Die Europäische Kommission hat ein drittes wichtiges Vorhaben von gemeinsamem europäischem Interesse („IPCEI“: Important Project of Common European Interest) zur Förderung von Wasserstoffinfrastruktur nach den EU-Beihilfevorschriften genehmigt. Gefördert werden Projekte von der Erzeugung von grünem Wasserstoff über Transport- und Speicherinfrastruktur bis hin zur Industrie-Nutzung. Diese Projekte sollen einen maßgeblichen Beitrag zur Umsetzung der Nationalen Wasserstoffstrategie leisten und dazu beitragen, die Ziele der Umwelt-, Energie- und Verkehrsstrategie der Europäischen Union zu erreichen.
Das Vorhaben „IPCEI Hy2Infra“ wurde von sieben Mitgliedstaaten – Deutschland, Frankreich, Italien, Niederlande, Polen, Portugal und Slowakei – gemeinsam vorbereitet und zur Genehmigung angemeldet. Diese Mitgliedstaaten werden bis zu 6,9 Milliarden Euro an öffentlichen Mitteln bereitstellen, wodurch zusätzliche private Investitionen im Umfang von 5,4 Milliarden Euro mobilisiert werden dürften. Im Rahmen dieses IPCEI werden 32 in einem oder mehreren Mitgliedstaaten tätige Unternehmen, darunter auch kleine und mittlere Unternehmen (KMU), an 33 Vorhaben teilnehmen. Die EU-Kommission hat insgesamt 24 deutsche Wasserstoffprojekte genehmigt und somit den Weg für Milliarden-Hilfen freigemacht, wie Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) mitteilt. Wirtschaftsminister Robert Habeck spricht von “wichtigen Bausteinen für den Wasserstoffhochlauf in Deutschland und Europa.”
Alle Vorhaben sollen bis 2029 abgeschlossen sein
IPCEI Hy2Infra wird einen großen Teil der Wasserstoff-Wertschöpfungskette abdecken. Die Förderung wird laut Europäischer Kommission für folgende Bereiche gewährt: Installation von Großelektrolyseuren mit einer Kapazität von 3,2 GW zur Erzeugung von erneuerbarem Wasserstoff, Errichtung neuer und umgenutzter Fern- und Verteilerleitungen für Wasserstoff mit einer Länge von etwa 2700 km, Entwicklung großer Wasserstoffspeicheranlagen mit einer Kapazität von mindestens 370 GWh, sowie dem Bau von Umschlagterminals und der damit verbundenen Hafeninfrastruktur für flüssige organische Wasserstoffträger („LOHC“: liquid organic hydrogen carriers) für den Umschlag von 6000 Tonnen Wasserstoff pro Jahr. Zudem werde im Rahmen dieses IPCEI der schrittweise Aufbau einer EU-weiten Wasserstoffinfrastruktur unterstützt, der von verschiedenen regionalen Clustern ausgehen wird.
Deutsche Unternehmen beteiligen sich dem BMWK zufolge mit rund 3,4 Milliarden Euro an den 24 Projekten der Hy2Infra-Welle. Inklusive der Förderung durch Bund und Länder betrage das Gesamtinvestitionsvolumen dafür etwa 8 Milliarden Euro. Für alle Projekte, mit Ausnahme einer Offshore-Pipeline, für die das BMWK die Förderung zu 100 Prozent übernimmt, werden 70 Prozent der Fördergelder durch den Bund und 30 Prozent durch die jeweiligen Bundesländer bereitgestellt. Ein Teil der Fördermittel wird aus dem Deutschen Aufbau- und Resilienzplans (DARP) unterstützt, der aus Mitteln der Aufbau und Resilienzfazilität (ARF) der Europäischen Union, NextGenerationEU, finanziert wird.
Mehrere Vorhaben sollen in naher Zukunft durchgeführt werden, sodass voraussichtlich in den Jahren 2026 bis 2028 einige Großelektrolyseure und in den Jahren 2027 bis 2029 Fernleitungen in Betrieb genommen werden können. Der Zeitpunkt der Inbetriebnahme hängt von dem jeweiligen geografischen Gebiet ab. Die Vorhaben sollen 2029 vollständig abgeschlossen werden, wobei sich die konkrete zeitliche Planung jeweils nach Vorhaben und Unternehmen unterscheidet.
Das IPCEI Hy2Infra ergänzt das erste und das zweite IPCEI zur Wasserstoff-Wertschöpfungskette. Bereits im Juli 2022 genehmigte die Kommission das IPCEI „Hy2Tech“, dessen Schwerpunkt auf der Entwicklung von Wasserstofftechnologien für Endnutzer liegt. Das IPCEI „Hy2Use“, das insbesondere Wasserstoffanwendungen in der Industrie betrifft, wurde im September 2022 genehmigt. Hy2Infra ist auf Infrastrukturinvestitionen ausgerichtet, die nicht unter die ersten beiden IPCEI fallen.
“IPCEI Hy2Infra birgt erhebliche finanzielle Risiken”
“Das Vorhaben trägt zu einem gemeinsamen Ziel bei, da es der Förderung des Ausbaus der Wasserstoffinfrastruktur dient, der erforderlich ist, um die Ziele wichtiger politischer EU-Initiativen wie des europäischen Green Deals, des REPowerEU-Plans und der EU-Wasserstoffstrategie erreichen zu können”, heißt es in einer offiziellen Mitteilung der EU-Kommission.
Alle 33 Vorhaben des IPCEI sind sehr ehrgeizig, da sie darauf abzielen, Infrastruktur zu entwickeln, die über das derzeitige Angebot des Marktes hinausgeht. Und weiter: “Sie werden die ersten Bausteine für ein integriertes, offenes und diskriminierungsfrei zugängliches Wasserstoffnetz bilden und den Ausbau der Versorgung mit erneuerbarem Wasserstoff in Europa ermöglichen. Dies wird die Dekarbonisierung der Wirtschaftszweige ermöglichen, die von Wasserstoff abhängig sind, um ihre CO2-Emissionen zu verringern.”
Da das IPCEI auch erhebliche finanzielle Risiken berge, sei eine öffentliche Förderung erforderlich, um Investitionsanreize für Unternehmen zu schaffen. Beihilfen für einzelne Unternehmen seien auf das erforderliche und angemessene Maß beschränkt und sollen daher keine übermäßige Verfälschung des Wettbewerbs bewirken. Die Kommission habe sich insbesondere vergewissert, dass die geplanten Beihilfehöchstbeträge mit den beihilfefähigen Kosten der Vorhaben und den Finanzierungslücken im Einklang stehen.
Außerdem soll es einen Rückforderungsmechanismus geben, sodass die Unternehmen einen Teil der erhaltenen Beihilfen an die betreffenden Mitgliedstaaten zurückzahlen müssen, wenn Vorhaben im Rahmen des IPCEI besonders erfolgreich sind und zusätzliche Nettoerträge abwerfen. Die während der Durchführung der Vorhaben erworbenen technischen Kenntnisse und Erfahrungen werden von den beteiligten Unternehmen durch Veröffentlichungen, Konferenzen und gemeinsame Empfehlungen für die Entwicklung von Betriebsvorschriften und technischen Normen umfassend geteilt, heißt es.
Die teilnehmenden Unternehmen werden im Rahmen zahlreicher Kooperationen untereinander sowie mit externen Partnern wie Fernleitungsnetzbetreibern, potenziellen Abnehmern, Hochschulen, Forschungseinrichtungen und Ausrüstungslieferanten in ganz Europa, darunter auch KMU, eng zusammenarbeiten, wie die EU-Kommission erklärt.
Quellen: Handelsblatt – EU genehmigt deutsche Wasserstoff-Projekte – Staat gibt 4,6 Milliarden Euro / BMWK – Pressemitteilung vom 15.2.2024 / Europäische Kommission – Pressemitteilung vom 15.2.2024