Glover: „Jaguar muss sich grundlegend wandeln“

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Sebastian Henßler
Sebastian Henßler
  —  Lesedauer 4 min

Jaguar steht vor einer grundlegenden Veränderung. Laut Geschäftsführer Rawdon Glover musste sich die Marke neu ausrichten, da alle bisherigen Modelle und Plattformen an ihr Ende gekommen waren. „Ökonomisch machte das bisherige Jaguar-Modell keinen Sinn“, erklärt Glover in einem Interview mit Autocar. Während frühere Autos in der Kritik gut ankamen, blieben die wirtschaftlichen Erfolge aus. Eine Preissenkung war keine Option. Stattdessen entschied man sich, Jaguar weiter in das Luxussegment zu führen. Der Jaguar Type 00 gibt einen ersten Ausblick auf das künftige Modell-Angebot.

Die Marke soll wieder das Prestige erhalten, das sie in der Vergangenheit hatte. „Jaguar muss sich dahin zurückentwickeln, wo die Marke in der Vergangenheit erfolgreich war“, so Glover. Viele Menschen verbinden mit Jaguar eher frühere Erfolge als aktuelle Modelle. Das Unternehmen plant, künftig nur noch elektrische Autos anzubieten. Dabei sei es entscheidend, dass die Marke diesen Schritt mitgeht. Neue Modelle allein reichen nicht, um den Wandel zu schaffen. „Wir müssen sicherstellen, dass die Marke diesen Wandel tragen kann“. Die Wahrnehmung der Marke und das Kundenerlebnis müssen ebenfalls angepasst werden.

Der Übergang erfolgt schrittweise. Die aktuellen Modelle laufen aus, ein Teil davon ist noch in bestimmten Märkten erhältlich. In Großbritannien gibt es jedoch derzeit keinen neuen Autoverkauf mehr. Laut Glover existiert für diesen Prozess kein Vorbild, da kein anderes Unternehmen diesen Weg in dieser Form beschritten habe. „Es gibt kein Handbuch dafür, weil niemand es zuvor getan hat“, erklärt er. Man nutze nun die Zeit, um die neue Markenidentität aufzubauen und das Interesse potenzieller Käufer zu wecken, bevor Bestellungen entgegengenommen werden.

Kleine Veränderungen hätten für Jaguar nicht ausgereicht. Der Wettbewerb entwickelt sich rasant, besonders durch den wachsenden Einfluss chinesischer Hersteller. Ein vorsichtiger Schritt hätte nicht gereicht, um die Marke zukunftssicher aufzustellen. Stattdessen sei ein radikaler Neuanfang erforderlich gewesen. „Wir mussten einen großen Schritt machen, weil sich das Umfeld ändert„, so Glover. „Die Konkurrenz entwickelt sich weiter, und auch die Kundenbedürfnisse verändern sich.“

Die Ankündigung der neuen Strategie und das erste Konzeptfahrzeug führten zu gemischten Reaktionen. Während einige die Richtung verstehen, äußern sich andere skeptisch. Laut Glover sei es wichtig, die Kunden auf diesem Weg mitzunehmen. Kritikpunkte wie der Vorwurf, bestehende Kunden zu vernachlässigen, wies er zurück. „Ich kann nachvollziehen, wie dieser Eindruck entstanden ist, aber das war nie unsere Absicht“, betont er. Ziel sei es, möglichst viele bisherige Kunden für die neue Ausrichtung zu begeistern. Rückblickend hätte man die Beweggründe möglicherweise klarer kommunizieren können. „Wir hätten vielleicht besser erklären müssen, warum der Wandel so drastisch ausfallen musste.“

„Tiefgreifende Veränderung kann auch erfolgreich sein“

Ein Vergleich mit dem Neustart des Land Rover Defender sei durchaus angebracht. Auch hier gab es anfangs Widerstand, doch am Ende wurde das Modell erfolgreich neu positioniert. Das Beispiel zeigt, dass ein solcher Wandel gelingen kann. „Beim Defender haben wir gezeigt, dass eine tiefgreifende Veränderung erfolgreich sein kann“, erklärt Glover. Beim Defender gelang es, ein geschätztes Modell in eine moderne Version zu überführen, ohne den Kern der Marke zu verlieren. Jaguar verfolgt nun einen ähnlichen Ansatz.

Designmerkmale früherer Jaguar-Modelle finden sich im neuen Konzeptfahrzeug wieder. Es handelt sich jedoch nicht um eine Kopie eines klassischen Modells, sondern um eine Neuinterpretation. Glover betont, dass der Mut zur Eigenständigkeit entscheidend sei. „Wenn alle anderen nach rechts gehen, dann ist es für uns in Ordnung, nach links zu gehen“, sagt er. In einem Markt, der von technikfokussierten Konkurrenten dominiert wird, kann Jaguar sich durch Tradition und Charakter abheben.

Viele chinesische Hersteller bieten innovative Technik zu niedrigen Preisen an. Für Jaguar sei es keine Option, in diesem Wettbewerb um den günstigsten Preis mitzuhalten. Stattdessen setzt das Unternehmen auf seine lange Historie, Rennerfolge und Verbindungen zu ikonischen Persönlichkeiten. „Diese Marken haben keine 90 Jahre Geschichte, keine Le-Mans-Siege und keine Verbindung zu legendären Persönlichkeiten“, betont Glover. „Warum sollten wir das nicht als unsere Stärke nutzen?“

Quelle: Autocar.co.uk – Ripping up Jaguar history would be ‚big mistake‘, says brand boss

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Sebastian Henßler

Sebastian Henßler

Sebastian Henßler hat Elektroauto-News.net im Juni 2016 übernommen und veröffentlicht seitdem interessante Nachrichten und Hintergrundberichte rund um die Elektromobilität. Vor allem stehen hierbei batterieelektrische PKW im Fokus, aber auch andere alternative Antriebe werden betrachtet.

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Gerd:

Da kommt mir gerade eine Idee für Jaguar: Als Zahlungsmittel einfach Koks akzeptieren. Man muss sich ja auf die Kunden einstellen ;-)

Tandeky:

Der CEO hat doch selbst gesagt, dass neue Kinden eher aus dem Bereich Mode, Kunst, Urbane Hipster etc sein werden. Man rechnet sogar offiziell, dass man 90 Prozent der bisherigen Kunden verliert.

Wenn anstatt James Bond in britischen Tweed nun Moderapper in rosa Plüsch vorfährt, dann war die Werbekampagne ein voller Erfolg.

Tandeky:

Eher wird Jaguar zum indischen Tuktuk.

MKU:

Das Auto sieht immer wie retuschiert aus. Selbst in den Videos.

Gerd:

Das klingt alles eher nach Kapitulation mit starken Parallelen zu MG und auch Mini.
Und auch zu Mercedes, was den zeitweiligen „Rückzug“ ins Luxussegment angeht.
Noch ein paar Jahre, dann springt der Jaguar in China vom Band.

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