Allego-Manager über Elektroauto-Infrastruktur: Reichweitenangst wird immer seltener

Cover Image for Allego-Manager über Elektroauto-Infrastruktur: Reichweitenangst wird immer seltener
Copyright ©

shutterstock / Lizenzfreie Stockfotonummer: 648746158

Michael Neißendorfer
Michael Neißendorfer
  —  Lesedauer 4 min

In einem Interview mit dem E-Mobility-Fachmagazin Edison erklärte Ulf Schulte, Managing Director des Ladesäulenbetreibers Allego, warum sich Elektroauto-Fahrer auf höhere Preise an öffentlichen Ladestationen einstellen sollten, welche Herausforderungen die Energie- und Verkehrswende in Deutschland mit sich bringen und wie es mit dem Konkurrenzkampf beim Ausbau der Elektroauto-Ladeinfrastruktur aussieht.

Mit mehr als 12.000 Wechsel- und Gleichstrom-Ladepunkten in den Benelux-Ländern, in Deutschland, Frankreich und Großbritannien zählt das niederländische Unternehmen Allego zu den größten Anbietern von Ladelösungen in Europa. Allego werde „immer eine Mixtur aus beiden Lösungen anbieten“, also sowohl AC-Säulen (Wechselstrom) sowie die schnelleren DC-Säulen (Gleichtstrom), „weil es unterschiedliche Anwendungslösungen für die Elektromobilität gibt“. Entlang der wichtigsten Autobahnrouten baut Allego – wie etwa auch Tesla mit seinen Superchargern oder das Schnellladenetzwerk Ionity – auch leistungsstarke HPC-Stationen (High Power Charging) mit deutlich mehr als 100 kW Ladeleistung auf. „Auch an strategischen Punkten in der Stadt oder am Stadtrand“ sollen HPC-Standorte entstehen, „auch um die Verknüpfung der Verkehrsträger zu verbessern“.

Denn um den Verkehr in die Städte zu optimieren, wolle Allego „einen multimodalen Ansatz unterstützen“. Für Schulte bedeute „Elektromobilität nicht, dass wir nun alle Verbrenner gegen einen Stromer austauschen. Für mich ist es vielmehr ein Teil einer anderen Art von Mobilität in den Städten. Das Elektroauto ist da nur ein Baustein. Bus und Bahn müssen das Rückgrat des innerstädtischen Verkehrs bleiben.“

„Reichweitenangst erleben Elektromobilisten auch in Deutschland immer seltener. Die Infrastruktur wächst mit ordentlicher Geschwindigkeit.“ – Ulf Schulte, Managing Director des Ladesäulenbetreibers Allego

Die ersten HPC-Standorte von Allego seien bereits fertiggestellt, „zum Beispiel in Kleinostheim, Bernau am Chiemsee und am Frankfurter Flughafen.“ Europaweit soll es bis 2025 gut 350 dieser HPC-Standorte geben.

Damit sich das Betreiben dieser Säulen auch lohne, müsse man „immer den Blick auf das Gesamtnetz haben: Mobilitätsplanung ist Stadtplanung. Manche Ladesäulen funktionieren gut, weil beispielsweise in der Nähe ein Taxifahrer wohnt, der mit einem Tesla unterwegs ist. Damit hat man schon mal einen Ankerkunden. Kommt noch weitere hinzu, schießt der Umsatz durch die Decke“, erzählt Schulte Edison. Um die richtigen Standorte zu finden, setze Allego unter anderem auf eine spezielle Planungs-Software.

„Es kommen ständig neue Player auf den Markt“

Der Wettbewerb beim Aufbau der Infrastruktur nehme immer mehr zu und sei „in der Tat nicht ohne. Es kommen ständig neue Player auf den Markt“, so Schulte. „Aber wir wissen aus leidvoller Erfahrung: Das Thema ist sehr komplex, keineswegs ein Selbstläufer. Wir haben in den ersten Jahren viel Lehrgeld bezahlen müssen – das werden die auch.“ Schwierig seien unter anderem die Themen „Umsetzung im Feld, bei den Verhandlungen mit den Behörden der Städte und Länder“, sowie die Technologie: „Die ersten Ladesäulen hatten jede Menge Kinderkrankheiten“. Auch heute gebe es „noch viele Probleme beim Zusammenspiel zwischen Säule und Fahrzeug. Das betraf zum Beispiel den Jaguar i-Pace, der sich anfangs nicht normgemäß verhielt.“

Warum das Laden teurer wird

Da es momentan geradezu eine Schlacht um Standorte gebe, manche Partner vor Ort eine Pacht verlangen und „einige Wettbewerber bereit sind, viel Geld dafür auf den Tisch zu legen, um einen Standort zu bekommen“, führe „kein Weg daran vorbei“, die Preise fürs Laden anzuheben. Schließlich müsse man „solche Mehrkosten ja irgendwo umlegen“. Schulte geht davon aus, dass sich der Preis pro Kilowattstunde „beim Wechselstrom auf 39 bis 40 Cent einpendelt, beim DC-Laden etwa 10 Cent mehr.“

Dass der Strom an den öffentlichen Säulen teurer ist, als der Strom daheim, liege in der Natur der Sache: „Die Infrastruktur im Feld und ihr Betrieb kostet Geld.“ Und er rechnet Edison kurz vor, welche Kosten Allego umlegen muss: „Da wir den Strom nicht selbst produzieren und selbst einkaufen müssen, ist der Strompreis ein großer Kostenblock. Darauf packen wir dann unsere Kosten für Wartung und Instandhaltung sowie den Betrieb. Davon gehen dann noch die Kosten für die Standortmiete ab.“

Gewinne mache Allego momentan noch nicht: „Derzeit ist das für uns und unseren neuen Eigner Meridiam aus Frankreich ein Invest in die Mobilität von morgen“, sagt Schulte.

Quelle: Edison – Allego: Laden wird teurer

worthy pixel img
Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer ist E-Mobility-Journalist und hat stets das große Ganze im Blick: Darum schreibt er nicht nur über E-Autos, sondern auch andere Arten fossilfreier Mobilität sowie über Stromnetze, erneuerbare Energien und Nachhaltigkeit im Allgemeinen.
Sidebar ads

Artikel teilen:

Schreib einen Kommentar und misch dich ein! 🚗⚡👇


Thomas Freier:

Warum müssen die Strompreise fürs Laden steigen? Für den Ausbau der Ladeinfrastruktur gibt es Fördergelder! Ich nutze von meinen Karten nur noch Maingau zu 25/15 Cent die kWh und dieser Anbieter hat das Ohr am Kunden indem er seine Tarife am Bdarf / Ladeverhalten angepasst hat. Gibt Aufpreise für langsame Ladesäulen erst an 240 min ( da es technisch noch nicht schneller geht) an die ” Dauerparker” weiter! Profitgier ist z.Zt. eine Bremse für den Umstieg zum E- Auto. Nicht jeder hat die Möglichkeit zu Hause günstig zu laden so wie ich, möchte aber trotzdem an der E- Mobilität teilhaben!

Ähnliche Artikel

Cover Image for Stellantis-Marke DS wächst gegen den Trend

Stellantis-Marke DS wächst gegen den Trend

Michael Neißendorfer  —  

DS Automobiles ist auch im ersten Halbjahr 2025 entgegen dem Markttrend weiter gewachsen – allerdings auf niedrigem Niveau.

Cover Image for E-Fuels: Hoffnungsträger mit begrenztem Markt

E-Fuels: Hoffnungsträger mit begrenztem Markt

Sebastian Henßler  —  

Porsche testet in Patagonien E-Fuels aus Wind, Wasser und CO₂. Doch statt Millionen Litern fließen nur geringe Mengen – das Projekt steckt fest.

Cover Image for Foxconn denkt über Einstieg bei Nissan-Fabrik in Japan nach

Foxconn denkt über Einstieg bei Nissan-Fabrik in Japan nach

Sebastian Henßler  —  

Nissan könnte sein Oppama-Werk in Japan retten, indem Foxconn dort Elektroautos baut. Die Gespräche laufen, eine Entscheidung steht noch aus.

Cover Image for Slate streicht Preisversprechen für E-Pickup

Slate streicht Preisversprechen für E-Pickup

Sebastian Henßler  —  

Slate streicht den 17.000-Euro-Preis für seinen E-Pickup. Der Grund: Das Aus für die US-Kaufprämie bringt das junge Startup in Erklärungsnot.

Cover Image for Volvos EX30 Cross Country: Stark, schnell, stylisch

Volvos EX30 Cross Country: Stark, schnell, stylisch

Stefan Grundhoff  —  

Der Volvo EX30 tritt elektrisch in die Fußstapfen der XC-Serie – mit starkem Antrieb, Offroad-Look und spartanischem Innenraum.

Cover Image for Tesla eröffnet riesige netzautarke Supercharger-Oase

Tesla eröffnet riesige netzautarke Supercharger-Oase

Michael Neißendorfer  —  

Eine riesige Supercharger-Station von Tesla mitten in Kalifornien kommt komplett ohne Netzanschluss aus – dank PV und Batteriespeicher.