Der polnische Verband für alternative Antriebe (PSPA) gab Ende November 2019 die aktuelle Anzahl aller elektrisch betriebenen PKWs in Polen mit 8225 an, wobei 4886 der Kategorie BEV (Battery Electric Vehicles) zugerechnet werden, während 3 339 PHEV (Plug-In Hybrid Electric Vehicles) sind. Die Ladeinfrastruktur basierte zum selben Zeitpunkt auf 972 Ladesäulen, was 1 764 Ladepunkten entspricht. Etwa 70% der Ladepunkte arbeitet mit Wechselstrom (AD) und 30% mit Gleichstrom (CD). Die überwiegende Mehrheit (65%) ermöglicht das Laden sowohl mit Typ 1 als auch mit Typ 2-Steckern. Die CCS-Stecker gibt es an 14% der Ladepunkte. Ebenso häufig sind die CHAdeMO-Stecker. Lediglich 7% der Ladepunkte sind für Tesla Supercharger vorgesehen.
Der Energieexperte und Chefredakteur des Fachportals WysokieNapiecie.pl, Bartłomiej Derski, sieht im Carsharing eine große Chance für Elektroautos in Polen. Das Angebot ist nach Aussage Derskis sehr vielfältig und der starke Wettbewerb führe dazu, dass die Anbieter durch Innovationen hervorstechen wollen. Das Carsharing wird in Polen als free floating angeboten. Mit Hilfe einer App ist es möglich das Fahrzeug zu finden, zu nutzen und wieder abzustellen. In vielen Städten ist das Parken für die Carshingfahrzeuge in der Innenstadt kostenlos. Außerdem stehen in einigen Städten, wie z.B. in Poznań, spezielle Parkplätze für Carsharingfahrzeuge zur Verfügung.
Im Jahr 2018 gab es lediglich 6 Carsharinganbieter in Polen. Ende August 2019 boten bereits 11 Unternehmen Carsharingdienste an. Einer der neuen Anbieter ist Innogy GO, eine Tochterfirma des deutschen Energieversorgers RWE, der seit April 500 elektrische BMW i3 anbietet. Der polnische Energiekonzern PGE übernahm hingegen zusätzlich zur eigenen E-Autoofferte (PGEmobility.pl) das Carsharingunternehmen 4Mobility. Ein anderer polnischer Energieriese Tauron S.A. setzt mit seinem Angebot Tauron eCar ebenfalls vollständig auf E-Mobilität.
Ende August 2019 hatten 5 von 11 Carsharingunternehmen ausschließlich Elektroautos in ihren Flotten. Neben Innogy GO, PGEmobility.pl und Tauron eCar, die alle von finanzstarken Energiekonzernen unterstützt werden, bieten auch GreenGoo und Vozilla ausschließlich E-Autos an. GreenGoo nahm im November 2018 mit 13 E-Autos, BMW i3, den Betrieb auf. Die Firma konzentriert sich auf Katowice und das nahegelegene Umland. Das Ziel von GreeGoo ist der Einsatz von 60 elektrischen BMW i3. Bei Vozilla handelt es sich um eine öffentlich-private Partnerschaft zwischen der Stadt Wrocław und der Firma Enigma. Vozilla bietet seit Ende 2017 insgesamt 200 E-Autos an. Davon sind 150 PKWs des Typs Nissan Leaf, 40 Renault ZOE und 10 Nissan e-NV200. Zukünftig werden aber die Nissan Leaf-Fahrzeuge durch weitere Renault ZOE abgelöst. Ende des Jahres 2019 standen bei Vozilla 240 elektrische Fahrzeuge zur Verfügung.
Vozilla ist es gelungen einen Vertrag mit dem Regionalflughafen von Wrocław zu schließen, damit die E-Autos von Vozilla kostenlos auf den VIP-Parkplätzen in der Nähe der Terminals stehen können. Im November feierte das Vozilla-Projekt sein zweijähriges Bestehen. Der Hauptverantwortliche von Vozilla Miłosz Franaszek fasste den Zeitraum folgendermaßen zusammen:
„Hinter uns liegen zwei sehr aktive Jahre, in denen wir stets versucht haben, auf Benutzerwünsche zu reagieren, das System zu verbessern und neue Produkte einzuführen. Das Projekt war von Anfang an sehr beliebt und seine Popularität schwächt sich nicht ab. Wir stellen fest, dass die Anzahl der neuen Benutzer stetig zunimmt.“ Aktuell verzeichnet Vozilla 60 000 Nutzer.
Ein ähnliches Projekt sollte bereits Anfang 2019 in Kraków anlaufen. Allerdings gelang es dem Projekt KraCar bis heute nicht, den Betrieb aufzunehmen.
Aleksandra Fedorska ist polnisch-deutsche Politologin und Publizistin. Sie arbeitet als Korrespondentin für polnische und deutsche Medien in den Fachbereichen Energiepolitik und E-Mobilität. Fedorska lebt und arbeitet im schleswig-holsteinischen Jagel und in der polnischen Stadt Poznań.