Eigentlich war im Dezember 2023 der Fall abgeschlossen: Nach Bekanntwerden des Verdachts der Vetternwirtschaft bei der Vergabe von Fördermitteln für Wasserstoff-Projekte im Bundesverkehrsministerium (BMDV) kam eine interne Untersuchung zu dem Ergebnis, dass alles mit rechten Dingen zugegangen sei. Doch nun entlässt Minister Volker Wissing (FDP) den verdächtigten Abteilungsleiter mit der Begründung, dass das Vertrauensverhältnis nicht mehr gegeben sei. Wie unter anderem die Süddeutsche Zeitung berichtet, habe es wohl neue Hinweise darauf gegeben, dass sich über die gängigen Maße hinweg in eine Fördervergabe in Millionenhöhe eingemischt worden war.
Konkret geht es um die Förderung des Deutschen Wasserstoff- und Brennstoffzellenverband (DWV) aus dem Jahr 2021. Die Süddeutsche schreibt hierzu: “Der Ministerialbeamte hatte den Förderantrag des befreundeten DWV-Chefs, mit dem er wiederholt im Urlaub war, nicht nur intern befürwortet, sondern sich auch während des laufenden Verfahrens eingemischt, etwa indem er den Stand der Bearbeitung des Antrags erfragte.” Dies wurde bislang von einer internen Revision offenbar als unkritisch betrachtet.
Wissing fühlt sich getäuscht
Allerdings haben dabei offenbar nicht alle entscheidenden Mails zur Untersuchung vorgelegen. Einen Teil der Mails habe das Referat G25 der zuständigen Stabsstelle vorenthalten. Eine erste Sichtung des nun zusätzlich in Augenschein genommenen Materials habe “Ungereimtheiten und Widersprüche” ans Tageslicht befördert. Zudem gebe es Hinweise auf ungebührliche Einflussnahmen. “Wir können nicht mehr ausschließen, dass es eine Einflussnahme gab”, sagte Staatssekretär Stefan Schnorr. Er und sein vorgesetzter Minister Wissing fühlten sich getäuscht.
Auch über eine weitere Konsequenz im Ministerium berichtet die Süddeutsche Zeitung: “Ein weiterer Mitarbeiter, der Leiter des Referats G25, das sich mit Wasserstoff und Brennstoffzellen befasst, wurde zudem versetzt; er werde nun ein Referat in der Eisenbahnabteilung leiten.” Nun sollen zudem weitere zugeteilte Förderungen im Gesamtvolumen von gut 26 Millionen Euro noch einmal überprüft werden. Und auch Wissings Vorgänger Andreas Scheuer (CSU) droht neues Ungemach: Über eine 290 Millionen Euro schwere Förderung des Innovations- und Technologiezentrum für Wasserstoff (ITZ) soll dieser über die Köpfe seiner Mitarbeiter hinweg entschieden haben.
Bevorzugung von Wasserstoff gegenüber der E-Mobilität?
In der Branche wurde zuletzt immer wieder einmal kritisiert, dass das Bundesverkehrsministerium viel Geld für Wasserstoff-Projekte vorsehe, während Fördermittel für die Elektromobilität zusammengestrichen werden. So äußerte sich jüngst der Bundesverband Beratung neue Mobilität e.V (BBNM), dass man sehr kritisch beobachte, “was an Lobbyarbeit in Sachen Wasserstoff in den Bundesbehörden vor sich geht“.
Batterieelektrische Elektromobilität sei aus Sicht des Verbandes aufgrund seiner Effizienz klar vor der Brennstofftechnologie zu bevorzugen – im Pkw-Bereich sowieso, aber bis auf wenige Ausnahmen gelte das laut BBNM auch im Nutzfahrzeugbereich. „Wenn wir dann aber sehen, welche Fördersummen angesichts der knappen Mittel für den Ausbau der Wasserstoff-Infrastruktur im Verkehrssektor freigemacht werden sollen, dann müssen wir uns ernsthaft fragen, welche Interessen die Entscheidungsträger damit tatsächlich verfolgen“, führt der Verbandsvorstand aus.
Quelle: Süddeutsche Zeitung – “Wissing entlässt Abteilungsleiter nach Wasserstoff-Affäre”