Beobachtung: Autohändler nehmen keine E-Autos in Zahlung

Cover Image for Beobachtung: Autohändler nehmen keine E-Autos in Zahlung
Copyright ©

BMW

Wolfgang Gomoll
Wolfgang Gomoll
  —  Lesedauer 5 min

Viele Autohändler stehen vor einem Dilemma. Die Nachfrage nach Elektroautos ist mit dem Wegfall der Förderung eingebrochen und so stehen viele Stromer wie Blei in den Verkaufsräumen. Viele Händler ziehen jetzt die Notbremse und wollen keine gebrauchten Modelle mehr in Zahlung nehmen. Die Hersteller reagieren höchst unterschiedlich.

Es ist schon lange kein Geheimnis mehr, dass der Absatz von Elektroautos stockt – zumindest in Deutschland, während der Verkauf im Rest Europas weiter im Plus liegt. Wenn die Stromer verkauft werden, dann oftmals mit schmerzhaften Verlusten. Jetzt will eine Umfrage des Fachmagazins Kfz-Betrieb und Vogel Research Klarheit schaffen: 68,7 Prozent und damit mehr als zwei Drittel der Autohändler nehmen keine gebrauchten Elektroautos in Zahlung. Für 51,1 Prozent der Befragten sind gebrauchte Elektroautos derzeit gar „so gut wie unverkäuflich.“ Alarmstufe Rot also, wenn man mit Autos Geld verdienen will.

Deutsche Automobil Treuhand (DAT)

Die Konsequenz ist klar: Um diese Autos überhaupt vom Hof zu bekommen, müssen die Verkäufer satte Rabatte gewähren. Im Schnitt sind es 27 Prozent vom ursprünglich geplanten Verkaufspreis. Man muss kein Wirtschaftswissenschaftler sein, um zu realisieren, dass dieses Geschäftsmodell nicht lange funktionieren kann. Schlüsselt man die Umfrageergebnisse weiter auf, geben im Juni 2024 exakt 80,2 Prozent der Händler an, beim Verkauf von gebrauchten E-Autos rote Zahlen zu schreiben. 61,1 Prozent der Autohäuser geben an, „hohe Verluste“ zu machen und immerhin 19,1 Prozent sprechen von „leichten Verlusten“.

„Aus Sicht des Handels sind gebrauchte Elektroautos daher keine allzu attraktive Ware. Gute Autos sind nur gute Autos, wenn sie sich gut verkaufen“, stellt die Deutsche Automobil Treuhand (DAT) auf Anfrage fest. Allerdings lassen sich dabei nicht alle Stromer über einen Kamm scheren. Zwar wächst das Interesse. Allerdings nur bei den „jungen“ E-Autos, die nicht älter als ein Jahr sind. Das sind schlechte Nachrichten für die Besitzer von Leasing-Rückläufern, die oft zwei bis drei Jahre auf dem Buckel haben.

„Insgesamt lassen aber vor allem die momentan noch hohen Preise und die ‚Angst‘, eine veraltete Technologie zu erwerben, die Endverbraucher zögern“, heißt es im DAT-Report vom Juni und weiter: „Wenn in der Autobranche über Gebrauchtwagen gesprochen wird, dann blickt man zunehmend auch auf E-Autos. Als konkrete Kaufoption sind diese aus Sicht der Endverbraucher allerdings noch weniger attraktiv, was man auch an den geringen KBA-Stückzahlen sieht.“

„Opfer der schnellen Technologieentwicklung“

Für Philipp Seidel, Automobilexperte bei der Unternehmensberatung Arthur D. Little, ist das kein ungewöhnliches Phänomen: „Meines Erachtens sind die gebrauchten Elektrofahrzeuge der ersten Generationen gerade auf dem Gebrauchtmarkt die Opfer der schnellen Technologieentwicklung.“ Das seien die Gesetze des Marktes. „Vor kurzem waren gebrauchte Teslas noch so teuer wie neue, weil neue lange Lieferzeiten hatten. Aktuell haben wir wieder eher Überkapazitäten, also sinken die Gebrauchtwagen- und Restwerte. Der normale Zyklus“, beruhigt Seidel. Auf lange Sicht zählt für Seidel die positive Entwicklung, dass die Kernkomponenten eines Elektroautos, wie etwa die Batterie, immer günstiger werden.

Deutsche Automobil Treuhand (DAT)

Das ändert nichts am Status quo. Wer einen gebrauchten Stromer sein Eigen nennt, hat in der Regel Schwierigkeiten, diesen an einen Händler zu verkaufen. Letztendlich ist das auch für die Autohersteller keine wünschenswerte Situation. Jedes Auto, das vom Erstbesitzer länger als geplant gefahren wird, ist ein Neuwagen weniger, der verkauft wird. Fragt man bei den Herstellern nach, geben die deutschen Marken unisono an, dass der Händler ein freier Unternehmer sei, der an keine Weisungen seitens des Herstellers gebunden ist.

BMW unterstützt seine Händler: „Wir haben aber bereits eine Qualifizierungsoffensive im Gebrauchtwagenverkauf des Handels gestartet, mit Fokus auf Elektroautos, um unsere Händler für die ansteigende Anzahl von Rückläufern und deren Wiedervermarktung zu befähigen. Diese Trainings werden aktuell stark nachgefragt“, erklärt ein Sprecher. Auch Audi forciert die Schulungsmaßnahmen. An der schwierigen Situation der Autohändler ändert das grundsätzlich nichts. Wenn die Automobilhersteller die Händler im Regen stehen lassen, bricht das E-Auto-Gebrauchtwagengeschäft bald massiv ein.

„Gebrauchte E-Autos werden nicht zum Elektroschrott“

Mercedes ist von der Qualität seiner Produkte überzeugt und gibt deshalb auf ausgewählte Modelle fünf Jahre Garantie. Bei Porsche ist man vom 911er ohnehin gewohnt, dass Gebrauchtwagen gerne genommen werden. Also greift man auch in Zuffenhausen auf bewährte Verkaufsinstrumente wie die „Approved Garantie“ zurück. Ob das ausreicht, um die Wiederverkäufe bei Elektroautos anzukurbeln, wird sich zeigen. Bei VW hat man die Zeichen der Zeit erkannt und versucht gegenzusteuern. „Über das Vehicle Lifetime Modell werden die Volkswagen Financial Services zukünftig E-Fahrzeuge möglichst lange im eigenen Portfolio halten, um Kunden ein attraktives Gebrauchtwagenleasing anzubieten“, lässt der niedersächsische Autobauer verlauten.

Für Philipp Seidel gibt es keine Zweifel: „Gebrauchte E-Autos werden nicht zum Elektroschrott. Ja, wir müssen damit rechnen, dass die Elektroautos der ersten Generation einen kürzeren Lebenszyklus haben werden als klassische, etablierte Verbrenner. Das waren erste Gehversuche der Hersteller in einem neuen Umfeld. Das ist aber kein Problem der E-Mobilität an sich, sondern ist der Einführung jeder neuen Technologie inhärent. Der Restwert wird nach unten schon durch den hohen Wert der Batterie begrenzt. Jetzt folgen andere Marktphasen, die anders geprägt sein werden. Wer sich als Autohändler und Vertragshändler der großen Marken der E-Mobilität verweigert, wird es schwer haben.“

Worthy not set for this post
Wolfgang Gomoll

Wolfgang Gomoll

Wolfgang Gomoll beschäftigt sich mit dem Thema Elektromobilität und Elektroautos und verfasst für press:inform spannende Einblicke aus der E-Szene. Auf Elektroauto-News.net teilt er diese mit uns. Teils exklusiv!

Artikel teilen:

Schreib einen Kommentar und misch dich ein! 🚗⚡👇


Thorsten:

Weshalb fängt jeder Beitrag mit der fehlenden Förderung an? Das ist doch Unsinn. Zuerst wurde geplant nur noch sehr gering gefördert (2024 3000€+ Hersteller). Auf der anderen Seite sind die Herstellerrabatte mittlerweile höher als die Förderung. Einfach im Artikel solche Aktionen von Herstellern hervorstellen, damit der unge“bild“ete Leser weiß, dass er heute auf die fragwürdige Herstellersubvention (BAFA) gar nicht angewiesen ist. z.b. Hyundai im März 7000€ oder VW.

Groß:

Das ist nur die Verbrennerlobby.
Untergehen mit nichts hören nichts sagen aber zu viel reden.
Armes Deutschland.

Groß:

Vollkommend richtig

Klaus:

Auch unsere Dummen Politiker helfen da mit und haben viel dazubeigetragen zu dem Chaos!!!!
Auch VW mit ihren Versprechen, wie zum Beispiel die Softweare immer auf den neusten Stand zu bringen usw. Und es nicht einhält!!!! Wieder den Verbraucher angelogen !!!!!!

Volker:

Kann bei Toyota aber auch daran liegen, daß sie, wie alle Japaner, die Entwicklung von BEVs zurückgestellt haben. Markentreuen Käufern blieb dann nur der Irrweg PluginHybrid.

Philipp:

In Kurz: Bla bla bla … wie müssen die Preise senken … bla bla bla

Marktwirtschaft halt.

Niko8888:

Eine vernünftigerer und für den Kaufinteressenten faire Kalkulation für den Restwert wäre:
Listenneupreis – 9.000€ Förderung (einschl Herstelleranteil)

Dann siegt die Situation schon ganz anders aus

Sebastian:

Hallo Gregor, das ist leider Fakt. Die CN Unternehmen sind keine privaten Unternehmen im klassischen Sinne wie in der EU oder in den USA. Hier gehören diese Unternehmen noch größtenteils dem Statt bzw. bekommen hohe Summen an „Entwicklungskosten“ beigesteuert. Zusätzlich haben sich diese Unternehmen bzw. der Staat in der Vergangenheit viele ressourcenreiche Regionen geschnappt und fördern hier die nötigen Metalle für die Batterieherstellung (…was erst mal nicht falsch ist). Im gleichen Zuge wurde diese Ausrichtung seitens der deutschen (EU) Politik einfach verpennt (…man hat sich lieber mit Gender Sternen und anderen quatsch beschäftigt). Nun wacht man langsam auf und stellt fest, „ja hoppala, wir haben in Europa nicht genügend Ressourcen um die E-Mob auch günstig auf die Straße zu bringen. Siehe folgender Artikel:
https://www.capital.de/wirtschaft-politik/lithium-abbau–chile-will-mit-nationaler-strategie-bei-investoren-punkten-33414686.html

Man muss der E-Mob Zeit geben. Ich persönlich bin von dieser Überzeugt, beruflich und privat bin ich ausschließlich mit BEV Fahrzeugen unterwegs. Die meisten Kunden haben immer noch die Angst davor, das die verbaute Batterie schnell in die Knie geht, siehe:
https://www.ndr.de/ndrfragt/Umfrage-Mehrheit-wuerde-kein-E-Auto-kaufen,ergebnisse1210.html#:~:text=Laut%20einer%20%23NDRfragt%2DUmfrage%20sind,gegen%20das%20Verbrenner%2DAus%202035.&text=Das%20E%2DAuto%20soll%20den,ist%20erkl%C3%A4rtes%20Ziel%20der%20Politik.

Ich denke hier sollte mit mehr Transparenz gearbeitet werden, schließlich gibt es ja schon die Erfahrungswerte auf der Seite der Automobilbranche.

Spiritogre:

Verbrenner Lobby hat damit nichts zu tun. Das ist nur die Ausrede, die Elektroauto-Fans immer behaupten. Die Leute sind einfach nicht überzeugt, weil die E-Autos zu teuer und für viele Leute auch zu unpraktisch sind, was Leute mit viel Geld und eigenem Haus einfach nicht verstehen wollen…

Stattdessen greifen immer mehr Menschen zu Hybriden, wie z.B. die Toyota Verkaufsrekorde aufzeigen.

Melvin:

Wenn mir bei jeder Gelegenheit eingebläut wird, dass Verbrenner toll und E-Fuels oder Wasserstoff oder pinke Einhörner die Rettung sind und BEV total schlimm, giftig und von Satan selbst in die Welt gebracht wurden, dann glaube ich das halt irgendwann.
Zumindest, solange ich entweder keinen Antrieb, Bock oder die Fähigkeit dazu habe, mich faktenbasiert selbst zu informieren und den ganzen Bullshit herauszufiltern, mit dem wir überflutet werden.

Die gleichen Menschen glauben ja auch in nicht unerheblichem Maße, Ultrakonservative oder gar die AfDumme würden (natürlich nur biodeutschen) Gering- und Normalverdienern, Rentnern, Kindern etc. helfen und nicht noch mehr in die Taschen der eh schon Reichen wirtschaften und Deutschland noch mehr im vergangenen Jahrhundert zementieren.

Ähnliche Artikel

Cover Image for Test: 3000 Kilometer mit dem Xpeng G6 Standard Range

Test: 3000 Kilometer mit dem Xpeng G6 Standard Range

Daniel Krenzer  —  

Ein paar Hundert Kilometer sind wir normalerweise für Tests unterwegs. Den Xpeng G6 will unser Redakteur mehrere Zehntausend Kilometer fahren.

Cover Image for R5, EV3 und Elroq prägen das E‑Auto-Jahr 2025

R5, EV3 und Elroq prägen das E‑Auto-Jahr 2025

Sebastian Henßler  —  

Europas E-Automarkt wird vielfältiger: Tesla verliert Marktanteile, während Renault, Kia und Škoda mit neuen Modellen kräftig zulegen.

Cover Image for VDA-Präsidentin Müller: „Verbotsdebatten helfen nicht“

VDA-Präsidentin Müller: „Verbotsdebatten helfen nicht“

Sebastian Henßler  —  

„Ohne Vertrauen in Ladeinfrastruktur kaufen Menschen kein Elektroauto“, warnt VDA-Präsidentin Müller und sieht Politik und Energieversorger in der Pflicht.

Cover Image for Stellantis startet Projekt zur Kreislaufwirtschaft in Brasilien

Stellantis startet Projekt zur Kreislaufwirtschaft in Brasilien

Michael Neißendorfer  —  

Die Initiative zielt darauf ab, die Lebensdauer von Auto-Teilen zu verlängern, die Umweltbelastung zu verringern und die Nachhaltigkeit zu fördern.

Cover Image for Lucid Gravity X: Elektro-SUV-Konzept für raues Terrain

Lucid Gravity X: Elektro-SUV-Konzept für raues Terrain

Sebastian Henßler  —  

Lucid präsentiert den Gravity X – ein Elektro-SUV-Konzept mit erhöhter Bodenfreiheit, All-Terrain-Reifen und robustem Design für anspruchsvolle Abenteuer.

Cover Image for Deutschland und Großbritannien bleiben E-Auto-Schwergewichte

Deutschland und Großbritannien bleiben E-Auto-Schwergewichte

Sebastian Henßler  —  

Westeuropas E-Automarkt wächst 2025 um 25 Prozent. Deutschland und Großbritannien dominieren, während Spanien und Island die größten Sprünge machen.