Das Bundeskabinett hat den vom Bundesminister für Wirtschaft und Energie vorgelegten Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung unionsrechtlicher Vorgaben und zur Regelung reiner Wasserstoffnetze im Energiewirtschaftsrecht (Link zum ausführlichen PDF) beschlossen. Der umstrittene Paragraf 14a, der das Abregeln von Ladevorgängen von Elektroautos durch die Netzbetreiber ermöglicht hätte, ist in der beschlossenen Fassung nicht mehr enthalten, stattdessen wurde eine Grundlage für dynamische Stromtarife gelegt, was das Verschieben von Ladevorgängen in die Nachtstunden finanziell attraktiver macht.
„Mit dem Gesetz setzen wir ein klares Zukunftssignal für die Energiewelt von morgen. Wir stärken die Verbraucherrechte und ermöglichen es, dass Verbraucherinnen und Verbrauchern künftig Angebote für einen dynamischen Stromtarif erhalten können. Dynamische Stromtarife werden mit steigender E-Mobilität eine wachsende Bedeutung erhalten. So kann es für Verbraucher zum Beispiel günstiger sein, das Elektroauto nachts zu laden statt kurz nach Feierabend. Zum zweiten steigen wir ein in die Regulierung von Wasserstoffnetzen. Wasserstoff ist ein Schlüsselrohstoff für eine erfolgreiche Energiewende. Der Markthochlauf wird aber nur dann gelingen, wenn auch die dafür notwendige Wasserstoffnetzinfrastruktur steht. Dafür setzen wir mit der Novelle den notwendigen ersten regulatorischen Rahmen.“ – Peter Altmaier, Bundesminister für Wirtschaft und Energie
Der Gesetzentwurf dient der vollständigen Umsetzung der EU-Strombinnenmarktrichtlinie in nationales Recht. Ein zentrales Element sind EU-Vorgaben zur Stärkung der Marktposition der Verbraucher und zu ihrem Schutz. Aus diesem Grund werden die Verbraucher-Vorschriften im Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) substanziell ergänzt. So soll es u.a. detailliertere Vorgaben zum Inhalt von Strom- und Gasrechnungen geben sowie eine Regelung zum Angebot von dynamischen Stromtarifen. Das sind Tarife, die den Börsenstromentwicklungen folgen und damit eine Kostenersparnis für den Verbraucher ermöglichen. Auch die Transparenz des Netzbetriebs wird weiter gestärkt. Rechtliche Grundlagen hierfür werden im EnWG konzentriert und damit im Gesetz selbst verankert.
Zweites wichtiges Element des Gesetzentwurfs sind die Einstiegsregelungen zur regulatorischen Behandlung reiner Wasserstoffnetze im EnWG und sollen als Rahmen dienen für einen zügigen und rechtssicheren Einstieg in den schrittweisen Aufbau einer nationalen Wasserstoffnetzinfrastruktur. Im Gesetzentwurf enthalten sind Regelungen zur Netzregulierung sowie Regelungen, die eine Umstellung auch bestehender Erdgasleitungen auf reinen Wasserstoff erleichtern sollen. Sie sollen einen Grundstein bilden für den weiteren Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft in Deutschland.
„Aufbau einer zukunftsfähigen Wasserstoffinfrastruktur kann mit diesen Regelungen nicht gelingen“
Branchenverbände allerdings kritisieren den Gesetzentwurf. „Ein wichtiger Bestandteil der EnWG-Novelle ist die Regulierung von Wasserstoffnetzen. Hier ist es richtig und wichtig, dass die Bundesregierung noch in der laufenden Legislaturperiode den Einstieg in die Regulierung von Wasserstoffnetzen vorantreibt“, erklärt Kerstin Andreae, Vorsitzende der Hauptgeschäftsführung des BDEW (Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft e.V.). Der zügige Aufbau einer zukunftsfähigen Wasserstoffinfrastruktur könne mit den vorgeschlagenen Regelungen nicht gelingen.
Denn anstatt Wasserstoffnetze in den etablierten und bekannten Regulierungsrahmen für das Gasnetz zu integrieren, ist im Gesetzentwurf eine getrennte Regulierung von Gas- und Wasserstoffnetzen vorgesehen. Eine solche zweigleisige Regulierung verhindere eine aufeinander abgestimmte Entwicklung von Gas- und Wasserstoffinfrastrukturen und setze keinen verlässlichen Rahmen für Investoren und Marktteilnehmer.
Darüber hinaus lasse der Gesetzentwurf die konkrete Ausgestaltung der Wasserstoffnetzregulierung und die Langfristperspektive offen. Dabei sei gerade bei langlebigen Netzinfrastrukturen ein verlässlicher Investitionsrahmen enorm wichtig, so der BDEW. Investoren müssen Planungssicherheit haben, Unsicherheiten mindern das Investitionsgeschehen.
Das EnWG sieht zudem nun endlich eine Definition für Energiespeicher vor. Die Einführung einer solchen Definition auf Basis der EU-Binnenmarktrichtlinie hat der BDEW schon seit Jahren gefordert. Im Kern geht es darum zu vermeiden, dass sowohl für den Vorgang des Strombezugs zur Einspeicherung Netzentgelte, Abgaben und Umlagen erhoben werden als auch beim Letztverbrauch. Laut EU-Richtlinie ist eine solche Doppelbelastung nicht zulässig.
Leider setze der Entwurf des EnWG die Speicher-Definition aus der Binnenmarkt-Richtlinie nicht wörtlich, sondern deutlich verändert um. In der jetzt formulierten Definition besteht aus BDEW-Sicht weiterhin die Gefahr einer Doppelbelastung. Deshalb sollten die Definitionen der Begriffe Energiespeicherung und Energiespeicheranlage aus der Binnenmarktrichtlinie übernommen und das EnWG diesbezüglich erweitert werden.
Quelle: BMWi – Pressemitteilung vom 10.02.2021 / BDEW – Pressemitteilung vom 10.02.2021