BYD startet E-Auto-Produktion in Brasilien

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Michael Neißendorfer
Michael Neißendorfer
  —  Lesedauer 5 min

Der chinesische Autohersteller BYD, der seit einiger Zeit eine sehr ehrgeizige, globale E-Auto-Offensive verfolgt, hat in Brasilien mit der Produktion von Elektroautos begonnen, als erstes Modell lief ein Dolphin Mini vom Band, der in Europa als Dolphin Surf vermarktet wird und ab knapp 23.000 Euro zu haben ist. Den Dolphin Mini hat BYD bislang in China gefertigt und nach Brasilien exportiert, es ist dort mit mehr als 34.000 Einheiten das meistverkaufte Elektroauto.

Nun beginnt mit der Fertigung im brandneuen BYD-Werk in brasilianischen Camaçari, Bundesstaat Bahia, ein neues Kapitel. Seit seiner Weltpremiere im April 2023 hat der Dolphin Mini bereits die Marke von einer Million verkauften Einheiten überschritten. Neben zahlreichen weiteren internationalen Auszeichnungen wurde das Modell 2025 von der Jury der World Car Awards zum World Urban Car of the Year gekürt.

„Wir sind einer der weltweit größten Investoren in Forschung und Entwicklung, und jetzt fließt all diese Intelligenz in unser brasilianisches Werk. Vom ersten Spatenstich bis zur Fertigstellung des ersten Autos vergingen nur 15 Monate. Dies ist nicht nur ein Meilenstein für BYD, sondern ein Wendepunkt für die nachhaltige Mobilität in ganz Lateinamerika. Wir haben Bahia wegen seiner leidenschaftlichen Menschen, seiner qualifizierten Arbeitskräfte und seines bahnbrechenden Potenzials ausgewählt”, sagt Stella Li, Global Executive Vice President und CEO von BYD Americas und Europe.

Der Kompaktwagen Dolphin Mini ist nicht das einzige Modell, das BYD in Bahia fertigt – übrigens in einem Industriekomplex, aus dem sich im Jahr 2021 der Autohersteller Ford nach nur 20 Jahren Nutzung überraschend verabschiedet hat. Auch der Plug-in-Hybrid Song Pro, ein SUV, wird in dem nun dort angesiedelten BYD-Werk gefertigt, später soll die Plug-in-Hybrid-Limousine King hinzukommen.

„Wir verwandeln Camaçari in ein zukunftsorientiertes Aushängeschild. Diese Fabrik besteht nicht nur aus Ziegeln und Maschinen – sie ist ein Symbol für Vertrauen, Innovation und den Glauben an Brasilien. BYD ist hier mit einer klaren Mission angetreten: das nächste Kapitel der brasilianischen Autoindustrie aufzuschlagen“, kommentiert Alexandre Baldy, Senior VP und Head of Sales & Marketing bei BYD Auto Brazil.

Die Fabrik der Zukunft

Das Werk in Camaçari – bei dessen Bau BYD sich juristisch noch nicht final geklärten Anschuldigungen von Menschenhandel und widrigen Arbeitsverhältnissen ausgesetzt sah – zeichnet sich BYD zufolge durch fortschrittliche Technik in der Form von Automatisierung, intelligenter Logistik und Echtzeit-Tracking aus. Die Montagelinie arbeitet nicht auf herkömmliche Art und Weise, sondern in einem leistungsfähigen Zusammenspiel aus Robotern und Datensystemen, in dem die Autos präzise bewegt werden.

BYD

Ein intelligentes Sequenzierungssystem gebe den Modellen mit der höchsten Nachfrage Vorrang in der Produktion. Jedes Auto wird in Echtzeit verfolgt, während es die Fertigungslinie durchläuft. Roboter übernehmen alle Aufgaben, vom Einbau der Scheiben bis zum Festziehen der Batterien. Der Raum werde dreidimensional und zentimetergenau effizient genutzt. BYD betont, dass die Montage zudem sehr leise verlaufe: Ein neuartiges geräuscharmes Reibungssystem halte den Lärmpegel unter 70 Dezibel und schaffe so eine angenehme Arbeitsumgebung. Das Gebäude selbst ist mit einer Fläche von 156.800 Quadratmetern eines der größten in Lateinamerika, das nun ausschließlich für die Produktion von Elektroautos und Plug-in-Hybriden bestimmt ist.

Ehrgeizige Pläne, nicht nur für Brasilien

BYD investiert insgesamt 5,5 Milliarden brasilianische Reais (etwa 860 Millionen Euro) in seinen Komplex in Camaçari, der sich über 4,6 Millionen Quadratmeter erstreckt – das entspricht 645 Fußballfeldern. Nach Abschluss aller Phasen sollen durch das Projekt bis zu 20.000 direkte und indirekte Arbeitsplätze entstanden sein.

Das Werk werde zunächst mit einer Jahreskapazität von 150.000 Fahrzeugen in Betrieb gehen, die in der zweiten Phase auf 300.000 erhöht werden soll. Zunächst wird die Fabrik im SKD-System (Semi Knocked-Down) betrieben. Im Anschluss soll sie schrittweise auf vollständige lokale Fertigung umgestellt werden, einschließlich Stanzen, Schweißen, Lackieren und einem erhöhten Anteil an in Brasilien hergestellten Komponenten.

Ergänzt wird dieser Fahrplan durch die Entwicklung eines Flex-Fuel-Hybridmotors, des 1.5 DM-i, der in Zusammenarbeit zwischen chinesischen und brasilianischen Wissenschaftlern entworfen und gebaut wurde. Der Antriebsstrang kann sowohl mit Benzin betrieben werden als auch mit Ethanol – Brasiliens wichtigstem erneuerbaren Kraftstoff.

Vom ersten Spatenstich zum Wegbereiter

Der Bau des Werks wurde im Juli 2023 in Salvador, der Hauptstadt des Bundesstaates Bahia, angekündigt, im März 2024 begannen die Bauarbeiten. Jetzt, 15 Monate später, hat das Werk den Testbetrieb aufgenommen. Über 1000 Mitarbeiter seien bereits Teil des Betriebs in Camaçari – Hunderte von Subunternehmern nicht mitgerechnet. Bis Ende dieses Jahres sollen 3000 neue Arbeitsplätze geschaffen werden.

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BYD hat sich innerhalb weniger Jahre zum Marktführer im Bereich der Elektroautos und Plug-in-Hybride entwickelt. Die Marke liegt nicht nur vor allen anderen Elektroautoherstellern, sondern übertrifft in China auch die großen traditionellen Autohersteller. BYD sieht sich als Triebfeder grüner Technologie, kontrolliert seine gesamte Produktionskette und verfügt über eigene Kerntechnologien in den Bereichen Batterien, Elektromotoren und Steuerungssysteme.

In Brasilien ist BYD zum Symbol der Antriebswende geworden. Allein im Mai entfielen neun von zehn verkauften Elektroautos und eines von drei Hybridfahrzeugen auf die Marke. BYD ist bereits die viertgrößte Marke des Landes und setzt sich damit vor Autohersteller, die dort seit Jahrzehnten tätig sind.

Europa als nächster angepeilter Produktionsstandort für BYD

Das Werk in Brasilien stellt das neueste Beispiel der BYD-Strategie zur Globalisierung durch Lokalisierung dar, indem Autos in den Regionen hergestellt werden, wo sie auch verkauft werden sollen. BYD macht indes auch Fortschritte auf dem Weg zum nächsten strategischen Ziel: sein erstes europäisches Pkw-Werk. Die im ungarischen Szeged angesiedelte Fabrik soll Ende 2025 bereit sein, Autos zu produzieren.

Quelle: BYD – Pressemitteilung vom 03.07.2025

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Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer ist E-Mobility-Journalist und hat stets das große Ganze im Blick: Darum schreibt er nicht nur über E-Autos, sondern auch andere Arten fossilfreier Mobilität sowie über Stromnetze, erneuerbare Energien und Nachhaltigkeit im Allgemeinen.

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steinpilz:

Roboter übernehmen alle Aufgaben. Das kann ich mir nicht vorstellen. Kabelbäume anstecken ist sehr schwierig für Roboter.

Reinhold:

Na endlich, jetzt fällt die Steuer auf Cinesisch PKW weg
Denn die kommen jetzt aus Brasilien
Toll

ID.alist:

Für mich ist es wichtiger wie die Anklage der Staatsanwaltschaft wegen Menschenhandelns endet. Oder sollen wir die Sklaverei wieder feiern, weil uns billige Produkte beschert.

„Jedes Auto wird in Echtzeit verfolgt, während es die Fertigungslinie durchläuft. Roboter übernehmen alle Aufgaben, vom Einbau der Scheiben bis zum Festziehen der Batterien.“
Das passiert in jede Fabrik von jeden OEM Weltweit.

„Der Antriebsstrang, welcher sowohl mit Benzin betrieben werden kann als auch mit Ethanol ….“
Können fast alle wenn nicht alle Benzinmotoren in Brasilien. Und der Motor ist nicht von „Wissentschaftler“ entwickelt worden, es ist höchsten von Ingenieure angepasst worden an den Treibstoff.

„Das Werk in Brasilien stellt das neueste Beispiel der BYD-Strategie zur Globalisierung durch Lokalisierung dar, indem Autos in den Regionen hergestellt werden…“
Ein paar Absätze davor hieß es, dass die Autos in Brasilien nur Montiert werden (SKD-Verfahren) aus Autoteilen die Momentan zum größten Teil nicht aus Brasilien stammen.

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