Die Wende vom Diesel und Benziner zum Elektroauto könnte die Beschäftigten in der deutschen Autobranche hart treffen. „Wir gehen davon aus, dass etwa 70.000 Stellen wegfallen“, sagte der scheidende Präsident des Verbands der Automobilhersteller (VDA), Bernhard Mattes, im Interview mit dem Kölner Stadt-Anzeiger. Autos mit Elektroantrieb haben im Vergleich zu Verbrennungsfahrzeugen nur einen Bruchteil von Bauteilen.
Mattes sagt, die Autohersteller können den Wegfall an Stellen nur über einen längeren Zeitraum durch natürliche Fluktuation und Vorruhestandsregelungen sozialverträglich bewerkstelligen. Mitarbeiter, die noch länger in den Unternehmen tätig sein sollen, müssten bereits jetzt für die neue Technologie qualifiziert werden, und „nicht erst, wenn die E-Mobilität einen hohen Anteil erreicht“, so Mattes, der sein Amt zum Jahreswechsel aufgibt. Mattes sagte auch, er findet den reinen E-Antrieb nicht für alle Gebiete geeignet. „In einem dicht besiedelten Raum macht der rein batterie-elektrische Antrieb schon jetzt Sinn, weil vor allem kürzere Strecken zurückgelegt werden. Für lange Strecken brauchen wir Alternativen, zum Beispiel den Plug-in-Hybrid“, meint Mattes.
„Die deutsche Automobilindustrie wird gestärkt aus dieser Transformation hervorgehen“
Insgesamt ist Mattes der Meinung, dass die deutsche Automobilindustrie gestärkt aus der Antriebswende und der gegenwärtigen Transformation hervorgehen wird, wie er vor wenigen Wochen auf dem Handelsblatt Auto-Gipfel sagte. „Die Automobilindustrie, und hier vor allem die deutsche“, habe ihre besten Zeiten noch vor sich, sagte der VDA-Präsident auf der Veranstaltung.
Die deutschen Hersteller hätten „die beste Expertise bei Produkt- und Prozessintegration und -innovation entlang einer hochkomplexen Wertschöpfungskette“ und Industrie 4.0 „umgesetzt und auf höchstem Stand weiterentwickelt“. Deutschland verfüge heute über „eine Wertschöpfungskette aus kleinen und mittleren Unternehmen, Startups, Wissenschaft und Forschung und großen Industrieunternehmen, die ihresgleichen sucht“.
Nun gelte es, sich zukunftssicher aufzustellen: Weil weltweit der Wunsch der Menschen nach individueller Mobilität nicht schwächer, sondern stärker wird. Weil das Auto seine letzten „Baustellen“ schließt, womit Mattes sowohl Schadstoffemissionen als auch CO2 meint. Und weil Elektromobilität nachhaltige und emissionsfreie Mobilität ermöglicht, und weitere Alternativen den Mix erweitern werden.
Dies stelle die Industrie vor enorme Herausforderungen – konjunkturell, handelspolitisch, klimapolitisch und technologisch. Zumal viele neue Anbieter auf den Markt drängen und der Wettbewerb an Schärfe zunimmt.
„Aber gerade deshalb“ zeigt sich Mattes „davon überzeugt, dass die deutsche Automobilindustrie gestärkt aus dieser Transformation hervorgehen wird.“ Sie müsse jetzt die übergreifenden gesellschaftlichen Anliegen in Einklang bringen: „Individuelle Mobilität zu sichern und gleichzeitig Klimaschutz, saubere Umwelt, Verkehrssicherheit, lebenswerte Städte voranzutreiben.“ Es gehe nicht um die Frage „Klimaschutz oder Auto. Sondern es geht darum, wie wir beide Erfordernisse – CO2-Reduktion und nachhaltige individuelle Mobilität – gemeinsam erfüllen.“
Quellen: Kölner Stadt-Anzeiger – VDA-Chef rechnet mit 70.000 Jobs weniger wegen E-Autos // VDA – Pressemitteilung vom 24.10.2019