Fluch & Segen: Gebrauchte E-Autos erreichen den Massenmarkt

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Sebastian Henßler
Sebastian Henßler
  —  Lesedauer 3 min

Immer mehr Elektroautos tauchen im Gebrauchtwagenhandel auf. Monatlich wechseln inzwischen 15.000 bis 20.000 dieser Modelle den Besitzer. Noch vor wenigen Jahren war das kaum denkbar. Doch inzwischen kommen viele ehemals staatlich geförderte Stromer nach dem Leasing oder der Nutzung als Firmenwagen auf den freien Markt.

Für unabhängige Händler eröffnet sich damit ein neues Geschäftsfeld. Gleichzeitig sind sie mit Unsicherheiten konfrontiert. Die technischen Entwicklungen bei E-Autos etwa verlaufen rasant. Das wirkt sich auf die Preisentwicklung aus – besonders bei gebrauchten Modellen. Einige verlieren deutlich an Wert, weil neuere Generationen leistungsfähiger und effizienter sind.

Laut Ansgar Klein vom Bundesverband freier Kfz-Händler (BVfK) bleiben viele Händler bei diesem Thema vorsichtig. Nur wenige hätten sich frühzeitig damit befasst. Manche gingen sogar mit besonderem Engagement voran, doch der Großteil zeigt sich zögerlich. Es fehlt an Erfahrung, technischer Ausstattung und einer klaren Strategie für den Weiterverkauf von Elektroautos.

Um Vertrauen zu stärken, setzt der Verband nun auf ein neues Garantielabel. Es soll für mehr Sicherheit sorgen und potenzielle Kunden überzeugen. Die Initiative ist Teil einer Kampagne, die den freien Händlern das Thema näherbringen soll. Der Verband rät dazu, sich aktiv mit den neuen Herausforderungen zu beschäftigen, anstatt sie zu umgehen.

Rolle des Händler auf dem Gebrauchtmarkt verändert sich

Die Rolle der unabhängigen Händler auf dem Gebrauchtmarkt hat sich in den letzten Jahren ohnehin verändert. Inzwischen liegt ihr Anteil bei rund 34 Prozent – ein deutlicher Zuwachs gegenüber früher. Der Privatverkauf hat dadurch an Bedeutung verloren. Auch der Vertragshandel hat seine Aktivitäten verstärkt, nachdem er lange Zeit eher träge wirkte.

Neben den klassischen Händlern bleiben auch die freien Importeure beim Thema Elektroauto zurückhaltend. August Schürenstedt, Vorsitzender ihres Bundesverbands, beschreibt die Lage als schwierig. Nur wenige Importeure hätten bisher Erfahrungen mit Stromern gesammelt, meist in kleinem Rahmen und mit einzelnen Modellen.

Nun plant der Verband einen eigenen Vorstoß: Zum ersten Mal sollen E-Autos aus den USA und China direkt importiert und an Mitglieder verteilt werden. Gespräche mit einem potenziellen Partner laufen bereits. Derzeit gibt es jedoch Verzögerungen, da politische Unsicherheiten das Vorhaben ausbremsen. Die Debatten über mögliche Zölle oder Handelshemmnisse verunsichern die Beteiligten.

Chinesische Hersteller sehen viele Händler dennoch als interessante Option. Sie könnten mit günstigen Preisen punkten, nutzen diesen Vorteil aber kaum aus. Häufig liegen ihre Angebote nur wenig unter denen etablierter Marken. Ein Grund dafür ist laut Schürenstedt die Angst vor neuen Zollregelungen der Europäischen Union.

Der Markt befindet sich im Wandel. Noch ist unklar, wie schnell sich E-Autos im Handel etablieren. Fest steht jedoch: Mit zunehmender Zahl an Gebrauchtwagen, wachsender Erfahrung bei Händlern und neuen Initiativen wie dem Garantielabel wächst die Bedeutung dieses Segments.

Händler müssen sich mit E-Autos auseinandersetzen

Wer als freier Händler langfristig erfolgreich bleiben will, muss sich mit den Besonderheiten von Elektroautos auseinandersetzen. Technische Prüfverfahren, Batteriezustand und Restwertentwicklung spielen dabei eine zentrale Rolle. Gleichzeitig entstehen neue Anforderungen an Beratung und Service – besonders im Hinblick auf Ladeinfrastruktur, Softwareupdates und Garantiebedingungen.

Auch die Verbraucher müssen sich umstellen. Viele Käufer sind an klassische Verbrenner gewöhnt und zögern beim Wechsel. Das Vertrauen in gebrauchte E-Autos ist noch nicht flächendeckend vorhanden. Umso wichtiger ist es, verlässliche Angebote zu schaffen und fundierte Informationen bereitzustellen. Die nächsten Jahre könnten entscheidend werden. Mit jedem Monat wächst die Zahl der Stromer auf dem Gebrauchtmarkt. Ob Händler und Importeure diese Chance nutzen, hängt davon ab, wie schnell sie sich anpassen – und wie gut sie die Unsicherheiten in den Griff bekommen.

Quelle: Automobilwoche – Gebrauchte E-Autos: Was freie Händler abschreckt

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Sebastian Henßler

Sebastian Henßler

Sebastian Henßler hat Elektroauto-News.net im Juni 2016 übernommen und veröffentlicht seitdem interessante Nachrichten und Hintergrundberichte rund um die Elektromobilität. Vor allem stehen hierbei batterieelektrische PKW im Fokus, aber auch andere alternative Antriebe werden betrachtet.

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