Der europäische Automarkt hat sich 2025 stabiler entwickelt als zu Jahresbeginn erwartet. Trotz politischer Unsicherheiten und schwacher wirtschaftlicher Rahmenbedingungen verzeichneten die Märkte in EU, Efta und Großbritannien laut S&P-Experte Martin Benecke ein leichtes Plus. Insgesamt stieg der Absatz um 1,7 Prozent auf 13,25 Millionen Pkw. Benecke spricht von einem besseren Verlauf als zunächst angenommen: „Die Rahmenbedingungen sorgten für große Verunsicherung. Am Ende ist es dann doch besser gelaufen.“
Für 2026 rechnet S&P mit einer vorsichtigen Fortsetzung dieser Erholung. Der Absatz soll um weitere 1,8 Prozent auf rund 13,48 Millionen Einheiten zulegen. Von einer Rückkehr auf das Vor-Corona-Niveau will Benecke jedoch nicht sprechen. „Da ist noch viel Platz nach oben, das Vor-Corona-Niveau ist noch weit weg. Ich gehe davon aus, dass wir es nicht mehr erreichen“, sagt er. Einzelne Märkte könnten sich zwar schneller erholen, insgesamt bleibe Europa aber strukturell unter früheren Volumina.
Großbritannien nimmt Sonderrolle beim (E-)Auto-Absatz ein
Großbritannien nimmt aus Sicht von S&P eine Sonderrolle ein. Prognosen, wonach der Markt Ende 2026 wieder das Vor-Corona-Niveau erreichen könnte, teilt Benecke nicht. Zwar habe es zuletzt eine spürbare Erholung gegeben, doch erwartet er für 2025 nur etwas mehr als zwei Millionen Neuwagen – deutlich weniger als die rund 2,5 Millionen vor der Pandemie. Anders falle das Bild aus, wenn man den Gebrauchtwagenmarkt einbeziehe. „Dann kommen wir dem Niveau näher“, sagt Benecke. Der britische Markt sei stark vom Privatkunden geprägt, unter anderem wegen spezifischer Quotenregelungen im Leasing, die häufigere Fahrzeugwechsel begünstigten.
Zugleich ist Großbritannien aus Sicht chinesischer Hersteller besonders attraktiv. „Für sie ist Großbritannien das Einfallstor nach Europa“, erklärt Benecke. Da es kaum noch eine heimische Autoindustrie gebe, seien Verbraucher offener für neue Marken. Entsprechend hoch sei der Marktanteil chinesischer Anbieter, der bereits zwischen acht und neun Prozent liege – deutlich mehr als in den meisten EU-Ländern.
In Europa insgesamt erwartet S&P für 2026 einen weiteren Anstieg der chinesischen Marktanteile. Viele neue Marken expandieren derzeit stark, Händlernetze sind aufgebaut, lokale Produktion – um die Zölle der EU zu umgehen – steht teilweise bevor. „Im nächsten Jahr könnten chinesische Marken in Europa auf einen Anteil von sieben Prozent kommen“, so Benecke. Parallel dazu rechnet er mit einer zunehmenden Bereinigung. Die Konsolidierung habe in China bereits begonnen, Europa folge zeitversetzt. „Die Flut an Marken, die wir jetzt in Europa sehen, ist schon Wahnsinn“, sagt er und bezweifelt die Mehrmarkenstrategien vieler Hersteller. Langfristig würden „höchstens eine Handvoll“ übrig bleiben, diese dann aber mit relevanten Volumina.
Markteintritt in Deutschland besonders herausfordernd für chinesische Hersteller
Für Deutschland sieht Benecke den Markteintritt chinesischer Hersteller als besonders anspruchsvoll. Die hohe Markenloyalität und die starke Stellung heimischer Anbieter erschwerten den Aufbau. Dennoch erwartet S&P für 2026 eine Verdopplung des chinesischen Marktanteils auf rund vier Prozent, was etwa 120.000 Autos entspräche. Insgesamt soll der deutsche Markt von rund 2,83 Millionen Pkw 2025 auf etwa 2,92 Millionen im kommenden Jahr wachsen. Große Impulse durch eine mögliche Elektro-Förderung erwartet Benecke nicht: „Das sind größtenteils Mitnahme-Effekte.“
Die vorsichtige Zuversicht begründet er weniger mit politischen Maßnahmen als mit strukturellen Faktoren. Der Flottenmarkt bleibe ein zentraler Treiber, das Durchschnittsalter der Autos liege deutlich über zehn Jahren, der Ersatzbedarf sei entsprechend hoch. Zudem rechnet Benecke mit zunehmendem Preisdruck durch den Wettbewerb. Die staatliche Förderung spiele dabei eine untergeordnete Rolle: „Die wird sich für den Endverbraucher nicht sonderlich auswirken.“ Stattdessen würden Hersteller und Händler eigene Nachlässe zurückfahren, während der Wettbewerb – auch durch chinesische Anbieter – für attraktive Angebote sorge.
Den größten Druck sieht Benecke dabei nicht bei deutschen Marken, sondern bei asiatischen Wettbewerbern sowie einzelnen Volumenmarken. „Das trifft weniger die deutschen Hersteller, eher die asiatischen Wettbewerber – Koreaner und Japaner“, sagt er. Probleme erkennt er zudem bei Marken wie Ford und Opel. „Beiden Marken fehlt ein richtiges Gesicht. Wenn die Käufer nicht wissen, woran sie sind, wechseln sie leichter die Marke.“
Quelle: Automobilwoche – „Großbritannien ist das Einfallstor für chinesische OEM“







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