„Inspiriert von sich selbst“ – den Spruch muss man sich trauen. Wirklich übertrieben aber war der Slogan damals nicht. Immerhin haben sie bei Fiat mit dem 500 eine Ikone erst wiederbelebt und dann behutsam gepflegt. Gut 13 Jahre ist das her – und seitdem haben sie um die 2,2 Millionen Exemplare an die Frau gebracht, gelegentlich auch an den Mann. Nun ist die Zeit erneut reif für einen Übergang. Dieses Mal in die Welt der E-Mobilität. Darum gibt es den neuen 500 nur mehr als Akku-Auto – und in neuem Kleid.
Wer aber Hand an das Perfekte legt, sollte mit höchster Behutsamkeit zu Werke gehen. Auch das haben sie mit sehr viel Selbstironie bei Fiat schon beworben. In dem Spot scheitert der Versuch, Michelangelos weltberühmte David-Statue zu optimieren – der Bildhauer beraubt den Stein gewordenen Helden versehentlich seines besten Stücks. Die Lehre, die sie daraus in Turin gezogen haben, ist eindeutig: Lass’ gut sein. Und so ist der neue Fiat 500 im Grunde der Alte – der ja selbst schon ein neuer Alter war.
Ein wenig länger ist er geworden, einen Hauch breiter – und vor allem hinten ein kleines bisschen runder. Gleichwohl bleibt das Design höchst stimmig. Die Außenspiegel sind wieder schön ins Fensterdreieck gewandert, das Fronthäubchen kommt knuffiger, und die neuen Zwinkeraugen-Leuchten lassen den kleinen Herzensbrecher noch ein wenig mehr lächeln.
Technisch indes haben sie den 500 komplett umgekrempelt. Anders als jeder Cinquecento vor ihm zieht er alle Kraft aus einem Akku tief im Boden. Der speichert im 95 PS starken Basis-Modell 23,8 kWh für 180 Kilometer Reichweite (WLTP), mit den 42 kWh der 118-PS-Versionen sind offizielle 320 Kilometer drin – im Stadtverkehr und mit verstärkter Rekuperation sogar noch mehr. Da kann man sich dann fast schon die Bremse sparen.
Wer’s lieber zügig hat – die starke Version beschleunigt aus dem Stand in 3,1 Sekunden auf Innenstadt-Tempo, dreistellig wird’s nach 9,0 Sekunden und maximal sind 150 drin (Basis-Modell 135). Allerdings gilt Buch eins der E-Auto-Bibel: Dynamik kostet Distanz. Wird’s mit dem Radius knapp, hilft der Modus „Sherpa“. Gedrosselte Leistung, maximal 80 Stundenkilometer und Schluss mit allem, was Strom zehrt. Dann reicht’s hoffentlich bis zum Ziel – oder wenigstens an die nächste Ladesäule.
Apropos: 80 Prozent bei großem Akku dauern an der heimischen Steckdose gut 15 Stunden, an der Wallbox gute vier und mit Gleichstrom 35 Minuten. Wahlweise lässt sich dort binnen fünf Minuten Saft für 50 Kilometer ziehen. In der Zeit trinkt man noch nicht mal seinen Cappuccino aus.
Gänzlich neu ist – neben Limousine und Cabrio – eine 3+1-Version. Die hat rechts hinten statt der B-Säule eine gegenläufige Kleintür und eröffnet zusätzlichen Komfort beim Einsteigen oder Beladen. Traditionell ist Platz nicht die Kernkompetenz des 500. In zweiter Reihe ist man als Kind klar im Vorteil, dahinter packt die Kult-Kugel 185 Liter weg, geklappt sind es 550.
Vorne indes sitzt man höchst kommod hinter einem schick geschwungenen, auf Wunsch edel bespannten, vor allem aber wunderbar aufgeräumten Armaturenbrett. Mittig thront ein bis zu 10 Zoll großer Touchscreen über Ladeschale und Tastenleiste. Wer E-Mobilität eher mit Nachhaltigkeit verbindet – für Sitzbezüge bietet Fiat auch Recycling-Kunststoff feil. Zehn Prozent davon, so das Versprechen, wurden aus den Weltmeeren gefischt.
Dank seines immer noch kurzen Radstandes punktet der 500 trotz 1,4 Tonnen mit Wendigkeit und flotter Kurvenfahrt. Erfreulich straff zeigt er sich auch – und wer’s geschlängelt mag, dem kann der Schwerpunkt ohnehin nicht tief genug liegen. Allerdings dürfte die Lenkung gerne stärker vermelden, was sich an den bis zu 17 Zoll großen Vorderrädern tut.
Für einen Kleinen richtig groß ist der Auftritt in Sachen Sicherheit. So hält der 500 je nach Ausstattung Abstand und Spur, erkennt Verkehrszeichen, späht in tote Winkel und bremst auch für Radfahrer und Fußgänger. Voll aufgerüstet bringt er sogar erstmals autonomes Fahren auf Level 2 ins Segment der Citycars. Dazu gibt’s auf Wunsch die fünfte Infotainment-Generation „UConnect“ mit Spracherkennung – und auch zum rollenden Hotspot mit bis zu acht Geräten lässt sich der Cinquecento hochrüsten.
Ab 23 560 Euro öffnet sich – per Tastendruck – die Tür für den unter Strom gesetzten 500. Nach Abzug der staatlichen Prämie sind das nur ein paar Hunderter mehr zum Einstiegsmodell der noch als Mild-Hybrid weitergebauten Generation zwei. Für großen Akku und starken Motor ruft Fiat mindestens 27 560 Euro auf – mit voller Hütte auch 10 000 mehr. Offenes Dach schlägt jeweils mit 3000 Euro zu Buche, Zusatztür mit 2000. Beides kombiniert geht allerdings nicht.
Eine Brücke zwischen Vergangenheit und Zukunft schlägt der 500 übrigens auch für Italien. Fiat fertigt den neuen 500 genau da, wo 1957 auch der Urahn gebaut wurde: im Turiner Werk Mirafiori. Die Ikone 3.0 kehrt heim.