Laut Samar, dem Institut für Automobilmarktforschung, sind in Polen im letzten Jahr 445.000 neue PKWs registriert worden. Das entspricht zwar einer Zunahme von 4 % gegenüber dem Vorjahr, ist aber doch ein Rückschritt für die Branche, die mit einem Ergebnis wie vor der Pandemie gerechnet hatte.
Dabei war das Segment der Elektroautos der am schnellsten wachsende Bereich des polnischen Automobilmarktes. Im Jahr 2021 wurden insgesamt 38 001 Personenkraftwagen mit einem elektrischen Antrieb bzw. Plug-In registriert. Der polnische Branchenverband Polskie Stowarzyszenie Paliw Alternatywnych (PSPA) hielt am 11. Januar fest, das davon 19 206 Plug in-hybrid und 18 795 reine Stromer sind. Im Jahresvergleich hat sich die Anzahl der E-Autos in Polen mit 93% fast verdoppelt. Die Ladeinfrastruktur umfasste 2021 1932 Ladestationen mit insgesamt 3784 Ladepunkten. Interessant ist, dass letztes Jahr in der Hauptstadt Warszawa kaum noch Ladesäulen gebaut wurden, aber in Städten, wie Gdańsk, Łódź und Olsztyn ihre Anzahl um rund 25 % zugenommen hatte.
Der Vorsitzende des PSPA Maciej Mazur betonte in der monatlichen Übersicht des Verbandes, dass gerade in den letzten Monaten des Jahres neue Rekordzahlen erreicht wurden. Jakub Faryś, der Vorsitzende des Polnischen Verbandes der Automobilindustrie (PZPM), sieht den Anstieg der Verkaufszahlen bei den E-Autos im Zusammenhang mit dem staatlichen Förderprogramm „Mój elektryk“. Gerade als das Programm sich auf die Leasingfahrzeuge, aber auch auf die Förderung von betriebsbezogener Ladeinstruktur ausgeweitet wurde, nahmen die Neuregistrieren deutlich zu. Allein im November 2021 waren es 1.108.
Das Stimmungsbarometer, das für die Jahr 2021/2022 vom PSPA angefertigt wurde, untersuchte die Einstellung von 6.000 polnischen Verbrauchen zu den elektrischen Fahrzeugen. Dabei stellte sich heraus, dass in den letzten 5 Jahren der Anteil der Verbraucher, die sich vorstellen können, ein E-Auto zu kaufen, von 12 % auf 32 % gestiegen ist. Dies geht einher mit einer wachsenden Sensibilität für Klimathemen. Das E-Auto ist mittlerweile ein Inbegriff einer klimaschonenden und individuellen Mobilität geworden. Als weitere Argumente für elektrische Fahrzeuge wurden die vielen neuen und attraktiven Fahrzeugmodelle genannt. Für ein Kaufinteresse ausschlaggebend war aber die Vertrautheit mit E-Autos. Während 2017 lediglich 6 % der Befragten eine Gelegenheit dazu hatte, einen elektrisch angetriebenen Wagen zu fahren, stieg dieser Prozentsatz auf fast 20 %.
„Der Anteil der Fahrer, die ein Elektroauto kaufen wollen, steigt mit der Zahl der Personen, die ein E-Fahrzeug einmal gefahren haben. Diese Studie bestätigt unsere Beobachtungen – wer die Möglichkeit hatte, ein Elektroauto zu fahren, wird nicht mehr aus ihm aussteigen wollen. Dies zeigt sich auch bei einer Reihe von Befragungen, die die emissionsarmen Fahrzeuge für die Zukunft der Automobilindustrie betrachten. Natürlich gibt es für die Verbraucher nach wie vor gewisse Hindernisse für die Entwicklung der Elektromobilität, aber es sind keine Probleme, die nicht überwunden werden können – sowohl die Reichweitenentwicklung als auch das Ladestationennetz nehmen rasch zu”, kommentierte Radosław Kitala von Consulting & Arval Mobility Observatory Manager Arval Service Lease Polska. Sein Unternehmen least Fahrzeuge an Firmenkunden. Gerade das Leasing macht in Polen die Mehrheit des Marktes für Neufahrzeuge aus. Weniger als ein Drittel der Neuwagenkäufer sind Privatkunden. Daher müssen gerade Firmeninhaber, aber auch Leasingunternehmen, von den Vorteilen eines E-Autos überzeugt werden.
Eines der zentralen Argumente bleibt nach wie vor der Anschaffungspreis. Hier allerdings sahen lediglich 22 % der Befragten noch ein ungünstiges Preisungleichgewicht auf Seiten der Stromer. Im Jahr 2017 war fast die Hälfte der Befragten dieser Ansicht. Experten sehen hier eine positive Wirkung der staatlichen Kaufprämie, die in Polen je nach Kaufpreis zwischen 3.800-6.136 Euro liegt und den Käufer entsprechend entlastet.
Aleksandra Fedorska ist polnisch-deutsche Politologin und Publizistin. Sie arbeitet als Korrespondentin für polnische und deutsche Medien in den Fachbereichen Energiepolitik und E-Mobilität. Fedorska lebt und arbeitet im schleswig-holsteinischen Jagel und in der polnischen Stadt Poznań.