Ein Prestigeprojekt für die deutsche Auto- und Batterieindustrie, der exklusive Zugang zu einem großen Lithiumvorkommen in Bolivien, bekommt noch mal eine Chance: Die staatliche bolivianische Lithium-Agentur YLB und der deutsche Mittelständler ACI Systems Alemania (ACISA) wollen das im Oktober 2019 annullierte Kooperationsabkommen offenbar doch noch umsetzen. „Es gibt wieder Kontakte“, bestätigte ACISA-Geschäftsführer Wolfgang Schmutz in einem Gespräch mit dem Wirtschaftsmagazin Capital (Ausgabe 09/2021). Bereits im Januar teilte ACISA selbst mit, mit dem Energieministerium der neuen bolivianischen Regierung unter Präsident Luiz Arce in Kontakt zu sein. Ende August sollen nun wieder direkte Gespräche über die Lithiumgewinnung und Industrialisierung aus Restsole am Salar de Uyuni stattfinden.
An dem Erfolg der neuen Verhandlungen sei die gesamte deutsche Autoindustrie höchst interessiert, so das Wirtschaftsmagazin. Sie braucht das bolivianische Lithium für die Batterieproduktion und neue Elektroautos. Bolivien verfügt über etwa ein Drittel der weltweiten Lithiumreserven. Vor zwei Jahren führten wütende Proteste der Lokalbevölkerung zur Kündigung des bereits ausgehandelten Vertrags durch den damaligen Präsidenten Evo Morales. „Diese Proteste wurden von politischen Gegnern des Präsidenten geschürt, um dessen Wiederwahl zu verhindern“, sagt Alberto Echazú, der als Vizeminister für Energie an den Verhandlungen mit den Deutschen beteiligt war.
Die deutsche Seite gehe nun mit einem neuen Ansatz in die Gespräche. „Wir möchten die lokalen Verbände und Institutionen von Anfang an einbeziehen“, sagt Schmutz. ACISA rechnete ursprünglich mit Investitionen von 1,2 Milliarden Euro. 51 Prozent der Anteile an dem Lithium-Joint-Venture sollten die Bolivianer halten, 49 Prozent die Deutschen. „Wir haben den Bolivianern eine Partnerschaft auf Augenhöhe angeboten“, sagt Schmutz. Dazu gehöre zum Beispiel auch die Ausbildung der Fachkräfte vor Ort, Hilfe bei der Industrialisierung entlang der Lithium-Wertschöpfungskette, sowie der Aufbau einer Batteriezellenfabrik. ACISA zufolge entstehen durch das Projekt gut 1000 direkte sowie etwa 10.000 indirekte Arbeitsplätze in einer wirtschaftlich schwachen Region.
Das größte Lithiumvorkommen der Erde
Im Salar de Uyuni befindet sich ACISA zufolge das größte Lithiumvorkommen der Erde. Da es viele Magnesiumsalze enthält, galt es bisher als nicht wirtschaftlich verwertbar. Im Jahr 2016 hatte das bolivianische Staatsunternehmen YLB (Yacimientos de Litio Bolivianos) damit begonnen, für eine Kaliumchlorid- und Lithiumcarbonat-Produktion am Salar de Uyuni große Verdunstungsbecken zu bauen. Die ersten davon wurden zwei Jahre später in Betrieb genommen.
Durch die Verdunstung wird ein lithiumsulfathaltiges Rohsalz für die Lithiumcarbonat-Produktion gewonnen. Die verbleibende Restsole enthält einen hohen Anteil an Magnesium, allerdings auch den größten Teil des in der Ursprungssole enthaltenen Lithiums. Im klassischen Herstellungsprozess kann die Restsole nicht weiter verwertet werden und wird deshalb bislang entsorgt.
ACISA ist es in Zusammenarbeit mit der thüringischen Firma K-Utec gelungen, Lithiumhydroxid in hochreiner Form direkt aus dieser Restsole zu gewinnen. Ein großer Vorteil der entwickelten Technologie sei, dass sie kein eigens zugeführtes Wasser benötige. Gleichzeitig sei das neue Verfahren vergleichsweise kostengünstig. Die vertraglich garantierte Restsole ermögliche die Gewinnung von rund 40.000 Tonnen Lithiumhydroxid pro Jahr. Nur zwei Prozent der Fläche des Salars de Uyuni werde durch das gesamte Projekt genutzt, so ACISA.
Umweltbedenken der Lokalbevölkerung könne er entkräften, sagt Schmutz, da das Lithiumhydroxid aus der Restsole gewonnen wird, die als Abfallprodukt in der bestehenden Anlage anfällt. „Dafür brauchen wir keine Frischwasserquellen, sondern können das vorhandene Wasser immer wieder säubern und verwenden“, sagt er. Und für eine bessere Klimabilanz wollen die Deutschen 30 Prozent des Energiebedarfs der Anlage mit Solarpanels decken. Die Kritiker störten sich auch an der Laufzeit des Projekts von 70 Jahren, heißt es. Hier zeigen sich die Deutschen kompromissbereit: „Wir können eine Laufzeit zwischen 30 und 40 Jahren akzeptieren“, so Schmutz. Bei erfolgreichen Gesprächen soll bereits Ende 2022 mit der Gewinnung von Lithium gewonnen werden können.
Quelle: Capital – Pressemitteilung vom 17.08.2021 / ACISA – Homepage