In einem zehnseitigen Papier kritisiert die „Tesla Manufacturing Brandenburg SE“, also der für den Bau des Werks in Grünheide gegründete Ableger des Autobauers, die Hindernisse des deutschen Genehmigungsrechts. Das an das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg als „Amicus Curie Brief“ gerichtete Schreiben ist als indirektes Unterstützungsschreiben für eine Klage der Deutschen Umwelthilfe (DUH) zu verstehen. Die DUH führt aktuell einen Rechtsstreit gegen die Bundesrepublik, um ein konkretes Regierungsprogramm zur Umsetzung des von Deutschland unterzeichneten Pariser Klimaschutzabkommens einzufordern.
Tesla hatte Ende 2019 unter viel Applaus unter anderem von Seiten der Politik angekündigt, ein Elektroauto-Werk in Deutschland aufzubauen. Im Juli soll nach Teslas Plänen in Grünheide die Produktion anlaufen, doch die offizielle Genehmigung für das Vorhaben steht immer noch aus, Tesla hangelt sich mit vorläufigen Genehmigungen durch das Vorhaben. Sollte Tesla die noch ausstehende und endgültige umweltrechtliche Genehmigung verweigert werden, müsste der E-Auto-Hersteller das gesamte Gelände auf eigene Kosten zurückbauen. In dem Brandbrief fordert Tesla als „Amicus Curiae“ der DUH die Bundesrepublik auf, Energiewendeprojekten einen Genehmigungsvorrang einzuräumen, um das im Bundes-Klimaschutzgesetz festgelegte nationale Klimaschutzziel 2030 zu erreichen.
Dies bedeutet, dass Deutschland seine CO2-Emissionen bis 2030 um mindestens 55 Prozent gegenüber 1990 reduzieren muss. „Hieraus folgt notwendigerweise, dass Deutschland sich modernisieren muss, einschließlich der Art und Weise, wie es die Herstellung von nachhaltigen Gütern und Dienstleistungen und die Errichtung der dafür notwendigen Infrastruktur ermöglicht“, heißt es in dem Schreiben. Tesla Brandenburg sei mit den Forderungen der DUH vertraut und der Ansicht, dass es im Interesse des Oberverwaltungsgerichts und der Beteiligten dieses Verfahrens liege, seine Erfahrungen mit deutschen Genehmigungsverfahren mitzuteilen. Daraus abgeleitet werden auch gleich Vorschläge für wesentliche Verbesserungen unterbreitet, die unmittelbar mit dem Klagegegenstand zusammenhängen, nämlich der Aufstellung eines geeigneten Klimaschutzprogramms.
Mit der in Grünheide anvisierten Produktionskapazität von 500.000 Elektroautos im Jahr würden sich jedes Jahr etwa 15 Millionen Tonnen CO2-Emissionen auf Europas Straßen vermeiden lassen, schreibt Tesla über den Klimanutzen von E-Autos. Eine Verzögerung von nur einem Monat bei der Genehmigung des Werkes in Grünheide würde also „zu über einer Million Tonnen zusätzlicher CO2-Emissionen führen“. Die Beseitigung unnötiger Verzögerungen und die Beschleunigung der endgültigen Genehmigungsentscheidung könne hingegen dazu beitragen, dass Deutschland seine Ziele, wie sie im Bundes-Klimaschutzgesetz festgelegt sind, auch erreichen könne, argumentiert Tesla.
Tesla fordert Vorfahrt für klimarelevante Projekte
Teslas Ziel, nur 20 Monate nach der Standortentscheidung mit der Produktion beginnen zu wollen, sei nicht ehrgeizig, was man bei ähnlichen Werken in China, die innerhalb nur eines Jahres aufgebaut werden, gut beobachten kann. „Jedes Investitionsprojekt, das die Absicht hat, den gefährlichen Klimawandel zu stoppen, sollte mit einer höheren Dringlichkeit und einem engen Zeitplan umgesetzt werden“, fordert Tesla. Der deutsche Genehmigungsrahmen für Industrie- und Infrastrukturprojekte sowie für die Raumplanung allerdings stehe „in direktem Gegensatz zu der für die Bekämpfung des Klimawandels notwendigen Dringlichkeit der Planung und Realisierung solcher Projekte“.
Tatsächlich hätten sich deutsche Genehmigungsverfahren seit Jahrzehnten nicht grundlegend geändert: „Sie stammen aus einer Zeit, in der die Notwendigkeit, sich mit den globalen Nachhaltigkeitsherausforderungen auseinanderzusetzen, weit weniger dringlich erschien als heute“. Für Tesla Brandenburg und den Genehmigungsantrag für das Werk Grünheide führe dies dazu, „dass es 16 Monate nach Beantragung der Genehmigung noch immer keinen Zeitplan für die Erteilung der endgültigen Genehmigung gibt“. Dieses Ergebnis sei „besonders irritierend, da die grundsätzliche Zulässigkeit des Vorhabens von mehreren Gerichten geprüft und bestätigt wurde und keine einzige gerichtliche Entscheidung die grundsätzliche Zulässigkeit des Vorhabens in Frage gestellt hat“, so Tesla.
Basierend auf den Erfahrungen, die Tesla Brandenburg in den letzten Jahren mit dem Genehmigungsverfahren gemacht habe, sei Tesla der Meinung, dass es einen besseren Weg gibt. Zum Beispiel sollten klimarelevante Projekte von nicht-nachhaltigen Projekten abgegrenzt werden, fordert Tesla. Die Genehmigungsprozesse für nachhaltige Projekte sollten zudem verschlankt und auch beschleunigt werden, „indem spezielle ‚Fast Track‘-Genehmigungsverfahren für sie geschaffen werden.“ Außerdem sollten auch die indirekten Umweltauswirkungen von Projekten in der Genehmigung berücksichtigt werden.
Tesla habe zudem beobachtet, dass „in vielen Fällen die spezifischen technischen Kenntnisse und Qualifikationen zu den zu genehmigenden Aktivitäten bei der jeweils zuständigen Behörde nicht vorhanden“ seien, und fordert deshalb auch die Einrichtung eines nationalen Ressourcenpools von Fachexperten, da der Mangel an sofort verfügbarem Fachwissen zu unnötig langen Rückkopplungsschleifen führe. „Die Einrichtung eines flexiblen nationalen Pools an Experten mit technischem Fachwissen, der von den zuständigen Bundesbehörden verwaltet wird, würde dieses Problem lösen“, schlägt Tesla vor.
Zusammenfassend schreibt Tesla, dass die langwierigen und umständlichen Genehmigungsprozesse in Deutschland „notwendige Investitionen in saubere Energieprojekte und Infrastruktur“ abschrecken. Dies mache es „für Deutschland praktisch unmöglich, seine Klimaziele zu erreichen“. Tesla Brandenburg schlägt daher „respektvoll vor, dass die Bundesrepublik Deutschland in Übereinstimmung mit den von der DUH in diesem Verfahren beantragten Klageziel die grundlegenden Änderungen an den einschlägigen Genehmigungs- und Raumordnungs- sowie Planungsgesetzen und -verfahren unverzüglich vornimmt, um die schnellstmögliche Realisierung von nachhaltigen Projekten zu gewährleisten“. Nur so werde es möglich sein, die geforderten Ziele zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen zu erreichen.
Quelle: Tesla – Amicus Curiae Brief (PDF)