Wer darauf hofft, dass sich Deutschlands Autoverkehr rasch modernisiert und klimafreundlicher wird, darf nicht auf Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) setzen. Schon allzu oft hat er sich als Bewahrer des Status Quo gezeigt und innovative und zugegeben manchmal auch radikale Ideen ausgebremst, wie etwa bei der Einführung von Diesel-Fahrverboten in Abgas-geplagten Innenstädten oder der Einführung eines flächendeckenden Tempolimits auf Autobahnen.
Auch bei der Festlegung auf eine Antriebstechnologie der Zukunft gibt Scheuer den Bremsklotz. „Nur auf Elektromobilität zu setzen, ist mir zu eingegrenzt. Wir brauchen Kombilösungen, technologieoffen, verkehrsträgerübergreifend“, sagte der Verkehrsminister vor wenigen Tagen beim Future Mobility Summit des Tagesspiegels in Berlin. Die Aussage von VW-Chef Herbert Diess, Technologieoffenheit sei der falsche Weg und es müsse ganz auf E-Mobilität gesetzt werden, sei „komplett falsch“. Es werde zu sehr über die Hardware diskutiert, aber zu wenig „was man in die Hardware reingibt“, also etwa synthetische Kraftstoffe.
Er halte nichts von Verboten, sondern setze auf neue Chancen. „In Deutschland ist man so geil auf Verbote – ich nicht“, sagte Scheuer. Mobilität sei der Kraftstoff für eine erfolgreiche Wirtschaft und müsse einen Beitrag für saubere Luft leisten, sagte Scheuer. Die Deutschen seien im Marketing nicht die besten, aber als Ingenieure. „Darum geht es: Was bedeutet Mobilität von morgen?“, sagte der Minister. Dabei sei Mobilität sektorübergreifend zu verstehen. Individualverkehr werde künftig ersetzt durch individuelle Mobilität, digital und verkehrsträgerübergreifend.
„Mehr Anstrengungen für den Klimaschutz“
Von den Grünen, die zuletzt erneut für einen Ausstieg von der Verbrennertechnologie für das Jahr 2030 plädiert hatten, bekommt Scheuer für sein (Nicht-)Handeln traditionell viel Gegenwind, so auch in dieser Angelegenheit. Fraktionsvorsitzender Anton Hofreiter etwa sagte, dass Deutschland „mehr Anstrengungen für den Klimaschutz“ brauche, da sich die Klimakrise massiv radikalisiere. „Andreas Scheuer hat sich bis jetzt nur peinlich geäußert, wenn es um Stickoxidgrenzwerte ging, und hat bis jetzt nichts Relevantes unternommen, um die Verkehrswende voranzubringen und Klimaschutz auch im Verkehr durchzusetzen“, kritisiert Hofreiter den Verkehrsminister.
„Es braucht eine nachhaltige Verkehrswende für Klimaschutz und saubere Luft. Es braucht klare Leitplanken für die Autoindustrie, um einerseits Arbeitsplätze zu erhalten und andererseits dafür zu sorgen, dass die Autoindustrie endlich zu einem schnellen Umstieg auf E-Mobilität kommt. Wir fordern, dass es endlich ein funktionierendes Ladesäulennetz gibt, dass ein Bonus-Malus-System eingeführt wird, dass die Menschen sich auch in Deutschland Elektroautos leisten können und dass es endlich ein Enddatum für den fossilen Verbrennungsmotor gibt.“ – Anton Hofreiter, Fraktionsvorsitzender Bündnis90/ Die Grünen
Scheuer bremst auch Carsharing aus
Scheuer ist auch mit einem Parkplatzschild für Carsharing-Autos im Verzug. Obwohl das Inkrafttreten des Carsharing-Gesetzes schon anderthalb Jahre zurückliegt und die Branche boomt, fehlt das nötige Parkschild in der Straßenverkehrsordnung. Die Anbieter des Services warten händeringend darauf, vor allem in Großstädten die Verkehrszeichen aufhängen zu dürfen, um ihren Kunden gesicherte Parkplätze anbieten zu können.
In einem Brief an Scheuer warnte der Bundesverband Carsharing, dass die Kommunen den Start neuer Projekte für gemeinschaftlich genutzte Autos aussetzen würden, weil sie „auf die Veröffentlichung des bereits vor langer Zeit angekündigten amtlichen Verkehrszeichens warten“. Ein Entwurf des Ministeriums für das Schild zeigt vier menschliche Silhouetten und ein Auto, das in der Mitte durchgeschnitten ist – als handle sich hier um einen Nothalteplatz für kaputte Pkw.
Die Grünen, von Scheuer als Verbotspartei geschmäht, ermahnen diesen, ein verständliches Piktogramm gestalten zu lassen. „Verkehrsminister Scheuer redet viel über die Zukunft der Mobilität. Wenn Maßnahmen anstehen, wird es dann aber sehr ruhig“, sagte Grünen-Verkehrsexperte Oliver Krischer.
Quellen: Tagesspiegel – Vorabmeldung vom 08.04.2019 / Bündnis90/ Die Grünen – Pressemitteilung vom 09.04.2019 / Spiegel – Vorabmeldung vom 23.03.2019