„Sklavenähnliche Bedingungen“: Brasilianische Staatsanwaltschaft verklagt BYD

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Tobias Stahl
Tobias Stahl
  —  Lesedauer 3 min

Die brasilianische Staatsanwaltschaft für Arbeitsrecht (MPT) hat vorige Woche Klage gegen BYD eingereicht. Die Staatsanwaltschaft wirft dem chinesischen Autobauer Menschenhandel und „sklavenähnliche Arbeitsbedingungen“ beim Bau einer Fabrik im brasilianischen Bundesstaat Bahia vor. Die Klage fordert laut einer Erklärung der Staatsanwaltschaft die Zahlung von Schadenersatz in Höhe von 257 Millionen Real (knapp 39 Millionen Euro) von BYD und zwei Subunternehmern, JinJiang und Tecmonta, sowie individuelle Entschädigungen für die Arbeiter.

Die Staatsanwaltschaft will die betroffenen Unternehmen zudem zur Einhaltung verschiedener Arbeitsvorschriften zwingen und fordert bei Nichtbeachtung Geldstrafen in Höhe von 50.000 Reais (rund 7600 Euro) für jeden Verstoß, multipliziert mit der Anzahl der betroffenen Arbeiter.

Chinesische Arbeiter in brasilianischem BYD-Werk sollen Entschädigung erhalten

BYD erklärte daraufhin, dass das Unternehmen sich zur Einhaltung der Menschenrechte verpflichtet habe und die brasilianischen und internationalen Arbeitsschutzbestimmungen respektiere. In einer Stellungnahme erklärte BYD weiter, dass es mit der Staatsanwaltschaft kooperieren und vor Gericht auf die Anschuldigungen eingehen werde.

Im Dezember 2024 hatte die Staatsanwaltschaft mitgeteilt, dass 220 chinesische Arbeitnehmer, die von BYD-Subunternehmern im Bundesstaat Bahia eingestellt worden waren, unter „sklavenähnlichen Bedingungen“ arbeiten mussten. Der Staatsanwaltschaft zufolge seien die Arbeiter auch Opfer des internationalen Menschenhandels geworden. Laut dem stellvertretenden Staatsanwalt für Arbeitsrecht Fabio Leal hatte man im Dezember Gespräche mit den drei beschuldigten Unternehmen begonnen, diese seien jedoch ohne eine Einigung zu Ende gegangen. Leal lehnte es ab, weitere Details darüber zu nennen, warum die Gespräche erfolglos geblieben waren, berichtet Reuters.

Leal zufolge seien die Arbeiter illegal nach Brasilien gebracht worden, man habe ihnen außerdem Arbeitsbedingungen versprochen, die nicht eingehalten worden seien. Die chinesischen Arbeiter, die inzwischen alle nach China zurückgekehrt seien, würden dort etwaige Zahlungen aus einer Klage erhalten, wobei die Unternehmen in Brasilien für den Nachweis der Zahlung verantwortlich seien.

Staatsanwaltschaft: „Unsere Klage ist sehr gut begründet“

Eine Einigung sei derzeit noch möglich, obwohl sie nun durch das Gericht vermittelt werden müsse, so der Staatsanwalt weiter. „Unsere Klage ist sehr gut begründet, da im Laufe der Ermittlungen umfangreiche Beweise vorgelegt wurden“, erklärte Leal.

Brasilianische Behörden hatten den Bau der Fabrik Ende vergangenen Jahres zeitweise gestoppt. Laut einem Bericht der BBC mussten die Arbeiter vor Ort in beengten Unterkünften mit „minimalem Komfort und hygienischen Bedingungen“ leben, so die MPT. Einige Arbeiter schliefen demnach auf Betten ohne Matratzen, eine Toilette habe von 31 Personen gemeinsam genutzt werden müssen, hieß es in einer Erklärung. Der Staatsanwaltschaft zufolge seien den Mitarbeitern auf der Baustelle außerdem ihre Pässe abgenommen worden und sie hätten unter „Arbeitsverträgen mit illegalen Klauseln, erschöpfenden Arbeitszeiten und ohne wöchentliche Ruhezeiten“ arbeiten müssen. Bis zu 70 Prozent des Lohns der Arbeiter sei einbehalten worden, zudem seien sie mit hohen Kosten für die Kündigung ihrer Verträge konfrontiert worden.

Das BYD-Werk sollte ursprünglich bis März 2025 betriebsbereit sein. Es handelt sich um BYDs erstes E-Auto-Werk außerhalb Asiens. Der Hersteller strebt seit einiger Zeit eine stärkere Präsenz in Brasilien an, das Land gilt als größter Überseemarkt für BYD. Schon im Jahr 2015 hatte der Autobauer erstmals eine Fabrik im brasilianischen São Paulo eröffnet, dort werden Fahrgestelle für Elektrobusse hergestellt.

BYD ist inzwischen der größte E-Autobauer der Welt nach Auslieferungszahlen – im vergangenen Jahr hat der chinesische Konzern den bisherigen Platzhirsch Tesla überholt.

Quellen: Reuters – Brazil prosecutors sue Chinese carmaker BYD for violating labor rights / BBC – Brazil sues China carmaker BYD over ’slave-like‘ conditions

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Tobias Stahl

Tobias Stahl

Tobias Stahl kann sich für alle Formen der Fortbewegung begeistern, aber nachhaltige Mobilität begeistert ihn besonders. Da ist es kein Wunder, dass er schon seit 2019 über E-Autos, erneuerbare Energien und die Verkehrswende berichtet.
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Pedro G.:

Der Bericht ist von BRASILIEN nicht von Ungarn dort wäre SOWAS nicht möglich ⁉️

Peter Bigge von Berlin:

Aktuelle Nachrichten berichten heute über schockierende Fälle von organisierter Kriminalität und moderner Sklaverei mitten in Deutschland. Rumänische und bulgarische Staatsbürger werden offenbar von mafiösen Strukturen zur Arbeit für Hungerlöhne gezwungen. Besonders perfide ist dabei, dass den Opfern zudem ihr zustehendes Bürgergeld abgenommen wird, während sie unter menschenunwürdigen, viehähnlichen Bedingungen untergebracht sind.
Ohne Worte…

Wolfbrecht Gösebert:

„… die Nachricht [soll] in Bezug nur auf BYD polarisieren, wobei es ja nicht direkt um BYD-Mitarbeiter geht, sondern um eine beauftragte Baufirma …“
Ja, danke – völlig richtig!

„Lasst Euch den Kaffee und das Steak schmecken …“
Kaffee trinke ich u.a. die Südmexiko-Sorte „Café Sonrisa“ aus fairem Handel, Steaks esse ich sowieso nie … :)

Wolfbrecht Gösebert:

„… im allgemeinen Sprachgebrauch [gibt es] einen feinen Unterschied zwischen E-Auto und E-Bus“

Ja :))

Wolfbrecht Gösebert:

Nicht überrascht, da selbst beim Bau von „Nobel“-Einkaufs-Centern in -D- Sub- und auch SubSub-Unternehmen unter entsprechenden Umständen beauftragt wurden, sind prekäre Arbeitsverhältnisse auch hier schon aufgedeckt worden … aber generell gut, wenn der Generalunternehmer/Haupt-Auftraggeber mithaftet!

Peter Bigge von Berlin:

Die haben noch nicht die Arbeitsverhältnisse von Erntehelfern in Deutschland gesehen.
Ganz davon abgesehen, soll die Nachricht in Bezug nur auf BYD polarisieren, wobei es ja nicht direkt um BYD-Mitarbeiter geht, sondern um eine beauftragte Baufirma, wer örtliche Nachrichten liest ist klar im Vorteil.
Denn slavenähnliche Arbeitsmodelle sind in Brasilien an der Tagesordnung, so den Nachrichten zu entnehme ….:
„In Brasilien bestehen diverse Missstände im Bereich der Arbeit, darunter sklavenähnliche Arbeitsverhältnisse, insbesondere in der Landwirtschaft (z.B. Kaffeeanbau und Viehzucht). Auch die Ausbeutung von Arbeitskräften in der Textilindustrie und bei Kurierdiensten ist ein großes Problem. Zusätzlich gibt es geschlechtsspezifische und ethnische Ungleichheiten auf dem Arbeitsmarkt sowie Herausforderungen durch die alternde Bevölkerung und die digitale Transformation. “
Lasst Euch den Kaffee und das Steak schmecken … und immer schön den Zeigefinger polieren

Michael Neißendorfer:

Bitte einfach so hinnehmen, dass es im allgemeinen Sprachgebrauch einen feinen Unterschied zwischen E-Auto und E-Bus gibt ; )

Wolfbrecht Gösebert:

Äh, für mich gehören „Busse“, auch „Autobusse genannt“, ganz eindeutig zu den „Automobilen“ – und nun ?-)

Michael Neißendorfer:

Bitte unterscheiden zwischen Autos und Bussen. Die 2016 errichtete Fabrik baut letzteres, die Aussage „erstes E-Auto-Werk außerhalb Asiens“ stimmt also. Schöne Grüße, Michael

Wolfbrecht Gösebert:

Der Hinweis im Artikel, dabei handelt es sich „um BYDs erstes E-Auto-Werk außerhalb Asiens“ trifft soo nicht zu:

BYD hat nämlich schon 2016(!) eine Hightech-Elektrobus-Produktionsstätte in Komarom/Ungarn errichtet. Das hat anschließend zu weiteren Investitionen von BYD in Ungarn geführt, die im dann Dezember 2023 in der Ankündigung des 4-Mrd-€-Werksneubaus für NEVs in Szeged ihren (bisherigen) Höhepunkt erreicht haben!

BTW: Szeged soll ab Ende 2025 (nach Fertigungshochlauf) rund 200.000 Pkw pro Jahr produzieren.

Ich hoffe nur, dass die ungarischen Behörden und Gewerkschaften solche Mißstände wie in Brasilien nicht zulassen.

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