Der belgische Markt für Elektroautos und Plug-in-Hybride ist noch schwach entwickelt, soll aber in den kommenden Jahren kräftig wachsen. Dies begünstigen auch die starke Wirtschafts- und Kaufkraft, die hohe Bevölkerungsdichte und die oft kurzen Wege. Allerdings ist das Marktpotenzial in Brüssel und in Flandern deutlich höher als in Wallonien. Stark auszubauen ist noch das Netz an Ladestationen, denn deren geringe Verfügbarkeit ist derzeit ein entscheidender Hemmschuh für den Elektroautokauf, so Germany Trade & Invest, die Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland für Außenwirtschaft und Standortmarketing, in einer aktuellen Mitteilung.
Im Jahr 2017 wurden demnach in Belgien 26.567 neue Fahrzeuge mit elektrischem Antrieb zugelassen: 2709 reine Elektroautos, 11.287 Plug-in-Hybride und 12.571 Hybridautos ohne Steckeranschluss. Das waren 45,8 Prozent mehr als im Vorjahr, wobei der Anteil an den Gesamtzulassungen mit 4,2 Prozent noch gering. Der Markt soll jedoch weiter stark wachsen. Das Programm Clean Power for Transport 2020 sieht vor, dass im Jahr 2020 insgesamt 85.700 batterieelektrische Fahrzeuge (BEV) und Plug-in-Hybride (PHEV) auf die Straße kommen sollen. Der Vorsitzende des Kfz-Verbandes Febiac, Thierry van Kan, hat 2017 geschätzt, dass 2020 sogar 100.000 Neuzulassungen möglich sind.
Gute gesellschaftliche und wirtschaftliche Voraussetzungen
Weite Landesteile Belgiens kennzeichnet eine hohe Bevölkerungsdichte, starke Verstädterung und kurze Wege. Im Jahr 2015 lebten 372 Einwohner auf einem Quadratkilometer und somit weit mehr ist als im EU-Mittel (117 Personen) oder als in Deutschland (229 Menschen). Der relativ große Wohlstand erleichtert den Absatz der im Vergleich zu Autos mit Verbrennungsmotor teuren E-Fahrzeuge. Unter Einbezug des Kaufkraftstandards war Belgiens Bruttoinlandsprodukt (BIP) pro Kopf 2016 mit 34.300 Euro weit höher als im EU-Schnitt (29.100 Euro). Auch der Verbrauch der Haushalte liegt mit 17.100 Euro je Einwohner über dem EU-Mittel (15.800 Euro). Potenzial besteht unter anderem für E-Zweitwagen.
Deutsche Autobauer haben starke Marktposition
Elektroautos entwickeln sich in Belgien derzeit zum Statussymbol, was sich in hohen Marktanteilen von Premiummarken spiegelt. Die meisten E-Mobile verkauft BMW. Im Segment der Plug-In-Hybride liegt der Münchener Autobauer mit dem Modell X5 40e an zweiter Stelle, hinter dem GLC 350e von Mercedes. Unter den Top-Fünf befinden sich ferner der XC90 PHEV von Volvo sowie der 530e und der 330e von BMW.
Bei den reinen Elektroautos (BEV) führt Tesla mit seinen Modellen S und X den belgischen Markt an. Es folgen der Nissan Leaf, der Renault Zoe und der BMW i3. Generell dominieren deutsche und französische Autobauer. Marktführer war 2017 Renault, gefolgt von VW, BMW, Peugeot, Opel, Mercedes, Audi und Citroen.
Carsharing hat sehr gute Perspektive
Dank der hohen Urbanisierung hat auch Carsharing hervorragende Voraussetzungen. Am Markt sind unter anderem DriveNow, ZipCar, Cambio oder Ubeeqo. Das Portal Statista erwartet, dass der Branchenumsatz zwischen 2018 und 2022 von 147 Millionen US-Dollar (etwa 120 Millionen Euro) auf 203 Millionen US-Dollar (164 Millionen Euro) steigt. Dies entspricht einem Jahreswachstum von 8,4 Prozent. Die Zahl derjenigen, die ein Auto gemeinsam nutzen, soll 2022 bei einer Million Personen liegen (2017: 700.000 Menschen).
Elektro-Nutzfahrzeuge gewinnen auch dank Umweltzonen an Bedeutung
Belgien ist mit Europas zweitgrößtem Hafen Antwerpen ein wichtiges internationales Logistik-Drehkreuz. Zwar kommen Elektromotoren im grenzüberschreitenden Lkw-Verkehr noch nicht in Frage, doch bieten sie sich auf den eher kurzen innerbelgischen Strecken an. Brüssel und Antwerpen haben bereits weiträumige Umweltzonen und Gent will diese bis 2020 von der Innenstadt auf weitere Bezirke ausweiten.
Auch Lüttich, Namur und Mechelen erwägen, Umweltzonen einzuführen. Elektroantriebe lohnen zudem wegen der Maut für alle Nutzfahrzeuge über 3,5 Tonnen Gesamtgewicht. Diese gilt in Brüssel und auf allen Autobahnen sowie auf einigen weiteren Fernstraßen in Flandern und Wallonien. Die Tarife sind dabei nach Schadstoffklassen gestaffelt. Auf Elektro- und Hybridbusse setzt auch der öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) immer mehr.
Es gibt noch zu wenig Stromtankstellen
Die Perspektiven für die Elektromobilität sind in Flandern und Brüssel besser als in Wallonien, das mit 215 Einwohnern je Quadratkilometer weniger dicht besiedelt ist. Die zurückzulegenden Strecken sind oft länger, doch das Ladenetzwerk bleibt mit voraussichtlich 688 Stationen 2020 besonders dünn. In ganz Belgien soll es bis dahin 8300 öffentliche Ladestellen geben (2017: 1.765). Zudem war Walloniens BIP pro Kopf 2015 um 29 Prozent geringer als in Flandern und um 58 Prozent niedriger als in Brüssel.
Die Förderung der Elektromobilität in Form von Zuschüssen und Steueranreizen obliegt den drei belgischen Regionen. Dabei sind die Maßnahmen in Flandern weit umfangreicher als in Wallonien und Brüssel.
Quelle: Germany Trade & Invest – Pressemeldung vom 13.03.2018