Deutsche E-Autos: Emotionale Bindung als Vorteil

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Connect and Drive

Sebastian Henßler
Sebastian Henßler
  —  Lesedauer 4 min

In Mannheim fand kürzlich ein Treffen von Expert:innen der Elektromobilität statt, organisiert von Connect and Drive und Tronity. Das Hauptthema war die Frage, wie die deutsche Automobilindustrie mit der chinesischen Konkurrenz im Bereich Elektroautos mithalten kann. Diskutiert wurde dies in einem Panel, das spannende Einblicke in die Stärken und Schwächen beider Seiten bot. Dabei zeigte sich, dass die Aussichten für europäische Elektroautos keineswegs so düster sind, wie oft vermutet.

Im E-Mobilitätspanel saßen Ursula Kloé, Managing Partner von Ju-Know, Thilo Stier von Akro-Plastic und Torsten Born von Tronity. Moderiert wurde die Diskussion von Sebastian Henßler, Mitgründer der PR-Agentur Connect and Drive und Herausgeber von Elektroauto-News.net. Zu Beginn erläuterte Ursula Kloé die unterschiedlichen Ansätze bei der Konzeption von Elektroautos. In Europa liegt der Fokus auf dem Fahrersitz, gefolgt vom Beifahrersitz und der Rückbank für Kindersitze. In China hingegen ist im Innenraum besonders der hintere Bereich entscheidend. „In China sitzt man viel lieber hinten“, erklärte Kloé. Ein Beispiel, das die unterschiedliche Herangehensweise an das Fahrzeug an sich offenbart.

China hat jedoch früh erkannt, dass es bei Verbrennungsmotoren immer hinterherhinken würde, und sich deshalb voll auf die Elektromobilität konzentriert. „Ich glaube, die Chinesen haben verstanden, dass sie mit der neuen Antriebstechnologie einen großen Sprung machen können“, so Kloé. Diese Einschätzung wird durch den Markt bestätigt.

Trotz dieser Entwicklungen ist bislang nicht alles für Europa verloren. Thilo Stier von Akro-Plastic betonte die emotionale Bindung, die europäische Marken wie Audi und BMW schaffen. „Fahrzeuge dieser Marken wecken nach wie vor starke Emotionen“, sagte Stier. Das Design und Markenimage spielen dabei eine große Rolle. Deutsche Autos haben einen starken emotionalen Wert, der in asiatischen Fahrzeugen oft fehlt. Auch haben es chinesische Marken schwer, in Deutschland Akzeptanz zu finden. „Ein chinesisches Auto in Stuttgart vor der Tür stehen zu haben, erfordert Mut“, meinte Stier.

Diese Aussage trifft sicherlich auf Auto-Hochburgen wie Stuttgart zu. Dennoch gewinnen chinesische Marken zunehmend an Akzeptanz, da ihr Preis-Leistungs-Verhältnis und Serviceangebot immer attraktiver werden. Stier betont jedoch, dass die chinesische Automobilindustrie schnell lernt und innovativer wird, aber oft zu billig produziert. Dies könnte ihre langfristige Akzeptanz in Europa beeinträchtigen. Europäische Hersteller können durch ihre Qualität und emotionale Bindungen punkten, müssen jedoch bei Digitalisierung und Konnektivität aufholen.

Torsten Born von Tronity sprach über die Herausforderungen bei Software-Lösungen. „China ist in Sachen Digitalisierung auf einem ganz anderen Level“, sagte Born. Doch der Datenschutz stellt für chinesische Hersteller, die in Europa Fuß fassen wollen, ein großes Problem dar. Europäische Datenschutzrichtlinien sind strikt, was es chinesischen Marken erschwert, ihre Software hier zu implementieren. Born nannte den Xiaomi SU7 als Beispiel für ein Elektroauto, das in China großen Erfolg hat, weil es Software gut integriert.

Das Panel war sich einig, dass chinesische Hersteller im Hinblick auf Serviceangebote noch hinterherhinken. Deutsche Autobauer könnten diesen Vorteil durch Umstrukturierungen und Sparmaßnahmen verlieren. Zudem lernen auch die Kund:innen dazu. Henßler wies darauf hin, dass viele europäische Fahrzeuge bereits stark von chinesischer Technologie geprägt sind. „So viel Europa ist in vielen vermeintlich europäischen Fahrzeugen gar nicht mehr drin“, bemerkte er und betonte die Bedeutung der aufkommenden Zusammenarbeit zwischen europäischen und chinesischen Herstellern. Wenn erkannt wird, dass oft mehr China in europäischen Autos steckt, als dem Markt bewusst ist, könnte dies chinesische Marken stärken.

Insgesamt zeigte das Treffen und die Panel-Diskussion in Mannheim, dass die deutsche Automobilindustrie trotz der Konkurrenz aus China weiterhin gute Chancen hat, im Bereich der Elektromobilität erfolgreich zu sein. Wichtig ist, dass die Hersteller ihre Stärken ausbauen und sich gleichzeitig den neuen Herausforderungen der Digitalisierung und veränderten Kundenanforderungen stellen. Dann kann es klappen.


Transparenzhinweis: EAN-Herausgeber Sebastian Henßler ist Mitgründer der PR-Agentur Connect and Drive. Auf die Ergebnisse der hier veröffentlichten Umfrage und die Berichterstattung darüber hat diese Tätigkeit keinen Einfluss.

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Sebastian Henßler

Sebastian Henßler

Sebastian Henßler hat Elektroauto-News.net im Juni 2016 übernommen und veröffentlicht seitdem interessante Nachrichten und Hintergrundberichte rund um die Elektromobilität. Vor allem stehen hierbei batterieelektrische PKW im Fokus, aber auch andere alternative Antriebe werden betrachtet.
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Philipp:

Auch hier ist das gewagt.

Manchen sind Marken egal, bei Kleidung, Handys, Urlaubszielen oder eben Autos.

Das sind einfach nur individuell unterschiedliche Charaktere. Die gab es schon immer und wird es immer geben. Die einen stehen auf Marken und Statussymbole, die andere nicht. Das ist aber unabhängig vom Produkt. Wem ein Apple Produkt wichtig ist, läuft üblicherweise auch in Markenklamotten rum und fliegt nicht an den Ballermann.

Markenunabhängige Menschen betrifft aber nur einen Teil und genau genommen eher die Minderheit. Es ist das Klientel das auch bisher zu alten Rostlauben, Volvo-Kombies oder Dacia gegriffen hat. Das liegt nicht am Alter.

Smartino:

Ich sage ja nicht, dass sie kein Auto haben. Gerade „draussen“ braucht man eines. Und Familien brauchen ein Familienauto. Nur hegen sie keine besonderen Emotionen für eine bestimmte Marke. Es ist ein Gebrauchsartikel wie die Waschmaschine. Vielen jungen Leuten ist egal, ob ein paar Ringe auf der Front aufgeklebt sind, zwei Trapeze, oder ein Windrad (MB)

panibodo:

Genau das glaube ich nicht. Wir, die wir hier ‚auftreten‘ , denken vielleicht mehrheitlich wir du. Aber ich will einfach nicht glauben, dass wir mehrheitlich ernsthaft darüber nachdenken, wie eine Felge auszusehen hat oder ob man einem Auto vielleicht nicht besser doch ein Leuchtband zwischen den beiden Rückleuchten verpasst hätte. Das ist doch einfach nur erbärmlich, allemal angesichts dessen, was um uns herum passiert.
Ich habe mal versucht, während einer Nachtfahrt die Heckansicht meines Q4 zu sehen. Es ist mir nicht gelungen und ich musste hinterher physiotherapeutische Hilfe in Anspruch nehmen.

panibodo:

Philipp, seht gut!!

Philipp:

Steile These. In Teilen war, aber sicher nicht allgemeingültig. Junge Menschen, die in Innenstädten leben, brauchen kein Auto, absolut war.

Alle anderen die weiter draussen oder in kleineren Städten leben sowie alle die etwas älter werden, setzen genauso auf das Auto wie die Generation davor.

Alle Familien mit Kindern haben ein Auto in der Familie, es sei denn der finanzielle Hintergrund erlaubt kein Auto. Alle, unabhängig vom Alter.

Philipp:

Ich habe von VW eine 4-stellige Entschädigung bekommen, für ein Auto das ich bereits verkauft hatte und mir der Betrug gelinde gesagt am … vorbeigeht, wie wohl 80% der Bevölkerung die auch heute noch Verbrenner kauft, wohl wissend dass diese die Umwelt zerstören. Als wenn das irgendeinen Verbrennerfahrer stören würde, dass das Auto mehr Abgase produziert als angegeben…

Ist für mich ein fadenscheiniges Argument. Du magst VW nicht, ist vollkommen ok, aber tue nicht so bigott und verstecke dich hinter dem (schlimmen) Vorfall.

Alle (wirklich ALLE) Herseller haben betrogen und nur VW hat an alle betroffenen Kunden bezahlt ohne großartig individuelle Klage. Und nur VW hat sich gewandelt, MEB entwickelt, Manager und Ziele geändert, usw. usf.

Entschädigungen:
Das amerikanische Rechtssystem ist sowas von daneben, dass ich mir das hier nicht wünsche. Du weißt schon dass 50% der Gelder von VW an die Anwälte ging? Willst Du das hier auch?
Und was ist der Betrug wert? Hast Du eine begründete Zahl, was DEIN individueller Schaden ist? Ich für meinen Teil hatte zumindest keinen Schaden, sicher nicht 4-stellig. Die Umwelt hatte einen, aber den hat sie durch die Verbrennerverkäufe auch heute noch. Interessiert aber niemanden, der einen Verbrenner fährt und das sind 80% der Verkäufe.

Norbert Seebach:

Soso, nachdem man bei Software und vor allem beim Preis mit den Asiaten nicht mithalten kann, soll es nun die „emotionale Bindung“ an die „deutsche Marke“ richten. Wenn ihr Euch da nicht mal gründlich verrechnet habt. Meine „Emotionen“ bei VW sind bspw eher wütender Natur angesichts der Tatsache, dass im Zuge der juristischen Aufarbeitung des Dieselbetruges (gerade da wäre ich vorsichtig mit „emotionaler Bindung“) us-amerikanische Kunden mit tausenden Dollar entschädigt und die Betrugsfahrzeuge zurückgekauft wurden, während man in D die Betrogenen mit einem billigen Software-Update abspeisen wollte. Andererseits ist es natürlich richtig, dass der über Jahrzehnte bspw hinsichtlich der Verbrauchsangaben hinters Licht geführte und an Mondpreise gewöhnte deutsche Michel ein kurzes Gedächtnis hat. Aber: in Zeiten wo die Vehikel sich immer ähnlicher werden, die ohnehin oft in Billiglohnländern zusammengeschustert werden -ebenso wie viele Zulieferteile und die vermeintlich deutsche Marke sich zu großen Teilen im Besitz von Investoren aus Diktaturen oder autokratisch regierten Ländern befinden, sollte auch der Letzte endlich begriffen haben, dass es bei der „emotionalen Bindung“ nur darum geht, dass der Kunde für ein Produkt mehr Geld ausgibt, als für dieselbe oder bessere Qualität anderswo.

Smartino:

„Sie sind aber, zumindest in Deutschland, in der Minderheit.“
Noch.
Das liegt wohl daran, dass Deutschland an Überalterung leidet.
Die jüngere Generation denkt eher wie Sascha, ausgenommen vielleicht ein paar autofanatische Poser oder Secondos, die mit dem Auto in die Heimat vom Grosi fahren.

pionierska:

Leica Camera AG ist ein Unternehmen, das sich erfolgreich im Markt behauptet, basierend auf der Expertise im Bereich Optik (Leitz Wetzlar) und durch etliche Kooperationen mit asiatischen Firmen wie Minolta, Huawei oder Panasonic. Leica ist also eher ein positives Vorbild für europäische, insbesondere deutsche Atomobilherseller.

Spiritogre:

Bisher liefern die chinesischen Marken aber keine billigen Autos, das machen bisher nur die europäischen.

BYD verschiebt seinen Dolphin-Mini (Seagull) immer wieder. Wenn sie ihn jetzt überhaupt noch bringen, weil er inzwischen auch einfach zu spät ist. Und preislich kostet dieses 9000 Dollar Auto außerhalb von China übrigens selbst in Ländern wie Thailand dann plötzlich ab 22.000 Dollar. Und das ist für die Schüssel dann auch einfach zu viel. Vielleicht ein Stück unter dem Dacia Spring angesetzt, könnte er eine Chance haben. Aber dafür importiert BYD den nicht extra in die EU.

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