Tübingens OB Palmer fordert Zulassungssteuer für Verbrenner

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Michael Neißendorfer
Michael Neißendorfer
  —  Lesedauer 3 min

Boris Palmer, parteiloser Oberbürgermeister von Tübingen, hat in einem Gastbeitrag in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) eine Zulassungssteuer für Verbrenner angeregt, um damit neue Förderprogramme für Elektroautos zu finanzieren. Ähnlich praktiziert das unser Nachbar Frankreich, wo für besonders klimaschädliche Verbrenner sogar bis zu 60.000 Euro (!) an Zulassungssteuer abgedrückt werden müssen – und im Gegenzug mehrere Tausend Euro an Bonus für den Kauf eines E-Autos bereitgestellt werden können.

In solche Spähren will Palmer nicht vordringen. Er spricht von 2000 Euro pro Verbrenner, damit im Gegenzug eine E-Auto-Prämie – „europarechtskonform“, wie er anmerkt – finanziert werden kann. Und ohne dass „der Finanzminister Sorgen wegen der Schuldenbremse“ haben müsse.

Palmer geht es nicht allein darum, mit den deutlich nachhaltigeren E-Autos auf Klimakurs zu kommen, er mache sich vorrangig Sorgen um Deutschlands Vorzeigeindustrie. Er weiß sehr wohl, dass E-Autos in Deutschland besonders schwächeln und mit Gegenwind zu kämpfen haben, während „chinesische und amerikanische Unternehmen den Markt der Elektromobilität aufrollen“.

Die Skepsis der Deutschen gegenüber E-Autos sei „für die deutsche Autoindustrie und die Zulieferer existenzbedrohend“, das immer noch gut florierende „Geschäft mit dem Verbrenner“ könne „eine tödliche Falle sein“. Und wenn dann „das Verbrennerverbot in der EU in zehn Jahren greift, könnte der Wettbewerbsnachteil der heimischen Indus­trie so gravierend sein, dass man deutsche Autos nur noch in den Museen besichtigen kann.“

„Die Verbrenner müssen die Elektroautos finanzieren“

Es komme also, so Palmer in der FAZ, „eigentlich nur Hilfe zur Selbsthilfe infrage: Die Verbrenner müssen die Elektroautos finanzieren, damit die Industrie rechtzeitig den Umstieg schafft.“ Besonders Wert legt der ehemalige Grünen-Politiker darauf zu betonen, dass sein Vorschlag „Industriepolitik pur“ sei. Es gehe darum, „eine der Schlüsselindustrien in Deutschland zu retten.“

Gegen den Unwillen der Deutschen, E-Autos zu kaufen, helfe „nichts außer einer Verschiebung des Preisgefüges“. Palmer sagt, das könne „nur der Staat schaffen“, allerdings findet der Autor dieser Zeilen hier auf EAN, dass die deutsche Autoindustrie nicht ganz unschuldig dabei ist, es versäumt zu haben, günstige Elektroautos zu bauen. Andere Hersteller und Länder schaffen es ja auch. Immerhin will VW ab 2026 den ID.2 für unter 25.000 Euro auf den Markt bringen.

Zurück zu Boris Palmer. „Dass die Klimaziele im Verkehr auf diesem Weg auch erreicht werden könnten, ohne in das Mobilitätsverhalten der Menschen einzugreifen“, nennt er einen „angenehmen Nebeneffekt“. Und er räumt dann doch ein, dass auch die Autohersteller Hebel hätten, die E-Mobilität entschiedener voranzubringen:Eigentlich brauchte es jetzt nur den Mut zu unkonventionellen Maßnahmen und Automanager, die sich für die Zukunft ihrer Unternehmen einsetzen.“

Quelle: FAZ – Warum nicht eine Zulassungsteuer für Verbrenner?

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Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer ist E-Mobility-Journalist und hat stets das große Ganze im Blick: Darum schreibt er nicht nur über E-Autos, sondern auch andere Arten fossilfreier Mobilität sowie über Stromnetze, erneuerbare Energien und Nachhaltigkeit im Allgemeinen.

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Philipp:

Ich habe nicht gelesen, dass dies auf der Streichliste sei, also wird das wohl so kommen. Der Verkehrssektor ist ja weit hinter Ziel und das ist ja eine der Maßnahmen zur Klimaverbesserung. Ich habe schon Ekel beim Tippen, wenn ich diese Geldverschwendung sehe.

Selbst bei 70k€ wird den eh gut Betuchten eine ziemlich hohe Steuerersparnis gewährt.

Yoyo:

Mich würde mal interessieren, wie die Franzosen zu den hohen Zulassungssteuern stehen und ob die Verbrennerkauf dort komplett eingebroechen ist.
Ich vermute, dass die Firmen nach wie vor Verbrenner akufen und zahlen, aber dann tut es denen auch nicht weh und es it denen die Umwelt egal.

Stefan:

Njein. Wenn der Konsumen zu den besseren oder günstigeren Angeboten der Konkurrenz greift, werden Modelle eingestellt. Deutsche Konsumenten sind da Mitschuld, das die Konkurrenz aus Osteuropa, China und Asien und USA immer erfolgreicher wird. Und da Neuwagen zu einem großen Teil von Rentnern gekauft werden, sind das in der Regel Verbrenner, weil hier besonders viele traditionelle und ängstliche Käufer sind. Bei den Dienstfahrzeugen sind es Vorurteile, die BEV den Erfolg verwehren.

Stefan:

Eine sehr gute Idee. Bitte umsetzen. Pro PS 20€ Zulassungssteuer für Verbrenner erheben.

Dr. Kralle:

Soweit ich informiert bin ist die Grenze noch bei 70k für eine Besteuerung von 0,25%. Es war mal die Rede davon, dass die Regierung das erhöhen möchte. Aber ich lasse mich gerne korrigieren und wäre auch echt glücklich hierüber. Aber meine Recherche sagt gerade 70k.

Philipp:

Die neue Bemessungsgrenze ist 95k€.

Dr. Kralle:

Elektrische Fahrzeuge mit einem Listenpreis <= 70k gibt es leider nicht so viele. Zumindest nicht solche, welche die typischen Dienstwagen sind. Jetzt kommt mit dem neuen E-Tron A6 endlich das „typische“ Dienstfahrzeug auf dem Markt. Aber ich bin gespamnt, ob man den unter 70k bekommt. Den Q6 jedenfalls leider nicht.

Pedro G.:

CO2-Bepreisung
Es wäre ganz einfach die CO²-Treibstoffe bis 2035
um je 10% oder mehr pro Jahr FIX verteuern,
das wären dann so ca 5 € plus pro Liter im Jahr 2035 !
Da kann sich jeder entscheiden was er machen will !

Philipp:

„sollten noch mehr Anreize geschaffen werden, dass die meisten Dienstwagen elektrisch werden“

Reichen denn Steuerersparnisse (also NETTO für den Fahrer) bei Dienstwagen in der Höhe von 4000-20000 € innerhalb von 4 Jahren nicht?

Wie viel Steuerersparnis muss man einem BMW X7/Q9/AMG-Fahrer denn noch bieten?

Nostradamus:

Wozu braucht ein E-Auto überhaupt den administrativen Schutz von dem Verbrenner? Kurz und klar, weil schlechter ist, und zwar in Betrachtung von einem einzelnen Fahrzeug bis zu globalen Problemen der gesamten EU-Fahrzeugflotte von 252 Millionen Pkws und 6,2 Millionen mittel- und schweren Lkws, die bald alle elektrisch werden müssen.

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