Lkw, die mit E-Fuel betrieben werden, kosten einer aktuellen Studie zufolge deutlich mehr als batteriebetriebene Elektro-Lkw. Und das ist nicht ihr einziger Nachteil. Doch zunächst zu den Kosten: Im Jahr 2035 soll der Kauf und Betrieb eines neuen Langstrecken-Lkw, der mit synthetischem Diesel befeuert wird, 47 Prozent mehr kosten als die Anschaffung und der Betrieb eines batterieelektrischen Lkw, so die Umweltorganisation Transport & Environment (T&E) unter Verweis auf eine neue Studie (verlinkt als PDF, englisch).
Der Preisvorteil des reinen Stromfahrzeugs komme von den deutlich niedrigeren Energie- und Wartungskosten eines batterieelektrischen Lkw, der auf diese Weise seine höheren Anschaffungskosten schnell ausgleichen könne. Mit synthetischen Kraftstoffen betriebene Verbrenner-Fahrzeuge hingegen wären aufgrund der höheren Kosten pro Liter E-Fuel im Vergleich zu den Kosten für Strom deutlich teurer. Schon heute gelten die Kosten für den Treibstoff als der größte Posten in der Gesamtkostenrechnung eines Lkw.
Die Studie von T&E vergleicht in einer Gesamtkostenanalyse über fünf Jahre hinweg verschiedene Antriebsarten in mehreren Szenarien. Selbst im optimistischsten Szenario wären E-Fuels immer noch 15 Prozent teurer als batterieelektrische Lkw. Dieses Szenario sieht die Verwendung von E-Diesel in einem gebrauchten Lkw vor und vergleicht diesen mit einem Batterie-Lkw mit eher hohen Batterie- und Ladekosten.
„Über die Kosten machen sich Logistikunternehmen am meisten Gedanken, daher sind batterieelektrische Lkw der richtige Weg“, sagt Max Mollière, E-Mobilitätsdatenanalyst bei T&E. E-Fuels bezeichnet er als einen „verzweifelten Versuch der Kraftstoffindustrie, sich eine Rettungsleine auf Kosten der Spediteure zuzuwerfen. Warum sollten wir ihnen teure E-Treibstoffe aufzwingen, wenn ihnen auch eine sauberere und billigere Lösung zur Verfügung steht?“, so Mollière. Die EU habe kürzlich „aus gutem Grund angekündigt, keine E-Fuels in Pkw zuzulassen, also lassen Sie uns Lastwagen auf den gleichen Weg bringen.“
E-Fuels in Lkw mit deutlich schlechterer Klimabilanz
Zum Kostennachteil hinzu käme auch ein Klimanachteil, so die Studie weiter: Ein mit E-Diesel betriebener Lkw würde deutlich mehr CO2-Emissionen verursachen, als ein batterieelektrischer Lkw, da die Herstellung von synthetischen Kraftstoffen sehr energieintensiv ist. In einem typischen Szenario, so T&E, würde ein mit E-Diesel betriebener Lkw im Laufe seiner Lebensdauer fast dreimal mehr Treibhausgasemissionen emittieren als ein Elektro-Lkw, der mit herkömmlichem Netzstrom aufgeladen ist.
Selbst in einem Best-Case-Szenario, in dem 100 Prozent erneuerbare Energie für die E-Fuel-Produktion und das Laden des Elektro-Lkw zur Verfügung steht, würde ein ein E-Diesel-Lkw immer noch 41 Prozent mehr CO2 ausstoßen als ein Batterie-Lkw. Dies liege daran, dass die meisten THG-Emissionen während der Fahrphase verursacht werden und Lkw eine hohe Laufleistung haben, so T&E.
Nur ausreichend E-Fuel für 6 Prozent der Lkw
Ohnehin stünde bis 2035 nicht ausreichend synthetischer Kraftstoff zur Verfügung, so die NGO weiter. Concawe, eine Forschungsgruppe der Ölindustrie, habe errechnet, dass die europäische Produktion von E-Fuels für den Straßenverkehr 2035 gut 6 Mtoe (Megatonnen Öleinheiten) erreichen würde. Dies würde nur 6 Prozent des Kraftstoffbedarfs von Lkw im Jahr 2035 decken.
Die aktuellen Prognosen für den Import von E-Fuels für den Transport- und Verkehrssektor sehen zudem nur die Einfuhr von E-Kerosin und E-Ammoniak vor, die nicht für den Straßenverkehr genutzt würden. Offizielle Prognosen für Einfuhrmengen von E-Diesel oder E-Benzin aus dem internationalen Ausland nach Europa gebe es noch nicht, was bedeute, dass das Angebot an E-Fuels für Lastkraftwagen und Autos sehr begrenzt wäre.
„Nach ihrem gescheiterten Versuch mit Pkw hofft die fossile Brennstoffindustrie, nun E-Fuels für den Einsatz in Lkw wiederzubeleben. Die Behauptung, dass diese Technologie eine skalierbare Lösung zur Dekarbonisierung sein soll, war schon falsch für Pkw, und unsere Analyse zeigt, dass sie auch für Lkw falsch ist“, so Mollière. E-Fuels würden ihm zufolge den Übergang zu den deutlich klimafreundlicheren Elektro-Lkw unnötig hinauszögern.
Die Europäische Kommission will nach den Regelungen für Pkw und dem de facto Verbrenner-Neuzulassungsverbot ab 2035 noch in diesem Jahr auch die CO2-Standards für Lkw überarbeiten. Vor diesem Hintergrund fordert T&E, auch bei Lastwagen E-Fuels auszuklammern und den Verkauf von Nutzfahrzeugen mit Verbrennungsmotoren ab 2035 zu beenden.
Quelle: T&E – Pressemitteilung vom 15.11.2022