Im Herbst startet wie es aussieht der L7e-Stadtflitzer ACM City, entwickelt im IKT-EM-III-Förderprojekt Adaptive City Mobility 2, und bringt damit eine neue Fahrzeugkategorie auf die Straße. ACM-Projektchef Paul Leibold erklärte in einem Interview mit Electrive, was das besondere an dem kleinen Elektro-Gefärt ist, wo es herkömmliche Elektroautos übertreffen kann und warum es weltweit zu einer gefragten Mobilitätslösung avancieren kann.
Mit dem „Multipurpose-City-Fleet-Electric-Vehicle“ wollen die Beteiligten nicht nur ein Fahrzeug, sondern ein ganzes Elektromobilitätssystem entworfen haben, wie Leibold erklärt. Elektromobilität sei „immer das Zusammenspiel von Elektrofahrzeug, Energielösung und intelligenter Vernetzung.“ Ein großer Akku allein mache noch kein vernünftiges Elektroauto aus, wichtig sei auch eine „Integration der Energieversorgung, was wiederum nur mit intelligenten Daten funktionieren kann“. Dafür brauche es dann die intelligente Vernetzung, so der ACM-Chef. Tesla habe das mit seinem Supercharger-Netzwerk plus der intelligenten Vernetzung der Fahrzeuge „als einziger E-Auto-Hersteller ja exzellent vorgemacht.“
Eine für Newcomer attraktive Nische
ACM wolle sich allerdings nicht mit Tesla vergleichen, sondern die Kalifornier eher als Vorbild sehen. ACM sehe sich „in einer kleinen für Newcomer attraktiven Nische: Kleine, leichte und daher einfache und bezahlbare City E-Vehicles, die aufgrund ihres geringen Gewichtes mit Niedervolt betrieben werden können.“ Das mache die Fahrzeuge auch preislich deutlich interessanter. Die für die Kleinstfahrzeugklasse L7e konzipierten ACM-Flitzer seien als Flotten- bzw. Sharing-Fahrzeuge gedacht, „die wir uns gemeinsam in der Stadt teilen, und sie werden uns dann auch helfen, Verbrenner- und Privatfahrzeuge im großem Maßstab zu ersetzen.“
Der Fokus von ACM liege auf Flottenbetreibern „mit den unterschiedlichsten Use-Cases: Ride-Hailing, Taxi, Carsharing, Tourismus und sogar Last-Mile-Logistik sind mit dem ACM City möglich“, erklärt Leibold. Die Serienversion des kleinen E-Fahrzeugs soll vier Sitze oder zwei Sitze plus Platz für eine Europalette bieten, indem einfach die Rücksitzbank umgeklappt wird. „Und das bei einer Grundfläche eines Smart Forfour“, etwa 3,5 auf 1,5 Meter. Bei den Akkus sei eine Kombination aus fest verbauten Akkus und Wechselakkus angedacht, was die Einsatzmöglichkeiten flexibilisiere. In Sachen Wechselakkus führe ACM bereits Gespräche mit anderen Anbietern in diesem Bereich, etwa dem Wechselakku-Spezialisten Swobbee und dem E-Roller-Hersteller Gogoro.
Schon bald soll der ACM City abseits erster Pilotprojekte auf die Straße kommen: „Im Herbst dieses Jahres werden wir trotz der Corona-Krise das finale Serien-Prototypenfahrzeug fahrbereit aufgebaut haben und exklusiv potenziellen Kunden vorstellen“, sagt Leibold. Für Indien sei ein Referenzprojekt in Neu-Delhi angedacht, bei dem sogar mehrere tausend ACM E-Fahrzeuge eingesetzt werden sollen. Im Herbst werde auch bekannt gegeben, „wer das Fahrzeug produziert, was es kostet und wann es lieferbar ist.“ Mit diesen Infos wolle ACM allerdings „nicht an die breite Öffentlichkeit gehen, da unsere Kunden reine B2B-Flottenbetreiber sind und keine B2C-Endkunden.“
„Wir sprechen hier von 50 bis 70 Prozent der Menschheit“
Eine große Stärke des Konzepts sei, dass der ACM City an herkömmlichen Steckdosen geladen wird und somit keine aufwändige Ladeinfrastruktur benötigt. Deshalb seien „vor allem aufstrebende Entwicklungs- und Schwellenländer an unserer Lösung interessiert“, erklärt der ACM-Chef. Schnellader zum Beispiel seien mittelfristig „in diesen Ländern undenkbar, wir sprechen hier von 50 bis 70 Prozent der Menschheit.“
Das Auto, das maximal 90 km/h schafft, sei explizit als Nischenfahrzeug gedacht und wolle gar nicht „Everybody’s Darling“ sein, wie Leibold erklärt. Dafür könne man sich voll und ganz „auf eine Zielgruppe“ konzentrieren: „70 Prozent der Menschheit lebt zukünftig in Städten, dort wo die größten Probleme in Hinsicht auf Mobilität, Abgase, Verkehrsinfarkt, etc. gelöst werden müssen.“ Ein schnelleres und größeres Auto als den ACM City benötigen die meisten Menschen in diesem Umfeld gar nicht.
Der Corona-Krise kann Leipold sogar etwas Positives abgewinnen. Sie werde „uns unter anderem lehren, Wichtiges von Unwichtigem zu unterscheiden.“ Der ACM-Chef vermutet, dass es damit „immer offensichtlicher“ wird, „dass es kein ökologischer und sozialer Ansatz ist, mit 2,5-Tonnen-Fahrzeugen in Innenstädten unterwegs zu sein. Dieses Marktsegment wird in den nächsten Jahren schrumpfen, das Marktsegment in dem sich ACM befindet, massiv wachsen und in Folge dessen werden weltweit Produktionskapazitäten für E-Fahrzeuge wie das ACM E-Vehicle angeboten. Davon wird ACM sicherlich profitieren.“
Quelle: Electrive — Launch des ACM City im Herbst im kleinen Kundenkreis