ADAC-Test: So lange hält ein E-Auto im Stau bei Hitze durch

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Daniel Krenzer
Daniel Krenzer
  —  Lesedauer 4 min

Mit einem Elektroauto in eine stundenlange Vollsperrung zu geraten, ist ein beliebtes vermeintliches Horrorszenario, das E-Auto-Skeptiker gerne heraufbeschwören, um die nachhaltige Antriebstechnologie schlechtzureden. Vor allem bei extremen Witterungsbedingungen wie starker Kälte oder großer Hitze sei schnell der Akku leer, so die immer wieder verkündete Meinung. Der ADAC hat nun eine Klimakammer für Elektromobilitäts-Tests und wollte aus Meinung Fakten machen. Und siehe da: Das getestete E-Auto schlägt sich in diesem Szenario besser als jeder Verbrenner.

Die neue Klimakammer steht im Technik-Zentrum in Landsberg am Lech. „Diese hochmoderne Testinfrastruktur bietet einzigartige Möglichkeiten zur umfassenden Bewertung von Elektrofahrzeugen unter extremen Klimabedingungen“, schreibt der ADAC in einer Pressemitteilung. Der erste durchgeführte Test simulierte dabei einen Stau bei sommerlicher Hitze mit einem Elektroauto.

„Mit der Kombination aus Allrad-Rollenprüfstand, Klimakammer und fortschrittlicher Schnellladetechnik mit bis zu 300 kW setzt das Testlabor Elektromobilität neue Maßstäbe im europäischen Verbraucherschutz“, betont Dino Silvestro, Leiter Fahrzeugtest im ADAC Technik-Zentrum. Die Klimakammer ermögliche es, Autos bei Temperaturen von minus 20 bis plus 40 Grad Celsius zu testen. „Hierbei können individuelle Fahrszenarien von standardisierten Testzyklen bis hin zu realen Fahrstrecken reproduzierbar simuliert werden. Im Detail untersuchen die Tester hier zukünftig Energieverbrauch und -effizienz, Reichweite, Ladeverhalten, aber auch Sondereinsätze wie die Nutzung von E-Fahrzeugen als Zugfahrzeug“, führt der ADAC aus.

Scheibe bis zu 60 Grad heiß

Die Ingenieure simulierten im ersten Test über acht Stunden einen typischen Sommertag, inklusive Temperaturanstieg auf bis zu 35 Grad Celsius und unterschiedlich starker Sonneneinstrahlung durch UV-Lampen. Das Testfahrzeug, ein Tesla Model Y, hatte zu Beginn des Versuches einen Batterieladestand von 60 Prozent. Die Klimaanlage wurde konstant auf 20 Grad Celsius eingestellt und das Auto im sogenannten „Camping Modus“ betrieben, um eine durchgängige Klimatisierung zu gewährleisten. Das Model Y ist schon länger das meistverkaufte E-Auto der Welt – und auch in Deutschland.

Das Armaturenbrett des Autos erreichte laut ADAC durch die simulierte Sonneneinstrahlung Temperaturen zwischen 30 und 45 Grad Celsius, die Außenseite der Windschutzscheibe wurde sogar mehr als 60 Grad Celsius heiß. Die Klimaanlage hielt die Innenraumtemperatur trotz der hohen Außentemperaturen konstant unter 25 Grad Celsius, gemessen auf Kopfhöhe und im Fußbereich.

„Für die Kühlleistung benötigte die Klimaanlage durchgängig etwa 1,5 kW, wobei kurzzeitige Abweichungen bei Änderungen der Sonneneinstrahlung oder nach dem Öffnen der Türen auftraten“, führt der ADAC aus. Insgesamt verbrauchte das Model Y etwa 12 kWh an Energie während des achtstündigen Tests, was einem Verlust von 16 Prozent des Batterieladestands entsprach. Dies bedeutet, dass das E-Auto pro Stunde etwa zwei Prozent Akkukapazität beziehungsweise acht Kilometer Reichweite einbüßte.

Und es heißt auch, dass das Model Y noch weitere gut 12 Stunden unter diesen Bedingungen bei eingeschalteter Klimaanlage hätte laufen können, ehe es mit der Akkukapazität eng geworden wäre. Doch bekanntlich ist irgendwann auch mal kühlere Nacht – und hoffentlich auch mal die schlimmste Vollsperrung überwunden. Ein voller Akku würde demnach knapp 40 Stunden unter diesen Bedingungen durchhalten.

Verbrenner ähnlich schnell leer

Spannend wird der Vergleich des ADAC mit Benziner und Diesel: Ein Verbrennungsmotor würde unter diesen Bedingungen zwischen 1 und 1,5 Liter Kraftstoff pro Stunde benötigen und dabei Abgase erzeugen. „Betrachtet man die lokale Effizienz, so entspricht das umgerechnet circa 10 bis 15 kWh pro Stunde. Ein klarer Effizienzvorteil also für den Stromer„, führt der ADAC aus. Ein voller 50-Liter-Tank wäre demnach in etwas mehr als 30 Stunden leer.

„Der erste Versuch im neuen ADAC Testlabor Elektromobilität zeigt, dass E-Auto-Fahrer keine Angst haben müssen, liegen zu bleiben, falls sie bei hohen Temperaturen in einen langen Stau geraten und die Klimaanlage aktiviert lassen“, sagt Dino Silvestro. Dennoch sollten Reisende auch im Sommer auf genügend Rest-Akkukapazität achten, um auch im schlimmsten Hitzestau einen kühlen Kopf zu bewahren. Das gilt natürlich auch für den Benzin- oder Dieseltank.

Doch hinter einem im Stau stehenden Elektroauto lässt sich weiterhin frei durchatmen, während hinter einem Verbrenner zumindest die Filter der Klimaanlage reichlich zu tun haben, um die Schadstoffe aus dem Innenraum des Autos zu halten.

Quelle: ADAC – Pressemitteilung vom 30. Juli 2024

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Daniel Krenzer

Daniel Krenzer

Daniel Krenzer ist als studierter Verkehrsgeograf und gelernter Redakteur seit mehr als zehn Jahren auch als journalistischer Autotester mit Fokus auf alternative Antriebe aktiv und hat sich zudem 2022 zum IHK-zertifizierten Berater für E-Mobilität und alternative Antriebe ausbilden lassen.

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Jakob Sperling:

Bei den ebenfalls erwähnten 1 l pro Stunde (1-1.5 l/h) wären es dann schon 50 Stunden.
Zwischen 30 und 50 liegt 40 Stunden, also genau gleich.

Der Satz ‚besser als jeder Verbrenner‘ stimmt damit auch sowieso nicht.

Heinbloed:

Lustige Meinungsmache. Hier soll der Verbrenner schlecht aussehen und man wurschtelt es dann eben so hin:

„1 und 1,5 Liter Kraftstoff pro Stunde .. voller 50-Liter-Tank wäre demnach in etwas mehr als 30 Stunden leer.“

Wenn ich das rechne, komme ich auf 33 – 50 h. Klingt aber nicht so gut. Ich habe heute bei 34°C mal meinen Golf 6 TDI getestet. Der verbraucht mit Klima auf „volle Pulle“ 0,6l/h. Da reicht der Sprit dann 92 h!

Hans:

Aber es ist doch wohl klar, was er meinte, oder nicht? Sein i3 verbraucht mit besagter Einstellung der A/C (Scherz; AC) 11 kWh/100 km.

Ernie:

Schöner Test. Leider keine wirklich nutzbare Aussagekraft außer- Strom is toll. Fahre seit 4 Jahren nen Stromer. Der is jetzt 8 Jahre alt und was der für nen Verlust hat da kann ich was von erzählen. Und was der im Sommer bei Klima auf 21* braucht auch……. Aber immer schön weiter Märchen erzählen. Obwohl Stromer ja schön sind. Wenn’s nur mit der Batterie besser wäre.

MuXXe:

Naja, die Frage lautet doch „Wie hoch ist der Verbrauch dann?“. Der genaue Wert lässt Anhand der Meldung sicher nicht bestimmen, aber durch meine genannte Überlegung kann man sich dem Ergebnis wahrscheinlich annähern. Oder war die Frage nicht ernstgemeint?
Also nochmal:durch die niedrigere Zieltemperatur ist der Verbrauch sehr wahrscheinlich Höher. Das betrifft aber beide Fahrzeuge gleichermaßen. Das heißt der Verbrenner wird weiterhin mehr Energie Verbrauchen als das E-Auto, auch wenn wir die genauen Werte mit dieser Überlegung nicht herleiten können.

Andi66:

Aussage ADAC: Stellen Sie Klimaanlage nicht zu kühl ein und richten Sie den Luftstrom nicht direkt auf Körperpartien (Erkältungsgefahr!). Die Wohlfühltemperatur liegt zwischen 22 und 25 Grad. Für eine schnelle Abkühlung des Fahrzeuges ist es sinnvoll, bei maximaler Kühlleistung kurzzeitig auf Umluftbetrieb zu schalten. Ich selle bei hohen Temperaturen max. 5 Grad kühler ein. Denn der Wohlfühleffekt setzt bei Luftentfeuchtung ein, nicht bei Kälte!

Philipp:

Ist Dein Prius dabei auch in einer Klimakammer mit 35°C und Rotlichtstrahlern? Hast Du auch auf 20°C eingestellt? Wird Deine Windschutzscheibe auch 60°C heiß?

Die Messung vom ADAC ist hier nachvollziehbar. Ein individueller Verbrauch ist da nicht wirklich vergleichbar, weil sicher unter anderen Randbedinungen.

Nana:

Mein Prius verbraucht nicht mehr als 0,5L/h im Stand für Klimaanlage. Der Tank ist 40L groß. Wie lang hält mein Prius durch ?

kiro:

Lesen Sie bitte mal die Betriebsanleitung Ihrer Klimaanlage. Dort wird Ihnen erklärt wie das Gerät zu verwenden ist. Selbstverständlich ist jedem klar das so eine große Temperaturdifferenz natürlich noch mehr Energie benötigt. Das würde ich schon allein deswegen nicht tun um meine Klimaanlage nicht über zu strapazieren und damit die Gesamtlebensdauer massiv zu verringern und Kühlflüssigkeit kostet auch Geld.

Josef:

Oha! Für eine gute Kühlung der Insassen und die Vermeidung von Krankheiten infolge starken Wechsels der Temperaturen (17-19 > 35 > 17-19 > 35 Grad C) stellt man bei hohen Temperaturen den Mittelwert zwischen der „Wohlfühltemperatur“ von 21 Grad C und der Außentemperatur von (in unserem Beispiel) 35 Grad C ein. Also wäre eine Einstellung von ca. 28 Grad C der Klimaanlage ein guter Wert, das ergäbe sowohl Wohlfühlen als auch Gesundheitsschutz.

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