Allego-Manager über Elektroauto-Infrastruktur: Reichweitenangst wird immer seltener

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Michael Neißendorfer
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In einem Interview mit dem E-Mobility-Fachmagazin Edison erklärte Ulf Schulte, Managing Director des Ladesäulenbetreibers Allego, warum sich Elektroauto-Fahrer auf höhere Preise an öffentlichen Ladestationen einstellen sollten, welche Herausforderungen die Energie- und Verkehrswende in Deutschland mit sich bringen und wie es mit dem Konkurrenzkampf beim Ausbau der Elektroauto-Ladeinfrastruktur aussieht.

Mit mehr als 12.000 Wechsel- und Gleichstrom-Ladepunkten in den Benelux-Ländern, in Deutschland, Frankreich und Großbritannien zählt das niederländische Unternehmen Allego zu den größten Anbietern von Ladelösungen in Europa. Allego werde „immer eine Mixtur aus beiden Lösungen anbieten“, also sowohl AC-Säulen (Wechselstrom) sowie die schnelleren DC-Säulen (Gleichtstrom), „weil es unterschiedliche Anwendungslösungen für die Elektromobilität gibt“. Entlang der wichtigsten Autobahnrouten baut Allego – wie etwa auch Tesla mit seinen Superchargern oder das Schnellladenetzwerk Ionity – auch leistungsstarke HPC-Stationen (High Power Charging) mit deutlich mehr als 100 kW Ladeleistung auf. „Auch an strategischen Punkten in der Stadt oder am Stadtrand“ sollen HPC-Standorte entstehen, „auch um die Verknüpfung der Verkehrsträger zu verbessern“.

Denn um den Verkehr in die Städte zu optimieren, wolle Allego „einen multimodalen Ansatz unterstützen“. Für Schulte bedeute „Elektromobilität nicht, dass wir nun alle Verbrenner gegen einen Stromer austauschen. Für mich ist es vielmehr ein Teil einer anderen Art von Mobilität in den Städten. Das Elektroauto ist da nur ein Baustein. Bus und Bahn müssen das Rückgrat des innerstädtischen Verkehrs bleiben.“

„Reichweitenangst erleben Elektromobilisten auch in Deutschland immer seltener. Die Infrastruktur wächst mit ordentlicher Geschwindigkeit.“ – Ulf Schulte, Managing Director des Ladesäulenbetreibers Allego

Die ersten HPC-Standorte von Allego seien bereits fertiggestellt, „zum Beispiel in Kleinostheim, Bernau am Chiemsee und am Frankfurter Flughafen.“ Europaweit soll es bis 2025 gut 350 dieser HPC-Standorte geben.

Damit sich das Betreiben dieser Säulen auch lohne, müsse man „immer den Blick auf das Gesamtnetz haben: Mobilitätsplanung ist Stadtplanung. Manche Ladesäulen funktionieren gut, weil beispielsweise in der Nähe ein Taxifahrer wohnt, der mit einem Tesla unterwegs ist. Damit hat man schon mal einen Ankerkunden. Kommt noch weitere hinzu, schießt der Umsatz durch die Decke“, erzählt Schulte Edison. Um die richtigen Standorte zu finden, setze Allego unter anderem auf eine spezielle Planungs-Software.

„Es kommen ständig neue Player auf den Markt“

Der Wettbewerb beim Aufbau der Infrastruktur nehme immer mehr zu und sei „in der Tat nicht ohne. Es kommen ständig neue Player auf den Markt“, so Schulte. „Aber wir wissen aus leidvoller Erfahrung: Das Thema ist sehr komplex, keineswegs ein Selbstläufer. Wir haben in den ersten Jahren viel Lehrgeld bezahlen müssen – das werden die auch.“ Schwierig seien unter anderem die Themen „Umsetzung im Feld, bei den Verhandlungen mit den Behörden der Städte und Länder“, sowie die Technologie: „Die ersten Ladesäulen hatten jede Menge Kinderkrankheiten“. Auch heute gebe es „noch viele Probleme beim Zusammenspiel zwischen Säule und Fahrzeug. Das betraf zum Beispiel den Jaguar i-Pace, der sich anfangs nicht normgemäß verhielt.“

Warum das Laden teurer wird

Da es momentan geradezu eine Schlacht um Standorte gebe, manche Partner vor Ort eine Pacht verlangen und „einige Wettbewerber bereit sind, viel Geld dafür auf den Tisch zu legen, um einen Standort zu bekommen“, führe „kein Weg daran vorbei“, die Preise fürs Laden anzuheben. Schließlich müsse man „solche Mehrkosten ja irgendwo umlegen“. Schulte geht davon aus, dass sich der Preis pro Kilowattstunde „beim Wechselstrom auf 39 bis 40 Cent einpendelt, beim DC-Laden etwa 10 Cent mehr.“

Dass der Strom an den öffentlichen Säulen teurer ist, als der Strom daheim, liege in der Natur der Sache: „Die Infrastruktur im Feld und ihr Betrieb kostet Geld.“ Und er rechnet Edison kurz vor, welche Kosten Allego umlegen muss: „Da wir den Strom nicht selbst produzieren und selbst einkaufen müssen, ist der Strompreis ein großer Kostenblock. Darauf packen wir dann unsere Kosten für Wartung und Instandhaltung sowie den Betrieb. Davon gehen dann noch die Kosten für die Standortmiete ab.“

Gewinne mache Allego momentan noch nicht: „Derzeit ist das für uns und unseren neuen Eigner Meridiam aus Frankreich ein Invest in die Mobilität von morgen“, sagt Schulte.

Quelle: Edison – Allego: Laden wird teurer

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Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer ist E-Mobility-Journalist und hat stets das große Ganze im Blick: Darum schreibt er nicht nur über E-Autos, sondern auch andere Arten fossilfreier Mobilität sowie über Stromnetze, erneuerbare Energien und Nachhaltigkeit im Allgemeinen.

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