Linda Boll, die Deutschlandchefin des Ladesäulenbetreibers Fastned, hat im Interview mit dem Fachmagazin Autoflotte eine Zwischenbilanz zum Ausbau der Ladeinfrastruktur in Deutschland gezogen. Ihrer Ansicht nach mangelt es dabei nicht an Ladepunkten, verbesserungswürdig sei aber die Qualität, insbesondere entlang der Autobahnen.
Der ADAC hat die Ladeinfrastruktur an deutschen Autobahnraststätten weiterhin als verbesserungswürdig eingestuft. „Schlechte Erfahrungen schaden der gesamten Elektromobilität – auch uns“, erklärt Boll. Bewirtschaftete Raststätten seien aber für den Hochlauf der Elektromobilität weiterhin von Bedeutung. „Es geht dort nicht nur um die Zahl der Lader, sondern vor allem um Qualität: Sichtbarkeit, Ausleuchtung, Sicherheit, Ein- und Ausfahrt, Wetterschutz – in vielerlei Hinsicht muss die Situation besser werden“, erklärt die Deutschlandchefin.
Fastned selbst baut im Rahmen der Deutschlandnetz-Initiative des Bundes seine Ladesäulen auf unbewirtschafteten Rastplätzen, die auch Parkplatz mit WC (PWC) genannt werden. Für das Unternehmen ergeben sich daraus laut Boll mehrere Nachteile. Während im Nachbarland Holland die Schnellladesäulen mit gelben Dächern direkt erkennen lassen, dass es sich um Ladesäulen von Fastned handelt, sind die Dächer auf unbewirtschafteten Rastplätzen hierzulande weitestgehend standardisiert. Lediglich durch die Ladesäule selbst ist die Marke zu erkennen.
Erste Stationen hat das Unternehmen bereits geöffnet, bis Ende 2026 sollen rund 34 Standorte in Betrieb sein. „Allerdings dürfen wir Stand heute dort keine Kioske oder zusätzliche Angebote betreiben – aus unserer Sicht ein großes Manko. Das mindert die Aufenthaltsqualität und verhindert echten Wettbewerb mit den Ladeangeboten an der Raststätte“, merkt Boll an. Zudem müsse sich Fastned bei der Größe der Standorte an die Vorgaben der Deutschlandnetz-Initiative halten, auch wenn das Unternehmen manche Ladepunkte gerne größer bauen würde.
„Entscheidend ist Qualität und Ladeleistung, nicht nur Quantität“, sagt Boll. „Heute zählt zunächst: Funktioniert die Säule? Fühle ich mich sicher und trocken? Gibt es saubere Toiletten, Kaffee, etwas zu essen? Ist das alles erfüllt, kommt der Preis hinzu“, erklärt die Fastned-Chefin. Dabei sei die fehlende Transparenz ein Problem, denn der Ad-hoc-Preis sei sichtbar an den Säulen angeschlagen, aber manche Fremd-Ladekarten würden am Ende bis zu 20 Cent und mehr darüber abrechnen. Den Kunden sei dies oftmals nicht bewusst. „Am Ende fällt das Negativ-Erlebnis auch auf uns zurück, obwohl wir darauf keinen Einfluss haben“, so Boll.
Das Schnellladen in Deutschland schätzt sie insgesamt positiv ein. Die Zahl der Ladepunkte wachse stetig und gemäß dem Anstieg der Elektroautos hierzulande. „Qualitativ gibt es jedoch, genau wie der ADAC es beschreibt, deutlichen Nachholbedarf: Es braucht mehr Qualität, eine bessere Gestaltung und klare Rahmenbedingungen, die den Nutzerbedürfnissen entsprechen, um den Hochlauf weiter zu beschleunigen“, sagt die Deutschlandchefin.
Für die Zukunft setzt Fastned nicht nur auf die Ladeinfrastruktur entlang der Autobahnen, sondern sucht gezielt neue Flächen im urbanen Raum. Das Schnellladenetz in deutschen Städten sei unterversorgt, aber externe Anbieter stoßen dort laut Boll oftmals auf die Dominanz lokaler Stadtwerke, was Qualität und Verfügbarkeit ausbremst.
Quelle: Autoflotte – Interview: „Es geht nicht nur um mehr Lader – es geht um bessere Lader“






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