VW kündigt Händlern – unter ihnen auch Elektro-Verkaufskaiser Warncke

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Autohaus Warncke

Iris Martinz
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„Think small“ spielt es wohl nicht bei VW. Nachdem VW-Vertragshändler für die E-Autos bereits die Umstellung auf das Agenturmodell hinnehmen mussten – und dagegen Sturm laufen -, erfolgt nun auch noch eine Bereinigung des Vertriebsnetzes. Zum Jahresende 2022 wurde zahlreichen kleinen Händlern der Vertrag aufgekündigt. Das trifft auch solche, die mit ihrem Elektro-Verkaufstalent einen wesentlichen Beitrag zur Dekarbonisierungsstrategie des Konzerns geleistet haben – wie das Autohaus Warncke im beschaulichen Tarmstedt, am nordöstlichen Rand von Bremen. Dem Ende des „VW-Elektroautohauses“ hat die Süddeutsche Zeitung nun einen seitenlangen Artikel gewidmet – wobei: Autohauschef Wolf Warncke könne ja in Zukunft noch VWs reparieren.

2022 kam das Agenturmodell: seit der Einführung des ID.3 bekommt der Händler für ein verkauftes Elektroauto nur mehr eine kleine Provision, der Verkauf erfolgt im Namen und auf Rechnung des VW-Konzerns. Rabatte oder Zusatzleistungen gehören damit der Vergangenheit an – der Händler ist nur mehr „Erfüllungsgehilfe“ in einem sogar oft online gestarteten Verkaufsprozess. Kritik des Präsidenten des Verbands der deutschen Volkswagen- und Audi-Händler, Dirk Weddingen von Knapp, verhallte wohl ungehört. Ob die angestrebten Verhandlungen zumindest eine höhere Provision zur Folge hatten, ist nicht bekannt.

„Doppelt so lang schwätzen, halb so viel verdienen!“ So hatte Händler Warncke das Modell in einem Interview mit der WirtschaftsWoche zur Einführung auf den Punkt gebracht. Tatsächlich erfordert ein Elektroauto aufgrund der fehlenden Kunden-Erfahrung deutlich mehr Beratungsaufwand als ein Verbrenner. Und als wäre das noch nicht genug, will VW nun gar nicht mehr, dass Warncke Neuwagen verkauft. Die vorgeschlagene Zielzahl von 1.000 Fahrzeugen pro Jahr könne er nicht einmal annähernd erreichen. Damit sind die Neuwagen ab diesem Jahr weg – nach 50 Jahren Kooperation. Er könne in seiner Werkstatt ja immer noch VW-Fahrzeuge reparieren, hatte der Konzern ihm lapidar erklärt.

Dabei ist Warncke so etwas wie ein Elektro-Messias: mehr als die Hälfte aller bei Warncke gekauften Fahrzeuge fuhren im letzten Jahr mit einem elektrischen Antrieb vom Platz. Deutschlandweit sind es rund 25, global überhaupt nur magere sechs Prozent. Dabei hatte Konzernchef Oliver Blume erst im Dezember wieder bekräftigt, dass E-Mobilität die Zukunft der VW-Gruppe sei. Am eingeschlagenen Elektro-Kurs würde man auf jeden Fall festhalten – wohl auch, um den Dieselskandal endlich vergessen zu machen. Warum man dann gerade jene Händler aus dem Vertriebsnetz kickt, die mit ihrem Enthusiasmus und Engagement genau diesen Kurs unterstützen würden, kann sich niemand erklären. VW argumentiert, man könne „bei kleinen Händlern leider keine Ausnahme machen„.

Freuen werden sich die asiatischen Hersteller: Elektroauto-Händler Warncke wird sich jetzt wohl um andere E-Marken bemühen und auf junge Gebrauchte setzen. Denn von der Reparatur seiner verkauften Elektroautos wird er nicht leben können – fällt doch bei einem Elektroauto kaum Reparatur- und Wartungsaufwand an. Schade um einen Elektroauto-Pionier, den man bei VW nicht mehr haben wollte.

Quelle: Süddeutsche Zeitung – Warum VW einem erfolgreichen E-Auto-Händler kündigt//ecomento.de – VW-Konzern liefert im 1. Halbjahr deutlich mehr Elektroautos aus//WirtschaftsWoche – Warum VW-Händler keine E-Autos verkaufen wollen

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Iris Martinz

Iris Martinz

Iris Martinz ist Unternehmens- und E-Mobilitätsberaterin in Österreich, mit langjähriger Erfahrung im Recycling und Second Life von E-Mobilitätsbatterien. Fährt sowohl rein elektrisch, als auch V8, und möchte die beiden Welten etwas näher zusammenbringen. Nachzulesen unter www.mustangsontour.com.

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