Europa: Welche chinesischen Modelle kommen zu uns?

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Stefan Grundhoff
Stefan Grundhoff
  —  Lesedauer 5 min

Der europäische und speziell der deutsche Automarkt gilt als einer der herausforderndsten der Welt. Die Kunden sind patriotisch, markenverliebt, oftmals langweilig und dennoch überaus anspruchsvoll. Nach deren imposanten Auftritten auf der Messe Auto Shanghai stellt sich nun allerdings die Frage, welche der chinesischen Marken nun Europa aufmischt. Dass dies passieren wird, scheint außer Frage.

Chinesische Automarken auf dem europäischen Markt sind nichts Neues, und auch auf dem Kernmarkt Deutschland sind eine Reihe von Herstellern schon lange vertreten. Nach den peinlichen Auftritten von Landwind sowie den Flops von Byton oder Borgward konnten sich einige Hersteller bereits etablieren. Der erfolgreichste seiner Art ist MG, mit gefälligen Modellen wie dem MG4 oder dem Marvel R zum chinesischen Saic-Konzern gehörig, hat der Autobauer, der in einer Volumenklasse gegen Volkswagen oder Peugeot antritt, große Pläne.

Great Wall Konzern drängt mit Nachdruck nach Europa

Immer mehr Marken gehören zum großen Great Wall Konzern. Zum einen betreibt Great Wall mit Kooperationspartner BMW das gemeinsame Unternehmen Spotlight, das die kommenden Mini-Generation mit Cooper, Aceman und Countryman auf die Räder stellt. Zudem gibt es die noch jungen Konzernableger Ora und Wey. Ora ist mit Funky Cat oder Ballet Cat als elektrische Trendmarke positioniert, während Wey nach wie vor auch Verbrenner im Angebot hat und sich als bezahlbares Premium sieht.

Geely ist ebenfalls seit Längerem in Europa vertreten und steht längst hinter den beiden einst schwedischen Marken Volvo und Polestar. Geely ist zudem mittlerweile nennenswert an Mercedes beteiligt und wagt ab diesem Herbst mit dem Lotus Eletre den Sprung ins Luxussegment. Der Power-SUV mit 600 PS sollen nicht zuletzt gegen Power-SUV von Ferrari, Porsche oder Maserati antreten.

Zeekr als erfolgversprechendster Hersteller Chinas

Geely ist kurz davor, in Europa zu einem Vollsortimenter zu werden. Die besten Chancen auf einen Erfolg dürfte Zeekr haben, die man gegen etablierte Wettbewerber wie Audi, BMW, Mercedes oder Tesla antreten lässt. Der 4,45 Meter lange Zeekr X soll designorientierte SUV-Kunden ansprechen. Dabei präsentiert sich der Zeekr X als schicker Zwillingsbruder des Smart #1, mit dem er sich nicht nur variable SEA-Plattform (Sustainable Experimental Architecture), sondern auch große Teile der Technik teilt. Seine offizielle Weltpremiere feierte der Elektro-SUV auf der Auto Shanghai in der vergangenen Woche. Das Aussehen des Zeekr X wurde im Geely-Designcenter Göteborg unter Leistung von Stefan Sielaff kreiert. Sielaff hat in der Autoindustrie eine bewegte Vergangenheit und war in den vergangenen Jahrzehnten an verschiedenen Positionen für Marken wie Audi, Volkswagen, Mercedes oder Bentley verantwortlich, ehe er zu dem chinesischen Autobauer Geely wechselte und nun bevorzugt aus Göteborg arbeitet.

Der Zeekr X ist das dritte Modell nach Zeekr 001 und 009, die als Luxuslimousine und Van in höheren Klassen unterwegs sind. Wie variabel die SEA-Plattform ist, zeigt, dass diese nicht nur den kompakten Zeekr X, sondern auch den 4,97 Meter langen Shooting Brake des Zeekr 001 beheimatet. Dessen Leistungsdaten sind dabei ebenso beeindruckend wie das Styling: 400 kW / 544 PS, 768 Nm Drehmoment, Allradantrieb und 0 auf Tempo 100 in 3,8 Sekunden. Die beiden Batterien mit Größen von 86 und 100 kWh im Unterboden können innerhalb von 30 Minuten auf bis zu 80 Prozent erstarken und wer die Rückbank des Elektromodells umklappt, kann mehr als 2100 Liter Stauraum nutzen. Wer den Zeekr-eigenen-360-kW-Lader nutzt, pumpt in fünf Minuten 120 frische Kilometer Reichweite in den Chinesen. „Die Marke Zeekr ist am Start, um im Premium-EV-Segment erfolgreich zu sein. Wir haben die besten Ressourcen eines Automobilunternehmens hinter uns, darunter eine etablierte Lieferkette und eine breite industrielle Präsenz, die bereit ist, mit der Produktion von Fahrzeugen zu beginnen“, sagt Andy An Conghui, CEO von Zeekr Technology, „außerdem profitieren wir von einer technologieorientierten Denkweise, die uns vorantreibt, um den Verbrauchern ein besseres Elektrofahrzeug-Erlebnis zu bieten.“

Lynk & Co, Li Auto und Nio nehmen Fahrt auf

Bisher ist Lynk & Co mit seinem 01 – ebenfalls zum Geely Konzern gehörend – auf vielen Märkten nur als Abo-Modell oder bei Autovermietungen zu bekommen. Auf der Shanghai-Messe kündigte der Autobauer selbstbewusst „eine neue Episode“ an, zu der unter anderem auch die Serienumsetzung der gezeigten Sportwagenstudie gehören könnte. Doch auch Modelle wie der Lynk & Co 08 oder 09 hätten allemal Chancen bei europäischen Kunden.

Große Beachtung fand auf der Auto Shanghai der Hersteller Li, der insbesondere mit mächtigen Edel-SUV und einem reduzierten Design auf sich aufmerksam machte. Hier sind jedoch bisher keine Pläne bekannt, dass man mit Li 9 oder dem kleineren Li 7 gegen Modelle wie einen BMW X5 / XM oder einen Range Rover / Range Rover Sport in deren Heimat antreten möchte. Den Premiummarkt fest im Blick hat auch Nio, die sich mit SUV und Luxuslimousinen ebenfalls die europäischen Wettbewerber Audi, BMW und Mercedes vornehmen wollen. Was mit Aito wird – steht zumindest in Sachen Europa – ebenfalls noch in den Sternen. Die Modelle sind gefällig genug, dass sie auch hier punkten könnten.

Markt chinesischer Hersteller wächst weiter

Keine Frage – bei den aktuellen Importmarken aus China wird es kaum bleiben. So scheint es festzustehen, dass Xpeng seinen Markeneintritt in der alten Welt ebenso plant wie HiPhi; beide betont hochwertig und teurer positioniert. Hinter HiPhi steht das Unternehmen Human Horizons, die auf dem Heimatmarkt aktuell den HiPhi X und den Z anbieten, zu denen sich bald der neue Y gesellen soll. Die beiden europäischen Standorte sind München und Oslo, von wo aus noch in diesem Jahr die ersten Auslieferungen erfolgen sollen.

Die Nummer eins in China ist Build your Dreams – kurz BYD, die in unseren Breiten aktuell die Modelle Atto 3, Han und Tang anbieten. Während in Europa gerade erste die Startmodelle Atto 3, Tang und Han vorgestellt wurden, darf es auf dem Heimatmarkt gerne ein paar Nummern größer sein. Auf der neu entwickelten E4-Plattform steht sowohl der Luxusgeländewagen Yangwang U8 als auch der Supersportler U9 – beide elektrisch angetrieben. Die E4-Plattform ist neben dem Akkupaket mit vier einzeln einzelnen Elektromotoren ausgestattet, was eine besonders filigrane Ansteuerung der Antriebsmomente ermöglichen soll.

Es dürfte jedoch nur eine Frage der Zeit sein, wenn auch der günstige BYD Seagull angeboten wird. „Die Marke Yangwang wird die erste sein, die die Spitzentechnologien der BYD-Gruppe einsetzt und den Kunden auch unter extremen Fahrbedingungen ein Höchstmaß an Sicherheit, Leistung und Erfahrung bietet“, sagte Wang Chuanfu, Chairman und President von BYD. Gestartet ist BYD 1995 im chinesischen Shenzhen als Hersteller von Batterien, unter anderem für Motorola und Nokia. Gründer Chuanfu Wang startete mit 20 Mitarbeitern – doch bereits fünf Jahre später war BYD der Marktführer für wiederaufladbare Batterien.

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Stefan Grundhoff

Stefan Grundhoff

Stefan Grundhoff ist Firmeninhaber und Geschäftsführer von press-inform und press-inform consult. Er ist seit frühester Kindheit ausgemachter Autofan. Die Begeisterung für den Journalismus kam etwas später, ist mittlerweile aber genau so tief verwurzelt. Nach Jahren des freien Journalismus gründete der Jurist 1994 das Pressebüro press-inform und 1998 die Beratungsfirma press-inform consult.

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Matthias Geiger:

Achtung der Saic-Konzern (Partner von VW in China) macht es mit dem MG4 vor.
Sie arbeiten in Deutschland eng mit VW zusammen. Der Vertrieb, Service ist direkt bei den VW Partnern. Ich war erstaunt, dass ich in Moers (Niederrhein) direkt bei VW/Audi den MG4 sah. Der ist 7.000 Euro günstiger als der ID.3 bei vergleichbaren Leistungen. Der Kunde hat somit alle Leistungen von VW auch für MG Vorort.
Bei Volvo läuft das ähnlich. Wollen die deutschen Hersteller aus dem Kleinwagen bis oberen Mittelklasse Geschäft in Deutschland als OEM aussteigen ?

EinfachNurKlarDenken:

Vergangenheitsform: HABEN, die konkludente Fehlerkette in D hat sich doch deutlich in Gang gesetzt und die Trägheit der wenn überhaupt Reaktionen auf den BEV-Markt bleibt. Aber „irgendwas“ genau richtig, denn heute fehlen die Antworten auf den Markt weil man nicht im Besitz des Wissenstandes ist.
Einen Chinesen möchte ich mir auch nicht kaufen, dafür sprechen die extreme chinesische Expansionspolitik sowie unbekannte vermutlich lausig Werthaltigkeit, dubiose Nachhaltigkeit und die mehr als offene Frage des Service respektive der Ersatzversorgung. Nach annähernd 30 Jahren Propellermarke enttäuscht diese mich von Tag zu Tag mehr. Die Qualität ist nicht mehr die, die sie einmal war, die BEV-Konstruktionen sind schnöde und suboptimale Ableitungen vom Verbrenner, das weiß und kann nicht mehr überzeugen und steht in keinem Zusammenhang zum Preis. Die Händler sind auch mehr zum Blink Blink verkommen, da wird beim BEV der unnötige zweijährig vorgeschriebene Bremsflüssigkeitswechsel berechnet aber nicht gemacht, Garantiereparaturen verkommen zum Diskussionsmarathon Wie dem auch alles sei, denke an die Anfänge der Japaner und Koreaner, die hatte man auch belächelt und wenn ich gerade heute sehe, dass viele Käufer von den als deutschen Nobelmarken titulierten Hersteller in großen Mengen zu Hyundai und deren Ioniq-Modellen wechseln, oder wo früher noch BMW’s standen stehen heute Modelle aus Grünheide, also was machen wir dann hier in D noch richtig? Am Ende entscheidet der Käufer und das muss in der Gesamtheit nicht richtig sein aber trägt zum Erfolg oder Misserfolg der Marken bei. Demzufolge hat „nicht ohne Grund sind weltweit hoch geschätzt“ mehr einen doch patriotischen Hintergrund und auch hier bröckelt es gewaltig.

Johann:

Auch Toyota hat in Europa einmal angefangen.

Smartino:

Wurden. Und werden hoffentlich wieder.

MMM:

Wurden. Und werden vielleicht wieder.
Aber dazu sind jetzt die Hausaufgaben zu machen.
eFuel und H2 stehen nicht auf dem Lehrplan, wohl aber massentaugliche, bezahlbare Elektroautos.

brainDotExe:

Nicht ohne Grund sind deutsche Autos weltweit hoch geschätzt. Irgendwas scheinen wir richtig zu machen ;)

brainDotExe:

Schonmal einen BMW i4 gefahren? Der liegt um Welten vor den genannten „Chinesen“.

Smartino:

Nach dem ersten Satz im Artikel:
„Der europäische und speziell der deutsche Automarkt gilt als einer der herausforderndsten der Welt. Die Kunden sind patriotisch, markenverliebt, oftmals langweilig und dennoch überaus anspruchsvoll.“ musste ich ungläubig die Stirne runzeln.
Aber dein Beitrag bestätigt mir, dass ein Körnchen Wahrheit drin steckt.
Aus dem Weltall betrachtet ist Deutschland für die Chinesen klein und nicht sehr bedeutend. Es ist ziemlich arrogant und anmassend den Chinesen Denkfehler zu unterstellen und zu glauben, dass sie ihre Produkte hauptsächlich auf die deutschen Ansprüche anpassen werden, wenn die Welt doch so gross ist und sich überall Absatzmärkte erschliessen.

Robert:

Natürlich sind die heutigen China e-autos nicht billig dafür ist die Qualität schon deutlich besser als früher und sie wird in den nächsten Jahren sicherlich noch weiter steigen auch wenn hier und da noch Klemmt Erinnere mich an die ersten Hyundais die waren schon nach 5 Jahren nur noch schrottwert die heutigen sind besser als VW, wie ja vor ein paar Jahren in einem Autobild Test bewiesen wurde sieht man auch beim Hyundai classic ioniq kaum Probleme nahezu wartungsfrei auch nach 300.000 km

Marc:

Der große Denkfehler der Chinesen ist, abgeleitet vom rasanten Aufstieg im eigenen Land, es funktioniert in anderen Ländern ähnlich. Bei Design, Farben, Materialien würden sie anpassen. Das hilft aber nichts, der Kern ist nicht verstanden: Die Marken sind hier nichts wert. Image, Service und Akzeptanz sind nicht da. Das muss der Preisabstand regeln. Den gibt es nicht und die stolzen Chinesen wollen den nicht. Zudem ist China nicht mehr das Wunderland billiger Produktion. Die Wagen, die sie heute anbieten, können sie im Preis nur in den passenden Bereich senken, wenn sie ohne Gewinn arbeiten. Das werden sie nicht machen wollen.

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