Wie Batteriespeicher Schnellladen wirtschaftlicher machen

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Sebastian Henßler
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  —  Lesedauer 6 min

Der Ausbau der Schnellladeinfrastruktur bleibt eine zentrale Herausforderung der Elektromobilität. In vielen Regionen scheitern Projekte an hohen Netzanschlusskosten, langwierigen Genehmigungsverfahren oder fehlenden Netzkapazitäten. Batteriegestützte Systeme wie jene von Elmi Power bieten hier einen alternativen Ansatz, der wirtschaftliche und technische Hürden minimieren kann. Durch die Kombination aus Energiespeicher, intelligentem Lastmanagement und flexiblen Betriebsmodellen lassen sich Ladepunkte schneller und oft günstiger realisieren als mit klassischen Mittelspannungsprojekten.

Ein wesentlicher Vorteil liegt in den Investitionskosten. Während ein Mittelspannungsanschluss inklusive Baukostenzuschüssen schnell 150.000 bis 200.000 Euro kostet, benötigen batteriegestützte Systeme im Schnitt nur etwa 8000 Euro für den Netzanschluss. Der Speicher ermöglicht hohe Ladeleistungen auf Basis eines Niederspannungsanschlusses, sodass auf teure Netzumbauten verzichtet werden kann. Für viele Betreiber verkürzt sich damit der Return on Investment erheblich. Wie Stefan Hahn, Director Product Management bei Elmi Power, gegenüber Elektroauto-News erklärt, sollen sich solche Projekte häufig schon nach drei bis sechs Monaten amortisieren.

Der laufende Betrieb profitiert ebenfalls. Durch aktive Speicherbewirtschaftung kann der Strombezug flexibel an Marktpreise angepasst werden. Netzgebühren und Lastspitzen lassen sich um 60 bis 80 Prozent verringern, da der Speicher Strom zu günstigeren Zeiten aufnimmt und bei Bedarf abgibt. Zusätzlich eröffnet die Teilnahme am Intraday-Markt neue Einnahmequellen, die an gut ausgelasteten Standorten bis zu 30.000 Euro im Jahr erreichen können. Betreiber generieren damit zusätzliche Erlöse, die unabhängig vom tatsächlichen Ladebetrieb entstehen.

Kombination von Ladeinfrastruktur, Batteriespeicher und Photovoltaik überzeugt

Ein weiterer Baustein wirtschaftlicher Modelle ist die Integration von Photovoltaik. Wird Solarstrom vor Ort erzeugt und im Speicher zwischengespeichert, sinken die Stromkosten im Flottenbetrieb auf unter 17 Cent pro Kilowattstunde. Dadurch entstehen Modelle, die wirtschaftliche Vorteile mit einem hohen Anteil erneuerbarer Energien verbinden. Darüber hinaus lassen sich digitale Werbeflächen auf den Displays der Ladesäulen monetarisieren oder datenbasierte Dienste integrieren, die weitere Erträge ermöglichen. „Die wirtschaftliche Betrachtung endet nicht beim Ladevorgang“, so Florian Jurig aus dem Marketing-Team bei Elmi Power. „Ein Speicher wird zunehmend Teil eines größeren, digital gesteuerten Energie- und Vermarktungssystems.“

Es gibt aber auch Faktoren, die die Betreiber berücksichtigen müssen. Ein zentraler Punkt ist die Investition in den Speicher selbst. Auch wenn die Netzanschlusskosten gering ausfallen, kostet ein Lithium-Ionen-Großspeicher weiterhin 350 bis 450 Euro pro kWh – ein 340- bis 600-kWh-System liegt damit realistisch zwischen 120.000 und 270.000 Euro. Zusammen mit EMS-Software, messstellenrelevantem Equipment und Installation entstehen zusätzliche 10.000 bis 25.000 Euro. Damit können Batteriespeicher 40 bis 60 Prozent der Gesamtinvestition eines Projekts ausmachen.

Hinzu kommt die natürliche Alterung der Batteriesysteme. LFP-Speicher verlieren nach 3000 Zyklen typischerweise rund 15 Prozent ihrer Kapazität und nach zehn Betriebsjahren etwa 10 bis 20 Prozent. Viele Hersteller garantieren zwar 70 bis 80 Prozent Restkapazität nach zehn Jahren, der reale Leistungsabfall muss jedoch in die Wirtschaftlichkeitsrechnung einfließen – insbesondere bei Speichern, die für Arbitrage intensiver genutzt werden.

Auch die Dauerleistung unter hoher Auslastung ist ein Thema. Ein Standort mit zwei HPC-Ladepunkten à 400 kW kann im Alltag 1000 bis 2000 kWh pro Tag benötigen. Bei einem Niederspannungsanschluss von nur 50 bis 100 kW muss der Speicher mehrfach täglich vollständig entladen und wieder aufgeladen werden. An hochfrequentierten Standorten kann dies zeitweise Leistungsbegrenzungen verursachen, wenn der Speicher nicht schnell genug nachlädt. Die Dimensionierung ist daher entscheidend.

Energiehandel mit Batteriespeicher: Risiko und Chance

Der Energiehandel bietet Chancen, ist aber ebenfalls risikobehaftet. Intraday-Preise schwanken an manchen Tagen um bis zu 300 Prozent; negative Strompreise treten inzwischen an bis zu 60 Tagen pro Jahr auf. Ohne automatisiertes Energiemanagement können Fehlentscheidungen Mehrkosten von 5000 bis 20.000 Euro jährlich verursachen. Betreiber benötigen daher entweder eigene Expertise oder externe Partner, um Arbitrage wirtschaftlich sicher zu betreiben.

Auch bei der Installation entstehen Anforderungen, die häufig unterschätzt werden. Ein 500-kWh-Speicher benötigt inklusive Sicherheitsabständen 15 bis 25 Quadratmeter Fläche. Brandschutzauflagen schreiben häufig mindestens fünf Meter Abstand zu Gebäuden vor. In mehreren Bundesländern gelten Speicher ab 200 kWh als genehmigungspflichtige Anlagen, was zusätzliche Abstimmungen und Wartezeiten verursacht. Lösch- und Sicherheitssysteme verursachen weitere Kosten von 5000 bis 15.000 Euro.

Zudem müssen Betreiber das Lebensende der Speicher einplanen. Ein 500-kWh-Speicher wiegt drei bis vier Tonnen; Transport und Recycling verursachen am Ende der Lebensdauer 1000 bis 3000 Euro. Die EU-Batterieverordnung verlangt ab 2027 mindestens 50 Prozent Lithium-Recyclingquote, bis 2030 steigen die Anforderungen auf 80 Prozent für Nickel und Kobalt. Second-Life-Lösungen verlängern die Nutzung, erfordern aber erneute Zertifizierung und Tests.

Auch die Projektumsetzung ist trotz Plug-and-Play nicht immer verzögerungsfrei. Netzverträglichkeitsprüfungen dauern häufig sechs bis zehn Wochen, kommunale Genehmigungen bis zu drei Monate, und die finale Inbetriebnahme inklusive Messkonzept, Zählerkonfiguration und Steuerbarkeit benötigt weitere vier bis acht Wochen. Der Vorteil liegt dennoch klar gegenüber Mittelspannung – aber „sofort nutzbar“ ist auch ein Speicherprojekt selten.

Trotz dieser Einschränkungen bieten batteriegestützte Systeme insgesamt ein hohes Maß an Flexibilität. Klassische Ladeprojekte mit Mittelspannung benötigen meist 12 bis 18 Monate oder länger bis zur Inbetriebnahme, während ein batteriegestütztes System häufig in weniger als sechs Monaten installiert werden kann. Das senkt nicht nur Risiken, sondern ermöglicht auch eine frühere Umsatzgenerierung. Zudem lassen sich Standorte erschließen, die zuvor wegen fehlender Netzkapazitäten unattraktiv waren – etwa bei Supermärkten, Logistikunternehmen, kommunalen Einrichtungen oder temporären Einsätzen wie Events und Baustellen.

Die technischen Systeme sind modular aufgebaut und ermöglichen Speichergrößen zwischen 340 und 600 Kilowattstunden. Sie sind OCPP-kompatibel, eichrechtskonform und bieten ein digitales Energiemanagement, das den Strombezug dynamisch an Marktpreise anpasst, ohne die Ladeverfügbarkeit einzuschränken. Servicepakete wie „Charging as a Service“, Mietkauf oder Leasing schaffen zusätzliche Planungssicherheit und verringern das Investitionsrisiko. Förderprogramme können die Wirtschaftlichkeit weiter verbessern.

Batteriespeicher auch aus Investorensicht interessant

Da die Preise für Batteriespeicher sinken und gleichzeitig die Energiekosten steigen, gewinnen speichergestützte Ladepunkte auch aus Investorenperspektive an Bedeutung. Speicher werden zunehmend als eigenständige Asset-Klasse gesehen: Sie generieren Erträge durch Arbitrage, verringern Lastspitzenkosten und ermöglichen neue Dienstleistungen. Hahn bringt es auf den Punkt: „Ein Speicher ist heute nicht mehr nur eine technische Ergänzung. Er wird zu einem aktiven Bestandteil des Geschäftsmodells.“

Insgesamt entsteht ein Infrastrukturansatz, der technische, wirtschaftliche und betriebliche Anforderungen verbindet. Batteriegestützte Lösungen adressieren zentrale Herausforderungen der Elektromobilität, lösen jedoch nicht alle Probleme vollständig. Sie ersetzen den langfristigen Netzausbau nicht, bieten aber eine realistische Zwischenlösung, die vielen Projekten heute überhaupt erst eine Umsetzung ermöglicht. Für Betreiber kann sich diese Investition lohnen, wenn sowohl die Chancen als auch die Risiken transparent bewertet werden.

Quelle: Elmi Power – Per Mail / Bloomberg NEF – Lithium-Ion Battery Pack Prices See Largest Drop Since 2017, Falling to $115 per Kilowatt-Hour: BloombergNEF / RWTH Aachen – Lessons learned from operating a large-scale battery storage system – challenges and improvements / Fraunhofer ISE – Lebensdauererwartungen bei Batterien / Battery University – BU-808: How to Prolong Lithium-based Batteries / DGUV – Brandschutz beim Umgang mit Lithium-Ionen-Batterien / Clearingstelle EEG KWKG – VDE-AR-E 2510-50 – Stationäre Energiespeichersysteme mit Lithium-Batterien / Umweltbundesamt – Batterien und Altbatterien

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Sebastian Henßler

Sebastian Henßler

Sebastian Henßler hat Elektroauto-News.net im Juni 2016 übernommen und veröffentlicht seitdem interessante Nachrichten und Hintergrundberichte rund um die Elektromobilität. Vor allem stehen hierbei batterieelektrische PKW im Fokus, aber auch andere alternative Antriebe werden betrachtet.

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