef. Das liege nicht nur daran, dass viele Menschen in diesen unsicheren Zeiten große Ausgaben erstmal zurückstellen. Herrmann findet es auch „verständlich, dass die Kunden nun abwarten“, bis eine Entscheidung zum Konjunkturpaket und möglichen Kaufpreisförderungen für Neuwagen gefallen ist. Danach „werden wir sicher einen Aufschwung sehen“, meint der Manager.
Herrmann kann auch nachvollziehen, dass die Öffentlichkeit von Boni und Dividenden, wegen der einige Hersteller viel Kritik einstecken mussten, nicht sehr begeistert ist. Ford gehe hier „anders vor. Die Zahlungen für 2020 werden gekürzt oder fallen aus, und wir haben 20 bis 50 Prozent Gehaltsverzicht der Führungskräfte beschlossen“. Für die Mitarbeiter in Kurzarbeit hingegen stocke Ford „die Bezüge auf 80 Prozent auf. So versuchen wir, die Last gleichmäßig zu verteilen.“
Aber Kaufanreize seien „jetzt genauso wichtig“, findet Herrmann. Das Geld müsse „sinnvoll eingesetzt werden“. Fords Deutschlandchef gibt in der FAZ zu Bedenken, dass „viele Autos, die wegen der Corona-Krise nicht gekauft wurden“, bereits produziert seien und nun bei den Herstellern auf Lager stehen, „trotz modernster Abgasreinigung und niedriger Emissionswerte.“ Zudem gebe es „Händlergruppen in Europa, die haben 400 Millionen Euro Inventar auf dem Hof.“ In Deutschland seien gut die Hälfte der Ford-Händler Familienbetriebe, „die haben keine große Kapitaldecke“. Diese nicht in die Überlegungen zu möglichen Kaufprämien mit einzubeziehen könne „nicht lange gutgehen“, obwohl Ford vorübergehend helfe, etwa „mit Stundungen und dem Verzicht auf Kreditzinsen“. Aber ohne weitere Maßnahmen werde „es da ganz schnell existenzbedrohend.“ Auch bei den gut 1700 Stätten von Zulieferern zeige sich „eine extrem kritische Situation in Bezug auf die Liquidität der Betriebe“.
Förderung der Elektromobilität „grundsätzlich eine gute Idee“
Zwar sei ein Fokus der Förderung auf die Elektromobilität „grundsätzlich eine gute Idee“. Allerdings würde dies „eine Schieflage in den unteren Preissegmenten bewirken“, da „keine Margen mehr erzielt werden könnten“, erklärt der Manager. Man müsse „das Elektroauto sinnvoll fördern“, dürfe „aber gleichzeitig der Verbrennertechnologie nicht komplett die Luft abschnüren“, findet Herrmann. Ford arbeite auf die Zielmarke der EU hin, dass ein Neuwagen im Jahr 2030 maximal noch etwa 60 g/km CO2 ausstoßen darf. Diese Pläne nun zu überwerfen, könne für die Autohersteller problematisch werden: „Transformation benötigt Planungssicherheit, kurzfristige Änderungen helfen nicht.“
Langfristig werde sich das Antriebs-Portfolio sicher wandeln. Herrmann geht allerdings davon aus, dass Ford „bestimmt noch bis 2030 Verbrennungsmotoren bauen“ werde. Der Hersteller habe aber in der Vergangenheit „schon Motoren aus dem Programm genommen, die für das CO2-Ziel nachteilig waren.“
Damit Elektroautos, die als vergleichbar teuer gelten, für die breite Masse bezahlbar sind, werde künftig „das Angebot für Elektroautos gestaffelt“ sein: „Wer nicht die größtmögliche Reichweite haben muss, nimmt kleinere Akkus und damit das günstigere Auto.“ Die Kaufentscheidung werde sich in Zukunft „viel stärker am Nutzungsprofil orientieren,“ meint Herrmann.
Quelle: FAZ — Können wir uns Autos noch leisten, Herr Herrmann?