Freie Werkstatt trotzt VW-Bürokratie beim Modulwechsel

Cover Image for Freie Werkstatt trotzt VW-Bürokratie beim Modulwechsel
Copyright ©

Volkswagen

Sebastian Henßler
Sebastian Henßler
  —  Lesedauer 3 min

In der aktuellen Folge unseres EAN-Podcasts durfte ich wieder einmal mit einem unserer Stammgäste sprechen: Michael Dittmar, seit 40 Jahren in der Kfz-Branche und seit 2013 mit freien Werkstätten tief in der Elektromobilität verwurzelt. Diesmal ging’s um ein ganz konkretes Praxisbeispiel: den Austausch eines defekten Batteriemoduls im VW ID.4 – eine Herausforderung, die es so wohl noch nicht oft gegeben hat. Oder vielleicht auch gar nicht?

Michael erzählte, wie ein Kunde mit Reichweitenproblemen und einer Fehleranzeige bei ihm vor der Tür stand. Die Diagnose: eine einzelne Zelle der Hochvoltbatterie war defekt – „richtig massiv ausreißend mit zu wenig Spannung“, wie Michael es formuliert. Einzelne Zellen austauschen ist bei VW nicht, der Austausch selbst erfolgt nur auf Modul-Ebene. Was zunächst nach einem Standardvorgang klang, entpuppte sich als monatelanger Kraftakt. Ersatzteile konnten nicht wie üblich bestellt werden, weil freie Werkstätten laut VW keinen vorgesehenen Prozess dafür haben. „Keiner wollte die Verantwortung übernehmen, mir das Modul zu verkaufen“, beschreibt Michael die Situation.

Besonders knifflig: Das gelieferte Neuteil war – unbemerkt – defekt. Erst ein Test mit einem Modul aus einem Hochschulprojekt brachte die Lösung. Die Erkenntnis: Das ursprüngliche Ersatzteil war kaputt, aber „jeder denkt erstmal, das neue Teil kann es nicht sein“. Der Fehler kostete Wochen, Material und Nerven – und zeigte gleichzeitig, wie wichtig tiefes Know-how, Geduld und Improvisationstalent in der freien Werkstatt sind.

Bemerkenswert ist, dass Michael trotz des Aufwands positiv auf den Fall zurückblickt: „So ein Seminar aus der Wirklichkeit kann ich auch nicht buchen. Wir haben da so viel dran gelernt.“ Er sieht darin nicht nur eine technische Herausforderung, sondern auch ein strukturelles Problem: Die Zurückhaltung großer Hersteller, freien Werkstätten Zugang zu Ersatzteilen und Reparaturprozessen zu gewähren. „Der Hersteller versucht vielleicht, möglichst lange das Geschäft für sich zu behalten“, mutmaßt Michael. Dabei sei es wichtig, dass Wettbewerb herrsche – im Sinne der Kund:innen, aber auch für den Fortbestand freier Werkstätten.

Im Gespräch wurde deutlich, wie viel Engagement und Fachwissen in seiner Arbeit steckt. Michaels Beispiel zeigt, dass Reparaturen an Hochvoltbatterien in freien Werkstätten machbar sind – wenn man die Hürden überwindet und bereit ist, Verantwortung zu übernehmen. Oder wie Michael es zusammenfasst: „Das ist Grundlagenphysik. Keine Teilchenphysik, kein Hexenwerk.“ Nun aber genug der Vorrede – tauch mit mir ein in ein spannendes Gespräch über Technik, Hürden und Leidenschaft für die Werkstattarbeit im Zeitalter der E-Mobilität.

Gerne kannst du mir Fragen zur E-Mobilität, die dich im Alltag beschäftigen, per Mail zukommen lassen. Die Antwort darauf könnte für andere Hörer des Podcasts ebenfalls von Interesse sein. Wie immer gilt: Über Kritik, Kommentare und Co. freue ich mich natürlich. Also gerne melden, auch für etwaige Themenvorschläge. Und über eine positive Bewertung beim Podcast-Anbieter deiner Wahl freue ich mich natürlich auch sehr! Danke.

worthy pixel img
Sebastian Henßler

Sebastian Henßler

Sebastian Henßler hat Elektroauto-News.net im Juni 2016 übernommen und veröffentlicht seitdem interessante Nachrichten und Hintergrundberichte rund um die Elektromobilität. Vor allem stehen hierbei batterieelektrische PKW im Fokus, aber auch andere alternative Antriebe werden betrachtet.

Artikel teilen:

Schreib einen Kommentar und misch dich ein! 🚗⚡👇


Ähnliche Artikel

Cover Image for Freie Werkstatt trotzt VW-Bürokratie beim Modulwechsel

Freie Werkstatt trotzt VW-Bürokratie beim Modulwechsel

Sebastian Henßler  —  

Reichweitenproblem, Diagnose, Ersatzteilchaos: Warum ein ID.4-Modultausch zur Geduldsprobe wurde – und was freie Werkstätten daraus lernen können.

Cover Image for Fahrbericht: Der neue XPeng G9 im Alltagstest

Fahrbericht: Der neue XPeng G9 im Alltagstest

Sebastian Henßler  —  

XPeng G9: Premium-SUV mit LFP-Batterie, 800-Volt-Technik, bis 585 km Reichweite und Preisen ab 59.600 Euro – deutlich günstiger als BMW iX und Co.

Cover Image for Polestar und das 1. Münchner Septemberfest

Polestar und das 1. Münchner Septemberfest

Henning Krogh  —  

Polestar zeigte den 5 in München mit Humor: „No hybrids“, „No conquering Mars“ – klare Botschaften gegen alte Zöpfe, Tesla und Verbrenner.

Cover Image for Wie Hyundai in den kommenden Jahren wachsen will

Wie Hyundai in den kommenden Jahren wachsen will

Michael Neißendorfer  —  

Die Hyundai Motor Company hat auf ihrem ersten CEO Investor Day außerhalb Koreas ihre neue Wachstumsstrategie vorgestellt.

Cover Image for Fastned eröffnet Flaggschiff-Ladepark Gentbrugge

Fastned eröffnet Flaggschiff-Ladepark Gentbrugge

Michael Neißendorfer  —  

Fastned macht seine Vision für den Ladepark der Zukunft greifbar – mit einem Fokus auf Komfort, Zuverlässigkeit und Nachhaltigkeit.

Cover Image for Faraday Future: Neustart mit China-Van und Krypto

Faraday Future: Neustart mit China-Van und Krypto

Stefan Grundhoff  —  

Der Futurist Day soll den Neustart von Faraday Future bilden – und den neuen Elektrovan FX Super One auf die Straße holen, der eigentlich ein China-Van ist.