IEA rüffelt Deutschland für CO2-Emissionen des Verkehrssektors

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Michael Neißendorfer
Michael Neißendorfer
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In ihrem heute veröffentlichten Bericht zur deutschen Energiepolitik würdigt die Internationale Energieagentur (IEA) die deutsche Energiewende und mahnt gleichzeitig verstärkte Maßnahmen zur Senkung der Emissionen im Verkehrssektor sowie einen Fahrplan für den Erdgasausstieg im Strom- und Industriesektor an, um bis 2045 Klimaneutralität zu erreichen.

Stefan Wenzel, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz: „Die zehn Handlungsempfehlungen der IEA geben wichtige Impulse für unsere Energiewende, gerade jetzt wo sich in Deutschland eine neue Bundesregierung formiert. Wir haben schon viel erreicht: Der Ausbau von Wind-, Solaranlagen und neuer Stromnetze hat an Tempo zugelegt. Der Kohleausstieg ist mittlerweile weit fortgeschritten. Mehr als die Hälfte des Stroms, der in Deutschland verbraucht wird, stammt dauerhaft aus erneuerbaren Energiequellen.“

„Wir befinden uns in einem neuen Abschnitt der Energiewende“, so Wenzel weiter: „Jetzt kommt es darauf an, das neue Energiesystem sicher zu steuern, Speicher zu bauen und den Ausbau erneuerbarer Energiequellen konsequent fortzusetzen: nicht nur für die Strom-, sondern auch für die Wärmeversorgung. Auf diese Weise machen wir uns unabhängiger von Energieimporten, werden wirtschaftlich wettbewerbsfähiger und senken klimaschädliche Emissionen. Das hilft nicht nur Deutschland, sondern auch der EU insgesamt.“

Zentral ist und bleibt laut IEA die Energiewende. Sie sei für Deutschlands Energiesicherheit und wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit zentral. Dafür brauche Deutschland langfristig stabile und verlässliche rechtliche, politische und ökonomische Rahmenbedingungen, insbesondere beim Investitionsrahmen für erneuerbare Energien, Wärmepumpen, Fernwärme und E-Mobilität.

Der Verkehr ist der Sektor mit den höchsten Emissionen in Deutschland und ein wichtiger Bereich, dem zusätzliche Aufmerksamkeit gewidmet werden muss, so die IEA. Dies unterstreiche die Notwendigkeit eines gezielten Ansatzes, der Elektroautos, Biokraftstoffe und Verbesserungen im öffentlichen Nahverkehr umfasst. Der IEA-Bericht stellt fest, dass Anreize für Verbraucher zur Nutzung emissionsarmer Verkehrsmittel erforderlich seien, um die Verkehrsemissionen im Einklang mit den deutschen Zielen deutlich zu verringern.

Die neue Regierung sollte alternative, langfristige, haushaltsneutrale Maßnahmen ergreifen, um die Verbreitung von Elektroautos zu beschleunigen, beispielsweise ein Bonus-Malus-System beim Neuwagenkauf, die den Kauf emissionsarmer Alternativen gegenüber Fahrzeugen mit fossilen Brennstoffen fördert, so die IEA. Diese Maßnahmen sollten nicht nur auf privat gekaufte Autos, sondern auch auf Leasing- und Firmenwagen abzielen, die den Großteil des deutschen Pkw-Marktes ausmachen. Die Anschaffung von Elektroautos sollte auch durch einen schnelleren Ausbau der Ladeinfrastruktur attraktiver werden, aufbauend auf dem Masterplan Ladeinfrastruktur.

Deutschland braucht billigeren Strom

Da die deutschen Verbraucher- und Verbraucherinnen derzeit vergleichsweise hohe Strompreise bezahlen, müsse die zukünftige Energiepolitik weiterhin auf bezahlbare Preise achten und auch Verteilungsfragen adressieren. Zur Senkung der Strompreise empfiehlt die IEA, die Senkung der Steuern auf Strom anzugehen sowie die Auswirkungen der hohen Netzentgelte rasch abzumildern.

Im Rahmen der Energiewende plant Deutschland bis 2030 einen Anteil von 80 Prozent aus erneuerbaren Energien am Bruttostromverbrauch zu erreichen. Laut IEA müsse zur Integration der Erneuerbaren die Effizienz und Resilienz des Stromsystems optimiert werden. Hierzu rät die IEA Deutschland dazu, den Smart-Meter-Roll out zu beschleunigen, Stromspeicher rapide auszubauen und lokale Signale im Stromsystem zu etablieren, um regionale Netzengpässe zu erfassen.

Für die erfolgreiche Dekarbonisierung des Gebäudebestands bis 2045 sieht die IEA mehr Energieeffizienz und erneuerbare Energien als zentral an und betont den Einsatz von Wärmepumpen sowie den Ausbau kohlenstofffreier, klimafreundlicher Wärmenetze. Die IEA empfiehlt daher, beschlossene Maßnahmen im Wärmesektor fortzuführen sowie weiterzuentwickeln und diese breit in der Öffentlichkeit zu kommunizieren.

Mit der nationalen Wasserstoffstrategie, der Importstrategie, dem H2-Global-Auktionsmodell, der Planung des Wasserstoffkernnetzes sowie dessen innovativen Finanzierungsmodell ist Deutschland nach Einschätzung der IEA im Bereich Wasserstoff bereits gut aufgestellt. Nun bedürfe es verstärkter Maßnahmen zur Stimulierung der Nachfrage nach emissionsarmen Wasserstoff. Dies könnten u.a. die öffentliche Beschaffung, zielgerichtete Carbon Contracts for Difference (CfD) und Entwicklung von Standards für grüne Materialen leisten.

Die zehn Handlungsempfehlungen wurden von einem internationalen Prüfungsteam, bestehend aus Regierungsvertretern anderer IEA-Mitgliedsländer und IEA-Experten, in einem intensivem Konsultationsprozess mit dem BMWK, weiteren Ressorts und Stakeholdern außerhalb der Bundesregierung seit letztem Sommer erstellt. Die IEA führt die Prüfungen der Energiepolitik ihrer Mitgliedsländer in einem regelmäßigen Turnus von fünf bis sechs Jahren durch. Sie sind verpflichtender Bestandteil der Mitgliedschaft in der Organisation. Ziel ist es, die untersuchten Länder in der Fortentwicklung ihrer Energiepolitik im Hinblick auf ihre Klima- und Energieziele zu unterstützen und den Austausch internationaler Erfahrungen zu fördern.

Quelle: IEA / BMWK – Pressemitteilungen vom 07.04.2025

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Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer ist E-Mobility-Journalist und hat stets das große Ganze im Blick: Darum schreibt er nicht nur über E-Autos, sondern auch andere Arten fossilfreier Mobilität sowie über Stromnetze, erneuerbare Energien und Nachhaltigkeit im Allgemeinen.

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