E-Autos sollen flexibel so geladen werden können, dass es zur Lage im Stromsystem passt. Bevor das sogenannte gesteuerte Laden jedoch breit zum Einsatz kommen kann, fehlt es noch an technischer Infrastruktur und vor allem an variablen Preisen für die Nutzung des Stromnetzes. Wie das gesteuerte Laden funktioniert und welche Vorteile es sowohl für Verbraucherinnen und Verbraucher als auch für die Energiewende bietet, hat der Thinktank Agora Verkehrswende in einer Analyse und einem dazugehörigen kurzen Faktenblatt zusammengetragen.
Beim gesteuerten Laden eines E-Autos orientiert sich der Ladevorgang an der aktuellen Verfügbarkeit von Strom und der Auslastung des Stromnetzes. Die Batterie wird vor allem dann geladen, wenn viel freie Netzkapazität und viel Strom zur Verfügung stehen. Auf diese Weise kann der Anteil der erneuerbaren Energien am Strommix erhöht und der Bedarf an zusätzlichem Netzausbau gesenkt werden. So entstehen der Allgemeinheit weniger Kosten und E-Autos laden zu niedrigen Preisen.
„Gesteuertes Laden ist wertvoll, weil es die Integration von Windkraft- und Solaranlagen und den Hochlauf der Elektromobilität erleichtert“, sagt Wiebke Zimmer, stellvertretende Direktorin von Agora Verkehrswende. „Die technischen und regulatorischen Voraussetzungen sollten deshalb rasch und praktikabel geschaffen werden“. Das gelte insbesondere für variable Netzentgelte und Eingriffe von Netzbetreibern. „Gleichzeitig dürfen Unklarheiten beim gesteuerten Laden keine Ausrede für den aktuellen Rückstand beim Ausbau der Elektromobilität sein. Das Stromsystem kann den Bedarf der Elektromobilität vorerst auch ohne gesteuertes Laden decken, nur eben nicht so effizient“, sagt Zimmer.
Um die Nachfrage nach Elektroautos zu steigern, brauche es zusätzliche Instrumente: „Vor allem eine klimagerechte, effiziente und sozial ausgewogene Reform der Steuern, Abgaben und Subventionen rund um den Pkw – von Kfz- und Dienstwagenbesteuerung bis Dieselprivileg und Mineralölsteuer. Damit könnte die Bundesregierung ihr Ziel erreichen, 15 Millionen vollelektrische Pkw bis 2030 auf die Straße zu bringen.“
Weichen stellen für gesteuertes Laden
Um Ladevorgänge mit dem Stromangebot und der Netzauslastung abzustimmen, braucht es laut Agora Verkehrswende vor allem variable Preise für Stromeinkauf und -vertrieb sowie für Netznutzung. Diese würden bei Verbraucherinnen und Verbrauchern als Anreiz für gesteuertes Laden wirken. Mit dem kürzlich beschlossenen Gesetz zum Neustart der Digitalisierung der Energiewende hat die Bundesregierung Stromlieferanten bereits dazu verpflichtet, ab 2025 variable Preise für Stromeinkauf und -vertrieb anzubieten. Zur Einführung von variablen Netzentgelten gab es bisher nur eine unverbindliche Anhörung durch die Bundesnetzagentur.
Die Bundesnetzagentur arbeitet darüber hinaus an Regeln, wie Netzbetreiber in akuten Engpasssituationen den Stromverbrauch von flexiblen Verbrauchseinheiten wie Ladepunkten oder Wärmepumpen regulieren können. So können die Betreiber auch bei einem dynamischen Zubau von flexiblen Verbrauchseinheiten einen sicheren Netzbetrieb gewährleisten und zügig etwa neue Ladepunkte ans Stromnetz anschließen. Grundsätzlich stehen solche Eingriffe jedoch gesteuerten Ladevorgängen entgegen und sind nicht im Interesse von Verbraucherinnen und Verbrauchern. Agora Verkehrswende plädiert daher dafür, dass Netzbetreiber nur dann eingreifen dürfen, wenn es unbedingt notwendig ist.
Fanny Tausendteufel, Projektmanagerin Industriepolitik bei Agora Verkehrswende, hebt hervor: „Über die Gestaltung des gesteuerten Ladens wird bislang vor allem aus Sicht der Energiewirtschaft diskutiert. Das Thema ist aber auch relevant für den Hochlauf der Elektromobilität. Die Regeln für gesteuertes Laden bestimmen mit darüber, wann und mit welcher Leistung es am günstigsten ist, ein E-Auto zu laden. Deshalb sollten auch die mitreden können, die die Zukunft des Verkehrssektors mitgestalten wollen. Mit unseren Publikationen möchten wir das Wissen dafür bereitstellen und zur Diskussion einladen.“
Analyse und Faktenblatt zum gesteuerten Laden
Das Analysepapier „Gesteuertes Laden. Warum es sich lohnt, beim Laden von Elektrofahrzeugen auf Stromangebot und Netzauslastung zu achten“ erläutert die technischen und regulatorischen Voraussetzungen und gibt Empfehlungen für die Umsetzung in Deutschland. Es wurde im Auftrag von Agora Verkehrswende vom Fachberatungs- und Softwareunternehmen Consentec erstellt und steht online zur Verfügung unter: https://www.agora-verkehrswende.de/veroeffentlichungen/gesteuertes-laden-1/
Im dazugehörigen Faktenblatt „Gesteuertes Laden – kurz erklärt“ ist das Wichtigste zum Thema mit anschaulichen Illustrationen auf wenigen Seiten zusammengefasst. Das Faktenblatt hat Agora Verkehrswende zusammen mit der Kreativ- und Strategieagentur Ellery Studio erarbeitet. Es steht online zur Verfügung unter: https://www.agora-verkehrswende.de/veroeffentlichungen/gesteuertes-laden-kurz-erklaert/
Quelle: Agora Verkehrswende – Pressemitteilung vom 31.05.2023
Eigentlich „hängt“ es nur noch an einem Punkt
Technisch ist es schon länger möglich und ein paar Tarife (z.B. Tibber) gibt es auch schon.
Man muss sich nur mit dem Thema beschäftigen.
In den letzten Tagen war der Gesamtpreis (inkl. Netzentgelte) teilweise unter 0 Ct/kWh.
Gesteuertes Laden ist im Grunde nur eine Nebelkerze, um den Netzausbau nicht verstärkt in Angriff nehmen zu müssen, es geht hier vor allem ums Geldsparen der Netzbetreiber.
Dabei sind es gar nicht die E-Autos, die einem verstärkten Ausbau der Netze verlangen, sondern die vielen Wärmepumpen, die besonders im Winter reichlich (Öko-)Strom brauchen.
Es geht um einen kräftigen Ausbau von PV- und Windkraftanlagen mit Stromtrassen von Nord nach Süd, um den Ökostrom vom Norden in den Süden zu transportieren, dabei muss es natürlich auch einen kräftigen Netzausbau bis zu den Privathaushalten geben.
Die technischen Details gehören zum Techniker 1×1 und sind deren Aufgabe.
Die Politik sollte endlich mal in die Gänge kommen und etwas für einen beschleunigten Ökostromausbau tun, d.h. Bürokratie abbauen, Genehmigungen beschleunigen, keine Einwände wegen Denkmalschutz zulassen, wenn die Dächer mit PV bestückt werden sollen, denn die drohende Klimakatastrophe ist weit gefährlicher als ein Denkmal mit PV.
Eine richtig große Energiewende mit Ökostrom im Überfluss ist notwendig und nicht nur Debatten auf Nebenschauplätzen wie beim gesteuerten Laden, damit nicht nur ein paar E-Autos geladen werden, sondern viele Haushalte und die Industrie mit günstigem Ökostrom versorgt werden und auch noch ein Überschuss für Dunkelflauten bliebt.