In Mannheim fand kürzlich ein Treffen von Expert:innen der Elektromobilität statt, organisiert von Connect and Drive und Tronity. Das Hauptthema war die Frage, wie die deutsche Automobilindustrie mit der chinesischen Konkurrenz im Bereich Elektroautos mithalten kann. Diskutiert wurde dies in einem Panel, das spannende Einblicke in die Stärken und Schwächen beider Seiten bot. Dabei zeigte sich, dass die Aussichten für europäische Elektroautos keineswegs so düster sind, wie oft vermutet.
Im E-Mobilitätspanel saßen Ursula Kloé, Managing Partner von Ju-Know, Thilo Stier von Akro-Plastic und Torsten Born von Tronity. Moderiert wurde die Diskussion von Sebastian Henßler, Mitgründer der PR-Agentur Connect and Drive und Herausgeber von Elektroauto-News.net. Zu Beginn erläuterte Ursula Kloé die unterschiedlichen Ansätze bei der Konzeption von Elektroautos. In Europa liegt der Fokus auf dem Fahrersitz, gefolgt vom Beifahrersitz und der Rückbank für Kindersitze. In China hingegen ist im Innenraum besonders der hintere Bereich entscheidend. „In China sitzt man viel lieber hinten“, erklärte Kloé. Ein Beispiel, das die unterschiedliche Herangehensweise an das Fahrzeug an sich offenbart.
China hat jedoch früh erkannt, dass es bei Verbrennungsmotoren immer hinterherhinken würde, und sich deshalb voll auf die Elektromobilität konzentriert. „Ich glaube, die Chinesen haben verstanden, dass sie mit der neuen Antriebstechnologie einen großen Sprung machen können“, so Kloé. Diese Einschätzung wird durch den Markt bestätigt.
Trotz dieser Entwicklungen ist bislang nicht alles für Europa verloren. Thilo Stier von Akro-Plastic betonte die emotionale Bindung, die europäische Marken wie Audi und BMW schaffen. „Fahrzeuge dieser Marken wecken nach wie vor starke Emotionen“, sagte Stier. Das Design und Markenimage spielen dabei eine große Rolle. Deutsche Autos haben einen starken emotionalen Wert, der in asiatischen Fahrzeugen oft fehlt. Auch haben es chinesische Marken schwer, in Deutschland Akzeptanz zu finden. „Ein chinesisches Auto in Stuttgart vor der Tür stehen zu haben, erfordert Mut“, meinte Stier.
Diese Aussage trifft sicherlich auf Auto-Hochburgen wie Stuttgart zu. Dennoch gewinnen chinesische Marken zunehmend an Akzeptanz, da ihr Preis-Leistungs-Verhältnis und Serviceangebot immer attraktiver werden. Stier betont jedoch, dass die chinesische Automobilindustrie schnell lernt und innovativer wird, aber oft zu billig produziert. Dies könnte ihre langfristige Akzeptanz in Europa beeinträchtigen. Europäische Hersteller können durch ihre Qualität und emotionale Bindungen punkten, müssen jedoch bei Digitalisierung und Konnektivität aufholen.
Torsten Born von Tronity sprach über die Herausforderungen bei Software-Lösungen. „China ist in Sachen Digitalisierung auf einem ganz anderen Level“, sagte Born. Doch der Datenschutz stellt für chinesische Hersteller, die in Europa Fuß fassen wollen, ein großes Problem dar. Europäische Datenschutzrichtlinien sind strikt, was es chinesischen Marken erschwert, ihre Software hier zu implementieren. Born nannte den Xiaomi SU7 als Beispiel für ein Elektroauto, das in China großen Erfolg hat, weil es Software gut integriert.
Das Panel war sich einig, dass chinesische Hersteller im Hinblick auf Serviceangebote noch hinterherhinken. Deutsche Autobauer könnten diesen Vorteil durch Umstrukturierungen und Sparmaßnahmen verlieren. Zudem lernen auch die Kund:innen dazu. Henßler wies darauf hin, dass viele europäische Fahrzeuge bereits stark von chinesischer Technologie geprägt sind. „So viel Europa ist in vielen vermeintlich europäischen Fahrzeugen gar nicht mehr drin“, bemerkte er und betonte die Bedeutung der aufkommenden Zusammenarbeit zwischen europäischen und chinesischen Herstellern. Wenn erkannt wird, dass oft mehr China in europäischen Autos steckt, als dem Markt bewusst ist, könnte dies chinesische Marken stärken.
Insgesamt zeigte das Treffen und die Panel-Diskussion in Mannheim, dass die deutsche Automobilindustrie trotz der Konkurrenz aus China weiterhin gute Chancen hat, im Bereich der Elektromobilität erfolgreich zu sein. Wichtig ist, dass die Hersteller ihre Stärken ausbauen und sich gleichzeitig den neuen Herausforderungen der Digitalisierung und veränderten Kundenanforderungen stellen. Dann kann es klappen.
Transparenzhinweis: EAN-Herausgeber Sebastian Henßler ist Mitgründer der PR-Agentur Connect and Drive. Auf die Ergebnisse der hier veröffentlichten Umfrage und die Berichterstattung darüber hat diese Tätigkeit keinen Einfluss.