Bayernwerk und Audi testen intelligente Ladesteuerung erfolgreich

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Bayernwerk

Michael Neißendorfer
Michael Neißendorfer
  —  Lesedauer 3 min

Wie lassen sich die E-Mobilität, Netzsteuerung und Ladeverhalten ideal zusammenbringen? Dieser Frage widmeten sich der Netzbetreiber Bayernwerk Netz GmbH (Bayernwerk) und der Automobilhersteller Audi seit April 2021 in einer Testreihe namens MerGE. Dabei wurden 20 Mitarbeiter:innen des Bayernwerks mit einem Audi e-tron und speziell ausgerüsteter Ladetechnik in einer einjährigen Testphase auf die Straße geschickt, um wichtige Erkenntnisse in der Vernetzung der Sektoren Verkehr und Energie zu sammeln. Mit den gewonnenen Daten konnten erste Rückschlüsse auf das Ladeverhalten gezogen werden.

Die Auswahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für den Test in der Praxis erfolgte durch ein Losverfahren. Sie bekamen je einen Audi e-tron 55 quattro sowie eine installierte Wallbox mit speziellem Steuer- und Messschrank bereitgestellt. Die Teilnehmer nutzten die E-Autos für ihren Alltag und auch für Urlaube oder längere Ausflüge. Eine cloudbasierte Rechenplattform der Firma Venios ermöglichte dabei den virtuellen Zusammenschluss von Testhaushalten zu einem gemeinsamen Niederspannungsnetz. Die Übermittlung der Daten zu den Energieverbräuchen für Haushalt und Ladevorgänge an das virtuelle Netzwerk fand in Echtzeit statt. Damit wurde die aktuelle Netzauslastung bestimmt und der zusätzliche Leistungsbedarf für die Elektromobilität realitätsnah nachgebildet.

Anhand der Ergebnisse zur Gleichzeitigkeit von Ladevorgängen konnten wir aktuelle Planwerte der Stromnetzauslegung plausibilisieren. Bei einer hohen Durchdringung der E-Mobilität führt dies teils in bestehenden Netzen zu einem benötigten Netzausbau. Durch die Möglichkeit der intelligenten Steuerung kann die Integration der Elektromobilität von der Dauer des notwendigen Infrastrukturausbaus entkoppelt werden“, sagt Dr. Frank Wirtz, verantwortlich beim Bayernwerk für die Netzintegration der Elektromobilität.

Das Potential, kundenfreundlich Ladevorgänge zu steuern und dabei einen netzdienlichen Effekt zu erzeugen, konnte im Feldtest bestätigt werden. In der Regel wurde nach Feierabend über Nacht geladen. Gerade in den Abendstunden jedoch ist die Netzauslastung in der Niederspannung häufig sehr hoch. Eine Reduzierung der Ladeleistung in diesem Zeitraum hat somit bei einer hohen Gleichzeitigkeit der Ladevorgänge einen netzdienlichen Effekt. Dieser möglichen Ladedauer über Nacht von häufig über zehn Stunden bis zum Abfahrtszeitpunkt am nächsten Morgen stand meist eine benötigte Ladedauer von nur etwa drei bis vier Stunden gegenüber. Diese lange Ansteckdauer über Nacht lässt auch eine abschnittsweise Reduzierung der Ladeleistung zu, ohne die Mobilitätsbedürfnisse der Teilnehmer einzuschränken. Um dies in der Praxis anzuwenden, sei allerdings noch ein klarer gesetzlicher Rahmen notwendig, so Bayernwerk in einer aktuellen Mitteilung.

Im Durchschnitt wurde zu etwa 80 bis 90 Prozent bei den Nutzer:innen zuhause geladen – eine Umfrage unter den Teilnehmenden bestätigte die Beliebtheit dieser komfortablen Lademöglichkeit. Alternativ bieten auch öffentliche Ladesäulen eine unkomplizierte Möglichkeit zu Laden – bei einer höheren Ladeleistung sind hier auch wesentlich kürzere Ladezeiten möglich als zuhause.

Kundenfreundliche Lademöglichkeiten im Mittelpunkt

Neben netzdienlichen Eigenschaften kann das Netz der Zukunft auch weitere kundenfreundliche Innovationen bereitstellen. Mit Anreizfahrplänen könnten in der Zukunft beispielsweise Preisimpulse basierend auf der Erzeugung lokaler erneuerbaren Energien gesetzt werden. „Intelligente Ladefunktionen zur erweiterten Ladeplanung sind beim Audi e-tron bereits heute mit dem Ladesystem connect im Zusammenspiel mit einem kompatiblen Home Energy Management System möglich“, erläutert Dr. Andreas Thanheiser.

Der Ladewunsch des Kunden werde dabei optimal berücksichtigt und die Steuerung in der myAudi App erlaube es, individuelle Prioritäten festzulegen – etwa das Laden zu kostengünstigen Zeiten bei einem variablen Stromtarif. Verfügt der Haushalt über eine Photovoltaik-Anlage, kann das Auto bevorzugt mit selbsterzeugtem Strom geladen werden. Prognostizierte Sonnenscheinphasen gehen dabei in die Ladeplanung mit ein.

Das Beispiel zeigt: Elektromobilität und Energieversorgung sind untrennbar miteinander verwoben. Der Anstieg von Elektroautos hat einen enormen Einfluss auf das Stromnetz, bietet aber gleichzeitig auch großes Potential. Letztlich gelte es, hier eine optimale Abstimmung zu finden, bei der der Kunde im Mittelpunkt steht, denn Energie- und Verkehrswende können nur branchenübergreifend gelingen. Mit MerGE konnten Bayernwerk und Audi gemeinsam wichtige Kenntnisse für das Stromnetz und die Mobilität der Zukunft sammeln.

Quelle: Bayernwerk – Pressemitteilung vom 17.10.2022

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Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer ist E-Mobility-Journalist und hat stets das große Ganze im Blick: Darum schreibt er nicht nur über E-Autos, sondern auch andere Arten fossilfreier Mobilität sowie über Stromnetze, erneuerbare Energien und Nachhaltigkeit im Allgemeinen.

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Tim Wolf:

Flexible Strompreise… Demand Side Management… die Schlüsselbegriffe sind bekannt und technisch leicht umsetzbar.

Groß:

Fortschritt durch Studien und nicht durch Technik.
aber es ist ja schon sehr erstaunlich für welche Studien Audi investiert anstatt mal Autos zu bauen welche wirklich auf dem Stand der Zeit sind.

Tobi:

Der Weg für Dinos ist steinig. Da muss man sich auch über Solches freuen :-)

Martin:

Das sind ja phänomenale Erkenntnisse. Gut, dass diese Studie durchgeführt wurde. Wäre man sonst nie drauf gekommen. Wer konnte schon ahnen, dass ein BEV abends zum Zeitpunt maximaler Netzbelastung (17-22 Uhr) eingestöpselt, zusätzliche Belastung bedeutet. Und, dass ein späterer Ladebeginn in den Nachtstunden tatsächlich ausreicht, das Fahrzeug bis zum nächsten Morgen trotzdem vollzubekommen…einfach nur wow.

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