Wie SAIC mit IM Europas Premium-Markt erobern will

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MG Motors / MG IM

Wolfgang Gomoll
Wolfgang Gomoll
  —  Lesedauer 6 min

SAIC hat mit der Neuauflage von MG mehr als einen Achtungserfolg erzielt und ist weit erfolgreicher als die meisten China-Hersteller. Jetzt soll mit der Submarke IM der Angriff auf die deutschen Premiummarken erfolgen – zunächst in Großbritannien, der Schweiz und Norwegen. Dabei wird es kaum bleiben.

Als Audi am Vorabend der Auto Shanghai 2025 das Tuch vom neuen E5 Sportback zog, runzelten nicht wenige der Anwesenden die Stirn. Auf dem Elektroauto, das da im Scheinwerferlicht stand, fehlten die vier charakteristischen vier Ringe, die seit Jahrzehnten die Fahrzeuge aus Ingolstadt zieren. Stattdessen prangte AUDI in Großbuchstaben auf dem Fahrzeug. „Der E5 Sportback bietet die Stärken von Audi, interpretiert die DNA unserer Marke neu und ist perfekt auf die Bedürfnisse der chinesischen Kundschaft zugeschnitten“, strahlte Audi-Chef Gernot Döllner damals und bestätigte, dass dieses Auto gemeinsam mit dem langjährigen Joint-Venture-Partner SAIC für den chinesischen Markt entwickelt wurde.

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Damit war endgültig klar, was im Grunde schon seit einiger Zeit ein offenes Geheimnis war. Audi nutzte eine Plattform der SAIC-Premium-Tochter IM (steht für „Intelligence in Motion“), um den E5 gemeinsam im Rekordtempo auf die Räder zu stellen. „Für SAIC passt diese Zusammenarbeit natürlich perfekt in ihre langjährige Strategie. Anders als BYD sieht sich SAIC vor allem als Plattform: Technologie und Fertigung kommen aus China, während westliche Marken als Label obendrauf sitzen. Man könnte sagen: SAIC will das Luxottica der Autowelt werden“, erklärt Martin Geißler von der Unternehmensberatung Advyce & Company.

Audi lernt in China von SAIC

Der Name der Audi-Architektur Advanced Digitized Platform (ADP) ist dabei mehr Augenwischerei als Beschreibung der Tatsachen. Die Rollen der Joint-Venture-Partner haben sich schon länger verändert. Aus dem einstigen Meister Audi ist der Schüler geworden, der verzweifelt versucht, im Reich der Mitte wieder auf die Füße zu kommen. Oder anders gesagt: SAIC gibt den Ton an und will die Premium-Tochter IM zum Exportschlager und Tesla-Konkurrenten machen.

Ein Blick auf die Struktur der Marke IM verdeutlicht, die Stoßrichtung gegen den Autobauer aus Kalifornien und die Tatsache, dass man das Fahrzeug mehr als Smartphone auf vier Rädern begreift. Genau das ist eines der wichtigen Features, die zum Tesla-Erfolg beigetragen haben.

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Vor diesem Hintergrund ergibt die strategische Partnerschaft, die SAIC-IM Anfang des Jahres mit dem Technologiekonzern Huawei eingegangen ist, viel Sinn. Huawei ist dabei weit mehr als ein bloßer Zulieferer. Sondern ein Technologiepartner, der die SAIC-IM-Fahrzeuge bei der Konnektivität, den Betriebssystemen und den Fahrassistenten unterstützt – Stichwort autonomes Fahren. Huawei ist im automotiven Bereich alles andere als ein neuer Hase und gilt bei Experten zunehmend als Big Player. „Die sind die gefährlichsten“, konstatierte ein ehemaliger CEO eines deutschen Automobilherstellers unlängst. Ebenfalls mit an Bord: das chinesische Amazon-Gegenstück Alibaba. Betrachtet man diesen Zusammenschluss der Big Player des großen asiatischen Landes, ist klar, dass die Wucht dieser Technologie-Welle auch gen Westen schwappen wird.

Aktuell ist IM mit dem Elektroauto-Geschwisterpaar MG IM5 und MG IM6 auf den Sprung nach Europa. Schon das Design und die Bedienung des Infotainmentsystems mit den beiden Walzen im Lenkrad zeigen, dass die Chinesen mit der Limousine IM5 und des SUVs IM6 Tesla im Visier haben. Der IM5 steigt gegen das Tesla Model 3 in den Ring, während der IM6 dem Model Y die Kunden abwerben soll. Technologisch sind die Voraussetzungen gegeben, dass dieses Vorhaben gelingt: Beide Modelle nutzen eine 800-Volt-Architektur (beim IM5 bietet MG IM auch eine 400-Volt-Basisversion an). Die Batteriekapazität von 100 Kilowattstunden ermöglicht Reichweiten bis zu 710 Kilometer. Die maximale Ladeleistung beträgt 396 kW.

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Die Basisversion des MG IM6 mit der 100-kWh-Batterie, Hinterradantrieb und 300 kW / 408 PS kostet im Vereinigten Königreich rund 55.319 Euro. Die von uns gefahrene Top-Version „Launch Edition“ mit Allradantrieb und 553 kW / 752 PS schlägt mit etwa 61.082 Euro zu Buche. Aktuell erhebt Großbritannien auf chinesische Autos Einfuhrzölle von zehn Prozent. Die Limousine IM5 mit 75-kWh-LFP-Akkus beginnt bei circa 34.490 Euro. Zum Vergleich: Das Model 3 startet bei 40.970 Euro und das Model Y bei 45.970 Euro. Allerdings mit einer 62,5-kWh-Batterie.

SAIC bringt IM als Tochter von MG auf den Markt

Um den Einstieg zu erleichtern, läuft die Premiumtochter IM unter dem Dach der mittlerweile etablierten Marke MG. Die beiden Autos kommen zunächst nur nach Großbritannien, Norwegen und in die Schweiz. Somit vorrangig in Märkte, die entweder sehr elektromobilitätsaffin sind (Norwegen) oder in denen MG eine positive Tradition hat (Vereinigtes Königreich). Damit sind die MG-IM-Manager auf der sicheren Seite.

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Die Frage ist, ob die Strategie IM unter dem Dach der Marke MG nach Europa zu bringen, Erfolg haben wird. Denn MG steht für die Kunden als Marke, die den bezahlbaren Zusammenschluss zwischen alter und neuer automobiler Welt vollzogen hat. Ob der Schwenk zum Premium gelingt, bleibt ebenfalls abzuwarten. Nach wie vor verweist MG beziehungsweise SAIC die Idee, IM nach Deutschland zu bringen, in den Bereich der Fabel.

Die Zurückhaltung der SAIC-MG-Manager ist nachvollziehbar. Man will sich nicht in die Karten schauen lassen. Es reicht schon, dass sich die anderen Autobauer aus China eine blutige Nase geholt haben. Deutschland und chinesische Premiummarken, das ist noch keine Liebesbeziehung. Ein Blick auf die überschaubaren Verkaufszahlen von Nio, BYD oder Great Wall Motor in der europäischen Autonation Nummer eins zeigt: Neuankömmlinge haben es schwer.

Die deutschen Autofahrer sind sehr speziell und gerade im Premiumbereich ist die Konkurrenz durch die etablierten Platzhirsche Audi, BMW und Mercedes nach wie vor sehr stark. Ein Manager der französischen Premium-Automarke DS stellte einmal lakonisch fest: „Man schlägt die Deutschen nicht auf der Autobahn.“ Die aktuelle Zurückhaltung gegenüber der Elektromobilität macht die Sache für MG-IM nicht leichter. „IM wird es in Deutschland schwer haben. Der geplante Vertrieb über MG mag in UK oder Norwegen funktionieren, ist hierzulande aber eher ein Handicap: MG ist hier praktisch bedeutungslos, und der deutsche Markt ist gnadenlos markengetrieben. Zudem kommt IM ziemlich spät in einen bereits dichten EV-Markt und bietet wenig Differenzierung gegenüber Zeekr, BYD oder GWM. Ein echter Game Changer wäre ein Einstieg über das Audi-Joint-Venture mit Premiumlabel und Händlernetz! Alles andere dürfte kaum zu durchschlagendem Erfolg führen“, stellt Martin Geißler fest.

Auch in China gelten die Gesetze der Marktwirtschaft. SAIC müsste ja mit dem Klammerbeutel gepudert sein, wenn man den großen und finanzstarken Automarkt Deutschland außen vor ließe. Also ist es nur eine Frage der Zeit, bis die MG IMs auf den Straßen zwischen Flensburg und Garmisch-Partenkirchen zu sehen sind.

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Wolfgang Gomoll

Wolfgang Gomoll

Wolfgang Gomoll beschäftigt sich mit dem Thema Elektromobilität und Elektroautos und verfasst für press:inform spannende Einblicke aus der E-Szene. Auf Elektroauto-News.net teilt er diese mit uns. Teils exklusiv!

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