Verbrenner-Dienstwagen werden in der EU mit 42 Milliarden Euro subventioniert

Verbrenner-Dienstwagen werden in der EU mit 42 Milliarden Euro subventioniert
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Michael Neißendorfer
Michael Neißendorfer
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Die Bundesregierung nutze das industrie- und klimapolitische Potential der Elektrifizierung von Flotten nicht. Sie setze über die Dienstwagenbesteuerung zu wenig Anreize in Elektroautos, so eine neue Studie von Environmental Resources Management (ERM), die von Transport & Environment (T&E) in Auftrag gegeben wurde.

Wie funktioniert die Dienstwagenbesteuerung?

Dienstwagen sind Firmenwagen, die auch privat genutzt werden dürfen. Die private Nutzung muss versteuert werden. Dafür gibt es zwei Methoden. Die Fahrtenbuchmethode und die sogenannte 1-Prozent-Regelung. Bei Letzterer werden pauschal 1 Prozent des Bruttolistenpreises sowie 0,03 Prozent pro Kilometer Arbeitsweg als geldwerter Vorteil versteuert. Für E-Autos bis 70.000 Euro Bruttolistenpreis gilt eine Sonderregel. Hier müssen nur 0,25 Prozent versteuert werden. Bei Plug-in-Hybriden sind es 0,50 Prozent.

Unabhängig davon, welche der beiden Methoden Dienstwagenfahrende nutzen, erhalten viele zusätzlich eine Tankkarte, die sie nicht versteuern müssen und mit der sie auf Kosten des Unternehmens tanken können. Das ermögliche besonders umweltschädliches Flatrate-fahren, kritisiert T&E.

Was ist das Problem mit der Dienstwagenbesteuerung?

In Deutschland entfallen zwei Drittel aller Neuzulassungen auf gewerblich genutzte Fahrzeuge. Knapp die Hälfte dieser Firmenwagen sind Dienstwagen, die neben der geschäftlichen Nutzung auch privat gefahren werden dürfen. Für Hersteller ist der gewerbliche Markt der wichtigste Absatzmarkt für Neuwagen. VW setzt beispielsweise 70 Prozent seiner Neuwagen auf dem Firmenwagenmarkt ab.

Daher spielen Firmenwagen auch eine entscheidende Rolle bei der Elektrifizierung des Fahrzeugbestands. Derzeit hinkt ihre Elektrifizierung mit 11,7 Prozent den Privat-Pkw hinterher, von denen im ersten Halbjahr 2024 16,6 Prozent vollelektrisch waren. Das liegt daran, dass die Spreizung zwischen den Kosten eines Verbrenners und E-Autos nicht groß genug ist. Verbrenner-Dienstwagen müssen teurer werden, fordert daher T&E.

Was sagt die neue ERM Studie?

Eine neue ERM-Studie im Auftrag von T&E beziffert die Steuervorteile, die Dienstwagen mit Verbrennungsmotor – Benzin-, Diesel- und Plug-in-Hybrid-Fahrzeuge – in sechs europäischen Ländern erhalten. Es ist die erste Studie, die diese Steuervorteile simultan analysiert und Subventionen pro registriertem Fahrzeugmodell in den jeweiligen Ländern berechnet, anstatt sich wie bisherige Studien auf Durchschnittsmodelle zu stützen. Betrachtet werden Deutschland, Frankreich, Italien, Polen, Spanien und das Vereinigte Königreich.

Die Studie zeigt, dass Deutschland nach Italien am meisten Steuergelder für Subventionen für fossil betriebene Dienstwagen ausgibt – insgesamt 13,7 Milliarden Euro im Jahr 2023. Die dreckigsten Autos erhalten dabei die höchsten Steuervorteile. Auf einen geleasten Opel Corsa kommen in Deutschland Steuervorteile in Höhe von 4015 Euro pro Jahr, auf einen geleasten Audi A6 fast doppelt so viel.

Subventionen-Verbrenner-Dienstwagen
Transport & Environment

Plug-in-Hybride profitieren aufgrund ihrer niedrigen Besteuerung ganz besonders. Der Mercedes GLC erhält Steuervorteile von 10.135 Euro pro Jahr. Fossil betriebene Autos seien also weiterhin zu attraktiv, sie müssten teurer werden, damit Firmen und Fahrende umsteigen, so T&E. Für ein geleastes E-Auto wie den VW ID.4 entsteht für Arbeitgeber ein Steuervorteil von nur 12 Euro pro Jahr gegenüber einem vergleichbaren Verbrenner wie dem VW Tiguan.

In welchen Ländern läuft es besser?

Im Vereinigten Königreich zahlen Dienstwagenfahrende mehr Steuern, je mehr CO2 ihre Autos ausstoßen. Wer auf E-Antrieb umstellt, bezahlt nur geringe Steuern. Diese Anreize haben elektrischen Dienstwagen den notwendigen Anschub gegeben. 21,5 Prozent der neuen britischen Dienstwagen fahren bereits elektrisch, in Deutschland sind es nur 11,7 Prozent.

In Belgien wurden Abschreibungsmöglichkeiten für gewerbliche E-Autos verbessert, während sie für gewerbliche Verbrenner schrittweise abgeschafft werden. Das hat Belgien zum Spitzenreiter in Europa gemacht: Dort waren im 2. Halbjahr 2024 35,3 Prozent der gewerblichen Neuzulassungen E-Autos.

„Die Bundesregierung hat mit der Wachstumsinitiative den ersten Schritt getan, um das enorme industriepolitische Potential der Firmen- und Dienstwagenbesteuerung zu nutzen, indem sie gewerbliche E-Autos attraktiver gemacht hat. Das reicht aber längst nicht. Was fehlt, ist der Mut zum effizienteren Schritt: Verbrenner unattraktiver zu machen“, sagt Susanne Goetz, Referentin für E-Mobilität bei T&E Deutschland.

T&E fordert angesichts dieser Schieflage:

  • Die angekündigten Sonderabschreibungen für gewerblich zugelassene E-Autos sollten mit reduzierten Abschreibungsmöglichkeiten für Verbrenner eingeführt werden.
  • Der pauschale Steuersatz bei der Dienstwagenbesteuerung für Verbrenner sollte auf 2 Prozent erhöht werden, um eine höhere Spreizung zwischen dem Preis für E-Mobilität und der auslaufenden Verbrenner-Technologie zu schaffen. Zudem sollte der Steuersatz mit dem CO2-Ausstoß des Autos steigen.
  • Die im Koalitionsvertrag angekündigte Anpassung des Steuersatzes für Plug-in-Hybride müsse umgesetzt werden.
  • Neben steuerlichen Maßnahmen sollten nach dem französischen Beispiel auch in Deutschland Programme wie Social Leasing auf den Weg gebracht werden. Social Leasing ermöglicht es Bevölkerungsgruppen, die bislang keinen Zugang zu E-Autos hatten, diese vergünstigt zu leasen. Gleichzeitig schaffe die Maßnahme mehr Planungssicherheit bei den Herstellern.

Quelle: Transport & Environment – Pressemitteilung vom 20.03.2025

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Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer ist E-Mobility-Journalist und hat stets das große Ganze im Blick: Darum schreibt er nicht nur über E-Autos, sondern auch andere Arten fossilfreier Mobilität sowie über Stromnetze, erneuerbare Energien und Nachhaltigkeit im Allgemeinen.

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