Ursprünglich hatte Mercedes geplant, bis zum Ende des Jahrzehnts hauptsächlich Elektroautos auszuliefern. Allerdings hat das Unternehmen nun seine Erwartungen zurückgeschraubt. Statt einen elektrischen Absatzanteil von bis zu 100 Prozent erwartet der Stuttgarter Autobauer jetzt nur noch einen Anteil von bis zu 50 Prozent bis zum Jahr 2030, wie aus der Jahresbilanz für das Jahr 2023 hervorgeht.
Für das laufende Jahr soll der Elektro-Anteil bei etwa 19 bis 21 Prozent des Neuwagenabsatzes liegen. Im vergangenen Jahr erreichte Mercedes-Benz einen Elektroauto-Anteil von lediglich zwölf Prozent an den insgesamt rund zwei Millionen ausgelieferten Pkw. Das Unternehmen blieb damit bei den Elektroauto-Verkäufen um mindestens 168.000 Fahrzeuge hinter dem Plan zurück, wie das Handelsblatt aus internen Unternehmenskreisen erfahren haben will.
Diese Ankündigung steht im Kontrast zu früheren Äußerungen des Konzernchefs Ola Källenius, der vor zweieinhalb Jahren die Strategie des “Electric only” ausrief, jedoch unter der Bedingung, dass die Marktnachfrage dies zulässt. Mercedes erklärt diese Änderung damit, dass das Tempo der Transformation durch die Marktbedingungen und die Wünsche der Kunden bestimmt wird. Das Unternehmen beabsichtigt, verschiedene Kundenwünsche zu erfüllen, sei es mit vollelektrischem Antrieb oder mit Verbrennungsmotoren – und dies möglicherweise bis in die 2030er-Jahre hinein.
Nach einem Gewinnrückgang im Jahr 2023 erwartet Mercedes-Benz für das Jahr 2024 erneut ein schwaches Geschäftsjahr. Obwohl der Umsatz voraussichtlich auf dem Niveau des Vorjahres bleiben wird, prognostiziert das Unternehmen, dass das Betriebsergebnis leicht zurückgehen wird, was vermutlich zu einem Rückgang der Rendite führen wird. Der Konzern gibt an, dass die wirtschaftliche Lage und die Automobilmärkte weiterhin von außergewöhnlichen Unsicherheiten geprägt sind.
“Schwieriges wirtschaftliche Umfeld” sorgte für Gewinneinbrüche
Außerdem könnten sich unerwartete Entwicklungen insbesondere aus geopolitischen Ereignissen und der Handelspolitik ergeben, wie das Unternehmen erklärt: “Dazu zählen der aktuelle Nahostkonflikt, der Russland-Ukraine-Krieg und andere regionale Krisen. Weitere potenzielle Unsicherheiten ergeben sich aus den verschärften Spannungen zwischen China und den USA sowie einer weiteren Anspannung der politischen Beziehungen zwischen der Europäischen Union und China. Darüber hinaus bleiben potenzielle Lieferkettenunterbrechungen und insbesondere Verfügbarkeitsengpässe bei kritischen Komponenten ein wesentlicher Risikofaktor.” Diese könnten sich wiederum auf die Lieferketten und die Entwicklung der Preise für Rohstoffe und Energie auswirken und unerwartet hohe Inflation und Zinssätze, mögliche Finanzmarktstörungen und eine noch stärkere Verlangsamung des Wirtschaftswachstums für die Weltwirtschaft und die Automobilindustrie zur Folge haben.
Während der Corona-Pandemie konnte Mercedes-Benz zunächst von Lieferengpässen profitieren, die die Produktion störten und die Verkaufspreise von Neu- und Gebrauchtwagen erhöhten, insbesondere durch den Rücklauf aus Leasingverträgen, heißt es bei der Tagesschau. Zudem griffen Kostensenkungen, die von Konzernchef Ola Källenius frühzeitig eingeleitet wurden. Im Jahr 2023 führten Lieferprobleme bei wichtigen Modellen und ein schwieriges wirtschaftliches Umfeld dazu, dass der Gewinn von Mercedes-Benz sank. Zusätzlich belastete die hohe Inflation bei Rohstoffen das Unternehmen. Das Betriebsergebnis (Ebit) fiel um vier Prozent auf 19,7 Milliarden Euro, obwohl der Umsatz leicht auf 153,2 Milliarden Euro stieg. Für das laufende Jahr wird erwartet, dass das Ebit erneut leicht zurückgehen wird, mit einem Minus zwischen fünf und 15 Prozent, wie Mercedes prognostiziert.
Die Rendite in der Hauptsparte Pkw verringerte sich im Jahr 2023 um zwei Prozentpunkte auf 12,6 Prozent, bedingt durch einen Gewinnrückgang von 13 Prozent. Es wird erwartet, dass die Marge in diesem Jahr weiter abnimmt, wobei Mercedes eine Spanne von zehn bis zwölf Prozent angibt. Laut Tagesschau hatten Probleme bei der Produktion von 48-Volt-Systemen für Verbrennungsmotoren durch den Zulieferer Bosch dazu geführt, dass die Auslieferung wichtiger Modelle, darunter von GLC und E-Klasse, beeinträchtigt wurden.
Mercedes plant Aktienrückkäufe in Milliardenhöhe
Der Umstand soll rund 100.000 Fahrzeuge betreffen, deren Auslieferung auf dieses Jahr verschoben wird, heißt es. Diese Schwierigkeiten sollen auch in der ersten Hälfte des Jahres weiter bestehen bleiben, wodurch der Pkw-Absatz voraussichtlich auf dem Vorjahresniveau von rund zwei Millionen Fahrzeugen bleiben werde. Im Gegensatz dazu konnte die kleinere Van-Sparte ihren Gewinn sprunghaft um fast zwei Drittel auf rund drei Milliarden Euro steigern, wobei die Marge von elf auf 15,5 Prozent anstieg.
Insgesamt soll Mercedes-Benz besser abgeschnitten haben als von Analysten prognostiziert, berichtet die Tagesschau weiter. Obwohl Branchenbeobachter aufgrund der schwächeren Wirtschaftslage erwartet hatten, dass das Unternehmen nicht an die herausragenden Ergebnisse der Vorjahre anknüpfen könne, verdiente der Konzern unter dem Strich 14,5 Milliarden Euro, was einem Rückgang von “nur” zwei Prozent gegenüber 2022 entspricht.
Konzernchef Ola Källenius plane, die Investoren mit einem neuen Aktienrückkaufprogramm im Wert von drei Milliarden Euro, der Aussicht auf weitere solche Programme und einer leicht höheren Dividende von 5,30 Euro je Aktie bei Laune zu halten. Die Aktie reagierte positiv auf diese Ankündigungen und stieg laut Medienberichten nach dem Handelsstart um 4,1 Prozent auf 70,87 Euro, was ein Hoch seit August darstellt.
Neue Elektro-Modelle sollen Maßstäbe setzen
In Zukunft möchten die Stuttgarter weiter auf ihr Markenversprechen setzen: “Die begehrenswertesten Fahrzeuge der Welt zu bauen”, wie es in einer offiziellen Pressemitteilung zur Jahreskonferenz heißt. Mercedes-Benz bleibe “strategisch fokussiert und taktisch flexibel und schaffe die notwendigen Voraussetzungen, um vollelektrisch zu werden”. Das Unternehmen geht, wie eingangs erwähnt, davon aus, dass die Elektroauto-Verkäufe in der zweiten Hälfte des Jahrzehnts bis zu 50 Prozent des Gesamtabsatzes erreichen werden. “Die Fabriken werden umgerüstet, um der Nachfrage zu folgen und auf den Wendepunkt in ein vollelektrisches Zeitalter vorbereitet zu sein. Mercedes-Benz hat mit der Entwicklung mehrerer neuer Fahrzeugplattformen die Weichen gestellt”, so der Autobauer.
Den Auftakt soll im kommenden Jahr der komplett neue elektrische CLA machen. Die kommenden Modelle sollen nach Unternehmensangaben Maßstäbe bei der Verbesserung der Effizienz und der Ladezeit setzen. Man gehe davon aus, dass die Batteriekosten pro Kilowattstunde in den kommenden Jahren um mehr als 30 Prozent gesenkt werden können, unter anderem aufgrund neuem Zell- und Moduldesign, verbesserter Fahrzeugintegration, weiterer Verbesserung der Zellchemien (NMC und LFP), Zell-Updates während des Lebenszyklus sowie durch kontinuierliche Verbesserungsmaßnahmen mit Lieferanten.
Auf der digitalen Seite werde das firmeneigene Betriebssystem MB.OS einen “wichtigen Meilenstein” im Bereich der Fahrzeugsoftware markieren. “Darüber hinaus möchte Mercedes-Benz weiterhin Vorreiter beim automatisierten Fahren bleiben”, heißt es. Zudem soll der industrielle Fußabdruck und die Kostenbasis weiter optimiert werden, indem beispielsweise in enger Zusammenarbeit mit den Lieferanten an strukturell niedrigeren Materialkosten gearbeitet werde. Mit der Umsetzung seiner Strategie möchte der Autobauer den Kern der Marke beibehalten: Eine “einzigartige Kombination aus ikonischem Luxus und führender Technologie”.
Quellen: Tagesschau – Mercedes schraubt Elektroauto-Ziele herunter / Handelsblatt – Mercedes-Benz kassiert seine Elektroziele / Mercedes-Benz – Offizielle Pressemitteilungen vom 22. Februar 2024 und 22. Juli 2021