Die Art und Weise, wie Menschen ihre Elektroautos auf der Straße bewegen und aufladen, kann dazu führen, dass Batterien deutlich länger halten als bislang angenommen. Forschenden der US-amerikanischen Universität Stanford zufolge wirken sich nämlich reale, gemäßigte Fahrszenarien – mit ihren vielen Beschleunigungs- und Bremsvorgängen sowie lange Zeiten des Parkens – viel weniger stark auf die Lebensdauer aus als die Labortests, mit denen die Hersteller die Haltbarkeit ihrer Batteriedesigns simulieren.
Die Forscher im SLAC-Stanford Battery Center entwarfen viele unterschiedliche Arten von Entladeprofilen, von der Standard-Konstantentladung bis hin zur dynamischen Entladung auf der Grundlage realer Fahrdaten. Das Forschungsteam testete 92 kommerzielle Lithium-Ionen-Batterien über mehr als zwei Jahre und über alle Entladeprofile hinweg. Die Erkenntnis daraus: Je realistischer das Profil das tatsächliche Fahrverhalten im Alltag widerspiegelte, desto höher stieg die Lebenserwartung der Batteriezellen.
Die Abweichungen ergaben, dass Batterien bis zu 38 Prozent länger halten, als bisher angenommen. Für einen typischen Antriebsstrang entspreche dies einer Unterschätzung der Lebensdauer von bis zu 195.000 Meilen, umgerechnet gut 310.000 Kilometer.
„Wir haben E-Auto-Batterien bislang nicht richtig getestet“, sagt Simona Onori, leitende Autorin der Studie und außerordentliche Professorin für Energy Science and Engineering an der Stanford Doerr School of Sustainability. „Zu unserer Überraschung trägt echtes Fahren mit häufigem Beschleunigen und Bremsen, das die Batterien ein wenig auflädt, kurz anhalten um in ein Geschäft zu gehen, und die Batterien im Anschluss stundenlang ruhen zu lassen, dazu bei, dass Akkus länger halten, als wir auf Basis von industriell standardisierten Labortests gedacht hatten.“
Das Forschungsteam untersuchte auch die Unterschiede zwischen der zyklischen Batteriealterung aufgrund vieler Lade- und Entladevorgänge im Vergleich zur kalendarischen Batteriealterung, die unausweichlich im Lauf der Jahre mit der Zeit einhergeht. „Wir Batterieingenieure sind bisher davon ausgegangen, dass die Zyklusalterung viel wichtiger ist als die kalendarische Alterung. Das gilt allerdings fast nur für kommerzielle Elektrofahrzeuge wie Busse und Lieferwagen, die fast immer entweder in Gebrauch sind oder gerade aufgeladen werden“, sagt Alexis Geslin, der ebenfalls an der Studie beteiligt war. „Für den normalen Verbraucher, der sein Elektroauto nutzt, um zur Arbeit zu kommen, seine Kinder abzuholen und zum Einkaufen zu fahren, und sein Auto ansonsten die meiste Zeit parkt, wird die Zeit zur vorherrschenden Ursache für das Altern der Batterie anstatt die Zahl der Ladezyklen.“
Quelle: Stanford Report – Existing EV batteries may last up to 40% longer than expected / Nature Energy – Dynamic cycling enhances battery lifetime