ZDK warnt: Eigenzulassungen täuschen über E-Auto-Flaute hinweg

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Michael Neißendorfer
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Die Zahl der Neuzulassungen von Elektroautos steigt laut den amtlichen Zulassungsstatistiken seit Jahresbeginn kontinuierlich – doch die Stimmung im Kfz-Gewerbe trübt sich weiter ein: Laut der aktuellen Halbjahresumfrage des Zentralverbands Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK) bewerten Autohäuser und Kfz-Betriebe ihre Geschäftslage, Umsatzaussichten und die Auftragslage für E-Fahrzeuge mit wachsender Zurückhaltung: Denn seit zwei Jahren schrumpft die Nachfrage bei Privaten und die gewerblichen Zulassungen stagnieren. Einzig die Eigenzulassungen der Hersteller und Händler stimulieren die Zulassungsstatistik, ohne echte Wertschöpfung im Automobilmarkt, so der ZDK in einer aktuellen Mitteilung.

„Die Geschäftssituation vieler Autohäuser und Kfz-Betriebe ist deutlich angespannter, als es die offizielle Zulassungsstatistik vermuten lässt. Die wachsende Zahl an E-Auto-Neuzulassungen täuscht über die Realität im Handel hinweg“, erklärt ZDK-Präsident Thomas Peckruhn. „Was statistisch als Erfolg erscheint, ist in der Realität häufig das Ergebnis von Eigenzulassungen durch Hersteller und Händler, Flottengeschäften oder taktischen Maßnahmen – nicht aber von echten Kundennachfragen im Handel.“

Laut ZDK-Konjunkturumfrage haben die Bestellungen von Elektroautos und Plug-in-Hybriden seit Jahresbeginn sowohl im Privat- als auch im Flottenbereich trotz steigender Erstzulassungen an Dynamik verloren. Die Zulassungsstruktur des KBA zeige, dass die Wachstumsraten von E-Autos überzeichnet seien: Im ersten Halbjahr 2025 haben sich die Eigenzulassungen batterieelektrischer Autos durch Hersteller und Handel im Vergleich zum selben Zeitraum im Jahr 2023 mehr als verdoppelt – auf 65.401 Fahrzeuge, wie auch Dataforce bereits im Juli festgestellt hat. Allein die Eigenzulassungen der Hersteller haben sich in zwei Jahren vervierfacht. Gleichzeitig ging die Zahl privater E-Auto-Neuzulassungen um 9 Prozent auf 82.294 Fahrzeuge zurück.

Auch bei Hinzunahme der jüngst vom KBA veröffentlichten Julizahlen ändere sich dieses Bild kaum. Ein Vergleich der kumulierten Zulassungen von Januar bis Juli der Jahre 2023 und 2025 zeige, dass die gewerblichen Zulassungen von rein batterieelektrischen Autos um 0,8 Prozent geschrumpft seien, wenn die Eigenzulassungen der Hersteller und Händler herausgerechnet werden. Die privaten Neuzulassungen im gleichen Zeitraum liegen um 4,8 Prozent hinter 2023 zurück.

„Das ist ein klares Warnsignal. Die Politik nimmt diese Absatzkrise nicht wahr, weil sie nur auf die Entwicklung der amtlichen Zulassungszahlen schaut“, betont Peckruhn. „Wenn wir die Elektromobilität dauerhaft im Markt verankern wollen, brauchen wir jetzt gezielte Anreize – insbesondere für Privatkunden. Superabschreibungen und höhere Listenpreissätze für die ermäßigte Dienstwagensteuer für Elektroautos wirken nur bei den gewerblichen Zulassungen. Ohne neue Impulse wird keine Trendwende erreicht.“

„Wir brauchen dringend eine breitangelegte Förderung insbesondere privater Elektroautos“

Vier von fünf befragten Betrieben bewerten die bisherigen Maßnahmen der Bundesregierung zur Förderung der Elektromobilität als unzureichend. Je größer der Betrieb, desto ausgeprägter die Kritik – besonders Unternehmen mit vielen Beschäftigten fordern ein entschlosseneres politisches Handeln. Ganz oben auf der Wunschliste der Kfz-Branche: sinkende Strompreise, ein schnellerer Ausbau der Ladeinfrastruktur und mehr Transparenz bei den Ladetarifen – mit deutlichem Abstand die Top-Forderungen an die Politik.

„Die Umfrageergebnisse sprechen eine klare Sprache: Wir brauchen dringend eine breitangelegte Förderung insbesondere privater Elektroautos, die den Namen auch verdient. Das wäre mindestens die versprochene Senkung der Stromsteuer und der Netzentgelte für alle Konsumenten. Die aktuellen Maßnahmen der Koalition sind unzureichend und einseitig nur auf hochpreisige E-Dienstwagen ausgerichtet“, so Peckruhn. „Unsere Betriebe investieren seit über zehn Jahren in Ausbildung und Ausrüstung für E-Mobilität. Wir geraten ökologisch, technologisch und wirtschaftlich ins Hintertreffen, wenn diese Technologie jetzt nicht hochläuft.“

Klar ist: Seit dem Wegfall der staatlichen Förderung für Elektroautos Ende 2023 ist der Marktanteil batterieelektrischer Fahrzeuge nur leicht gestiegen. Für den Wandel zur klimaneutralen Mobilität reicht das nicht aus.

Peckruhn warnt: „Um die CO₂-Flottenziele bis 2035 zu erreichen, bräuchten wir bereits jetzt rund 100.000 zusätzliche E-Auto-Neuzulassungen, um einen Marktanteil von etwa 25 Prozent bei den Neuzulassungen zu erreichen. Davon sind wir weit entfernt. Seit dem Förderaus der Ampelkoalition kommt die Marktdurchdringung mit E-Fahrzeugen nur noch schleppend voran.“

„Viele Händler sind zurückhaltend, was die kommenden Monate angeht“

Bei den Umsatzerwartungen für das zweite Halbjahr zeigt die Umfrage ein klares Muster: 54 Prozent der größeren Betriebe blicken pessimistischer („schlechter“ und „eher schlechter“) auf die Entwicklung bis Jahresende – deutlich mehr als bei den mittleren (44 Prozent) und kleineren Unternehmen (38 Prozent). Für seine Halbjahresumfrage hat der ZDK bis zum 2. Juli rund 500 Autohäuser und Kfz-Betriebe interviewt – von kleineren Betrieben mit bis zu 15 Beschäftigten über mittlere (16 bis 50) bis hin zu größeren Unternehmen mit mehr als 50 Mitarbeitenden.

Beim Blick nach vorn liegen die kleineren Betriebe vorn: 23 Prozent rechnen mit einer „besseren“ oder „eher besseren“ Umsatzentwicklung, gefolgt von 19 Prozent der mittleren und 17 Prozent der größeren Unternehmen. Dies wiederum dürfte im Fokus der kleineren Betriebe liegen, die primär allein aus dem Werkstattgeschäft ihre Wertschöpfung beziehen, während bei größeren Unternehmen des Kfz-Gewerbes die Skaleneffekte aus den Autoverkäufen der Umsatz- und Ergebnistreiber ist. Unterm Strich haben jedoch mit 44 Prozent der befragten Betriebe ihre Umsatzerwartungen zurückgeschraubt, und nur 20 Prozent sind optimistischer – ein klarer Indikator für die angespannte Lage im Autohandel.

„Viele Händler sind zurückhaltend, was die kommenden Monate angeht“, so Peckruhn. „Vor allem die nach wie vor bestehende politische Unsicherheit in Sachen E-Mobilität, aber auch die Zurückhaltung der Kundinnen und Kunden in wirtschaftlich unsicheren Zeiten machen sich bemerkbar.“

Quelle: Kfz-Gewerbe – Pressemitteilung vom 18.08.2025

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Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer ist E-Mobility-Journalist und hat stets das große Ganze im Blick: Darum schreibt er nicht nur über E-Autos, sondern auch andere Arten fossilfreier Mobilität sowie über Stromnetze, erneuerbare Energien und Nachhaltigkeit im Allgemeinen.

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