Der neue Präsident des Verbandes der Internationalen Kraftfahrzeughersteller (VDIK) Michael Lohscheller, manchem vielleicht noch bekannt als ehemaliger Chef von Opel, sprach mit dem Magazin Focus über die aktuellen Herausforderungen der Automobilindustrie, und wie diese sich auf Verbraucherinnen und Verbraucher und die Zukunft der Mobilität auswirken.
„Ein sehr wichtiges Ziel“ in seiner Tätigkeit als VDIK-Präsident sei sein Einsatz für „bezahlbare Mobilität“. Man müsse sich eingestehen, dass Autos in den vergangenen Jahrzehnten immer teurer geworden seien: „Individuelle Mobilität kann sich nicht mehr jeder leisten“, so Lohscheller. Mit Blick auf die geplanten Strafzölle auf chinesische Elektroautos sagt er, es „kann und darf nicht sein, dass ausgerechnet emissionsfreie Mobilität nun noch kostspieliger wird wegen solcher Handelshemmnisse“.
Zudem halte er „Protektionismus für den falschen Ansatz“ und Dialog besser als Konfrontation. „Zölle können dafür sorgen, dass Verbraucher für ein neues Elektroauto mehr bezahlen müssen“, kritisiert der VDIK-Präsident. Das sei „allein schon unter Klima-Gesichtspunkten wirklich keine gute Idee“.
Den Einbruch der E-Auto-Zulassungen in Deutschland, vor allem ausgelöst durch den plötzlichen Wegfall des Umweltbonus, bezeichnet Lohscheller als „wirklich dramatisch“ und als „Weckruf“. Der Stopp „quasi über Nacht“ habe Kunden und Industrie überfordert. Dabei sei eine Hilfe wie die Prämie auf den Kaufpreis bei einer neuen Technologie wie Elektroautos „schon wichtig“. Er fordert, um das Pendel wieder in die andere Richtung schwingen zu lassen, eine Abkehr vom „Klein-Klein“ und „gewaltige Anstrengungen, eine große Offensive für die Elektromobilität.“
Als großes Problem bezeichnet der oberste Lobbyist der internationalen Autohersteller in Deutschland die hohen Strompreise hierzulande, die das Laden von E-Autos im internationalen Vergleich teurer machen: „In Frankreich zahle ich 23 Cent pro Kilowattstunde, in Deutschland 37. EU-Schnitt: 28 Cent. Für die Leute muss sich das rechnen“. Hinzu kommen als Hindernisse für die deutsche Automobil- und Energie-Industrie „zu viel Bürokratie“ und die hohen Lohnkosten.
Eine prekäre Lage für Hersteller und Zulieferer, wie der VDIK-Präsident sagt: „Globaler Wettbewerb bedeutet, dass Investitionen dahin gehen, wo die Bedingungen am besten sind. Umso mehr müssen die Deutschen sich diesem Wettbewerb stellen“, so Lohscheller.
„Da können Sie nicht einfach rein in die Kartoffeln, raus aus den Kartoffeln“
Zum Plan konservativer Kreise, den Abschied vom Verbrenner in der EU hinauszuzögern, sagt er, die Politik sollte „sehr, sehr vorsichtig sein, grundsätzliche Entscheidungen immer wieder zu verändern“. Die Autoindustrie denke und investiere „in langen Zyklen. Da können Sie nicht einfach rein in die Kartoffeln, raus aus den Kartoffeln.“ Doch er scheint in dieser Sache recht zwiegespalten und ohne klare Linie, da er sich gleichzeitig für Technologieoffenheit ausspricht: „Wir können als Industrie den Kunden nicht vorschreiben, was die für sie praktikabelste und effizienteste Technologie ist“, sagt Lohscheller: „Ob Wasserstoff oder E-Fuels – man sollte dem Kunden und der Industrie überlassen, welche Technologie sich durchsetzt“. Warum er in dieser Aufzählung angesichts des zuvor gesagten ausgerechnet Elektroautos auslässt? Hätten wir das Interview geführt, hätten wir hier nochmal nachgehakt.
Insgesamt sagt Lohscheller dem Auto weiterhin eine „große Zukunft“ voraus, zumal es sich stetig verändere und verbessere. Gerade in großen Städten jedoch sei es wichtig, das Auto mit allen anderen Verkehrsträgern noch besser zu vernetzen – und öfter auch mal stehen zu lassen, wie er mit Blick auf die Niederlande sagt, „wo Autoverkehr und Fahrrad sich gut ergänzen“.
Quelle: Focus – „Mobilität kann sich nicht mehr jeder leisten“