Im Mai wurde bekannt, dass das chinesische Unternehmen Aiways seine Strategie ändert. Angesichts des zunehmenden Wettbewerbs und Preisdrucks auf dem chinesischen Markt hat sich der Hersteller von Elektroautos entschieden, seine Aktivitäten in China einzustellen und stattdessen Europa als Hauptmarkt zu priorisieren, dies jedoch auch mit eher wenig Nachdruck. Für Elektroauto-News sind wir mit einer gut informierten Quelle aus dem Umfeld des E-Auto-Herstellers in den Austausch gegangen, um mehr über die Hintergründe und Pläne des Unternehmens zu erfahren.
Die Quelle bestätigte gegenüber Elektroauto-News, dass der Rückzug aus dem heimischen Markt eine bewusste Entscheidung gewesen sei. Aiways möchte sich demnach nicht dem intensiven Preiskampf in China stellen und sehe in Europa größere Chancen. Interessanterweise hat die Marke bereits in der Vergangenheit mehr Autos in anderen Ländern verkauft als in China. Gegenwärtig durchläuft das Unternehmen in China eine Phase der Konsolidierung. Die Produktion im chinesischen Werk ist gestoppt, um Ressourcen zu schonen und sich auf die Expansion in Europa zu konzentrieren. Wie Volkswagen in Deutschland erlebt Aiways eine Rosskur, die den Übergang zu einem neuen Geschäftsmodell begleiten soll.
Aiways: Börsengang in den USA geplant
Ein wesentlicher Teil der neuen Strategie ist die Beschaffung von frischem Kapital durch einen Börsengang in den USA. Im Mai kündigte Hudson Acquisition, eine an der Nasdaq notierte Gesellschaft, eine Vereinbarung mit Aiways Automobile Europe GmbH an. Diese sieht vor, dass die Aktionäre von Aiways Europe im Zuge einer sogenannten De-Spac-Transaktion Aktien von Hudson Acquisition erhalten. Die Bewertung von Aiways Europe beläuft sich hierbei auf etwa 360 Millionen Euro (umgerechnet 400 Millionen US-Dollar).
Der Abschluss dieser Transaktion ist für den 31. Dezember 2024 geplant. Nach der Fusion werden die Aktionäre von Hudson Acquisition Minderheitsaktionäre der neuen kombinierten Gesellschaft sein. Diese Fusion markiert einen entscheidenden Schritt, um die Präsenz von Aiways in Europa zu stärken. Sie soll dem Unternehmen Zugang zu Wachstumskapital, eine engere Ausrichtung an europäischen Designvorgaben und eine gestärkte Führungsriege ermöglichen.
Mit dem Kapital aus dem Börsengang plant der Automobilhersteller, weiter in Europa zu investieren. Ziel ist es, sich als europäischer Autohersteller mit chinesischer Fertigung zu etablieren. Durch eine bereits vorhandene EU-Lizenz sieht sich Aiways in der Lage, die Produktion nach europäischen Standards zu gestalten und langfristig zu planen. Hierfür wolle man auch künftig E-Autos über die bisherige chinesische Mutter beziehen und in Europa vertreiben.
Dabei legt der Hersteller laut Aussage unserer Quelle großen Wert darauf, sowohl die Stärken des europäischen als auch des chinesischen Marktes zu nutzen. Die Entwicklung der E-Autos soll maßgeblich in Europa stattfinden und auf die spezifischen Anforderungen des europäischen Marktes ausgerichtet sein. Man habe erkannt, dass dieser Markt andere Bedürfnisse und Ansprüche an Elektroautos stellt als der chinesische Heimatmarkt. Dennoch wolle man sich in puncto Produktion, Technik, usw… der Stärke des chinesischen Ursprungs der Marke bedienen.
Unterschiedliche Optionen in Hinblick auf etwaige EU-Strafzölle
Ein zentrales Thema in den Plänen von Aiways sei der Umgang mit potenziellen Strafzöllen auf Elektroautos aus China, die in Europa verkauft werden. Das Unternehmen prüft unseren Informationen nach verschiedene Ansätze, darunter auch die Möglichkeit einer eigenen Produktion oder Endmontage in Europa. Damit könnte man etwaigen Zöllen entgegenwirken und die Kostenstruktur optimieren. Wobei dies erst in einem Schritt nach dem Börsengang im Detail betrachtet bzw. kommuniziert werde.
Trotz der bislang schleppenden Verkaufszahlen bietet Aiways weiterhin zwei Modelle in Europa an: Das U5 SUV und den U6 Coupé SUV. Beide wurden in einem Werk in der chinesischen Provinz Jiangxi hergestellt, das eine Kapazität von bis zu 300.000 Autos pro Jahr hat. Aiways plant, diese Modelle auch weiterhin anzubieten und arbeitet gleichzeitig an neuen Modellen, die besser auf die Bedürfnisse des europäischen Marktes zugeschnitten sind.