Bei Audi verdichten sich zum Jahresende mehrere Belastungsfaktoren, die das Unternehmen zugleich organisatorisch, wirtschaftlich und strategisch fordern. Während sich der Automarkt insgesamt abkühlt und Investitionsentscheidungen im Volkswagen-Konzern strenger geprüft werden, steht auch der interne Umbau in Ingolstadt unter genauer Beobachtung. Im Zentrum steht die Neuordnung der Entwicklungsorganisation, die Audi seit Ende 2023 vorantreibt und die nun erstmals systematisch von den Beschäftigten selbst bewertet wurde.
Ausgangspunkt ist eine anonyme interne Befragung, die Anfang Dezember innerhalb der Audi-Entwicklung durchgeführt wurde. Rund 3000 Mitarbeiter:innen beteiligten sich an der Abfrage, die sich an etwa 10.000 Beschäftigte des Ressorts richtete. Ziel war es, den Fortschritt einer Reform zu erfassen, die auf schlankere Strukturen, weniger Doppelzuständigkeiten und schnellere Entscheidungswege abzielt. Bewertet wurden sechs konkrete Aspekte der Neuorganisation auf einer Skala von eins bis sechs.
Die Ergebnisse zeigen ein deutliches Muster. Keiner der abgefragten Punkte erreichte einen Wert, der auf breite Zustimmung hindeutet. Am vergleichsweise besten schnitt noch die stärkere Ausrichtung auf Baureihen ab, die im Mittel mit 2,6 bewertet wurde. Deutlich kritischer fiel das Urteil dort aus, wo es um operative Geschwindigkeit ging. Die Beschleunigung von Entscheidungen und das Freispielen von Ressourcen für wertschöpfende Tätigkeiten am Auto erhielten mit 1,9 den niedrigsten Wert der Befragung.
Diese Rückmeldungen treffen Audi in einer Phase, in der das Unternehmen ohnehin unter erhöhtem Druck steht. Nach Angaben aus dem Konzernumfeld bewegt sich der Gewinn weiter in Richtung Nulllinie, eine kurzfristige Erholung gilt als unwahrscheinlich. Gleichzeitig plant Audi hohe Investitionen für die kommenden Jahre. Dazu zählen neue Elektroautos, darunter ein besonders effizient ausgelegter elektrischer A4, ebenso wie Konzeptstudien mit sportlicher Ausrichtung. Ergänzend sollen Plug-in-Hybride weiterentwickelt werden, deren kombinierte Antriebe künftig elektrische Reichweiten von bis zu 150 Kilometern ermöglichen sollen.
Softwarestrategie mit Rivian sorgt intern für Vorbehalte
Ein zentrales Zukunftsthema ist zudem die Software. Künftige Modelle sollen auf der Elektronikarchitektur ICE@SDV basieren, die gemeinsam mit dem US-Unternehmen Rivian entwickelt wird. Innerhalb der Entwicklung gibt es jedoch Vorbehalte gegenüber diesem Ansatz. Aus dem Umfeld des Unternehmens heißt es, dass viele Beschäftigte dem Partner sowie dem Joint Venture RV Tech die Umsetzung in der geplanten Form nicht zutrauen. Gleichwohl ist vorgesehen, dafür Investitionen in der Größenordnung von fast einer Milliarde Euro bereitzustellen.
Damit rücken die finanziellen Rahmenbedingungen stärker in den Fokus. Bei einer Aufsichtsratssitzung Mitte Dezember stellte Audi seine Fünfjahresplanung vor, die laut Teilnehmern die von Konzernfinanzvorstand Arno Antlitz gesetzten Grenzen überschritt. Im Raum standen Kürzungen in Milliardenhöhe sowie weitere Beträge, für die noch keine verbindliche Finanzierung festgelegt war. Wie groß die Abweichungen tatsächlich sind, wird unterschiedlich eingeschätzt, klar ist jedoch, dass der Spielraum begrenzt bleibt.
Um Kosten zu senken, wurden einzelne Projekte vorerst ausgesetzt. Ein geplantes Werk in den USA wurde aus den Planungen gestrichen, alternative Produktionsstandorte innerhalb des Konzerns werden geprüft. Gleichzeitig wächst der Druck aus dem Aufsichtsrat. Vor allem die Familien Porsche und Piëch, die als Großaktionäre maßgeblichen Einfluss ausüben, drängen auf belastbare Zusagen und eine präzisere Unterlegung der Investitionspläne. Nach jüngsten internen Auseinandersetzungen im Konzernumfeld gilt die Erwartung, dass der Vorstand weiter nachschärft.
In diesem Umfeld ist auch die interne Bewertung der Entwicklungsreform einzuordnen. Während die strategischen Ziele offiziell bestätigt wurden, bleiben zentrale Fragen zur Umsetzung offen. Die Ergebnisse der Mitarbeiterbefragung machen sichtbar, dass der eingeschlagene Kurs innerhalb der Organisation bislang nicht als Fortschritt wahrgenommen wird. Die Suche nach Einsparungen und tragfähigen Finanzierungsmodellen soll im Januar fortgesetzt werden.
Quelle: Manager-Magazin – Anonyme Revolte gegen den Audi-Chef








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