Fahrbericht Kia EV9: Zu höherem berufen

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Press-Inform / Stefan Grundhoff

Stefan Grundhoff
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Einen großen Elektro-SUV wie den Kia EV9 hätten viele Autohersteller aktuell gern im hauseigenen Portfolio. Wir waren mit dem fünf Meter langen Crossover des koreanischen Autoherstellers unterwegs – und können die Konkurrenz besser denn je verstehen.

Aussprechen will es bei Kia niemand – auch weil die schicke Hyundai-Tochter noch den Edelableger Genesis im eigenen Hause hat. Doch man muss mit dem Kia EV9 nicht lange gefahren sein um zu spüren, dass dieser lautstark an die Garagentore zur Premiumliga klopft. Sein Styling ist robust, kantig, selbstbewusst und auch etwas verspielt – das dürfte nicht allein in Asien und den USA, sondern gerade auch in Europa ankommen.

Unterwegs ist der Kia EV9 dabei auf jener Electric Global Modular Platform, die auch Schwestermodelle wie den Hyundai Ioniq 5, Kia EV6 oder den Genesis GV70 beheimatet. Dabei passt der EV9 kontinenteübergreifend in die Zeit, denn er ist edel und schick, ohne allzu angestrengt in die Luxusliga abzudriften. Mit ziemlich genau fünf Metern Länge presst er sich nicht in die neue Nobelliga oberhalb der 5,20-Meter-Klasse und hat genügend Distanz zur unübersichtlichen Melange der 4,70-Meter-SUV mit und ohne Elektroantrieb.

Fraglos genau das rechte Fahrzeug zur rechten Zeit mit auffälligem, aber nicht aufdringlichen Design aus der Hand von Chefdesigner Karim Habib, der Kia die überfällige neue Note gegeben hat. Auch wenn der 5,01 Meter lange Kia EV9 nicht in der Luxusliga der SUV unterwegs ist – er kann sehr luxuriös sein. Die beste Wahl ist der Sechssitzer-Allrad zu Preisen ab 83.370 Euro mit bequemen Einzelsesseln in der ersten wie zweiten Reihe. Diese sind nicht nur elektrisch verstellbar, lassen sich vorne wie hinten beheizen oder kühlen, sondern im Fond auch drehen. Besonders praktisch, wenn man kleine Kinder im Sitz platzieren will oder ältere Personen so deutlich leichter ein- wie aussteigen.

Kia EV9-Kofferraum
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Je nach Ausstattung können die Insassen in der ersten und zweiten Reihe ihre Sitze auch in eine leichte Ruheposition bringen, um sich zu entspannen und auszuruhen – zum Beispiel, während das Elektroauto geladen wird. Ebenso wie vorn oder im Fond bieten die Sitze in der dritten Reihe Getränkehalter und Ladeanschlüsse für mobile Geräte gibt es sowieso, wohin man auch schaut. Der Laderaum liegt je nach Sitzkonfiguration zwischen 333 und knapp 2400 Litern. Mit einem Taster im Laderaum lassen sich die Sitze in der zweiten und dritten Reihe elektrisch nach vorne klappen.

Kia EV9-Cockpit
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Innen gibt es zwei 12,3-Zoll-Displays, die über einen kleinen Fünf-Zoll-Bildschirm miteinander verbunden sind, auf dem Informationen über die Klimatisierung dargestellt werden. Etwas überraschend gibt es bei dem elektrischen Bruder des Kia Telluride jedoch kein Display für den Beifahrer. Kia hält an seinem System fest, die Touchbildschirme mit haptischen Tastern zu ergänzen. So gibt es neben wechselnden Sensorflächen unterhalb des Navigationsbildschirms Direkttasten für Temperatur, Lüftung, Warnblinker und Fahrmodus. Weitere Schalter steuern auf der geräumigen Mittelarmlehne unter anderem Funktionen wie Bergabfahr- oder Einparkhilfe.

Überaus entbehrlich sind die optionalen digitalen Außenspiegel mit ihren großen Innendisplays in den Türen. Das sieht alles andere als stimmig aus und der Mehrwert ist gerade bei Nachtfahrt und schlechtem Wetter überschaubar. Daher am besten einfach bei den normalen Außenspiegeln bleiben, die zudem weniger Ressourcen benötigen, ergo nachhaltiger sind.

Kia EV9-digitaler-Rückspiegel
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Beim Antrieb gibt es zum Marktstart zwei Versionen, und die Entscheidung ist angesichts der Dimensionen und des üppigen Gewichts schon vorab gefallen, denn 150 kW / 204 PS und ein Hinterradantrieb sind in dieser Laga dann doch deutlich zu wenig. Bis wohl erst Anfang 2025 ein echte Sportversion folgt, ist der Elektroallradler mit 283 kW / 385 PS und 600 Nm maximalem Drehmoment genau die richtige Wahl, denn entsprechend motorisiert ist der mit über 2,6 Tonnen dann doch recht schwere Allrad sehr gut unterwegs. Aus dem Stand geht es in 6 Sekunden auf Tempo 100 und bei 200 km/h wird nicht allzu früh abgeregelt. Mit der optionalen Boost-Option stehen bis zu 700 Nm und ein schnellerer Spurt zur Verfügung – benötigen tut diese Spielerei wohl kaum ein Kunde.

Auch, weil der Kia EV9 AWD von seinem Gesamtpaket alles andere als sportlich ist. Das Fahrwerk ist komfortabel und in schnell gefahrenen Kurven kann der südkoreanische Koloss sein Gewicht trotz der stattlichen Leistung nicht überspielen. Ein allerdings technisch aufwendiger Wankausgleich würde hier angenehme Abhilfe schaffen – vielleicht kommt der beim wohl über 550 PS starken Topmodell. Die Lenkung ist leichtgängig und präzise – etwas mehr Rückmeldung würde gerade bei höheren Geschwindigkeiten nicht nur sportlichen Fahrern gut gefallen.

Kia EV9-Heck
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Im Unterschied zu seinem später folgenden kleineren Bruder Kia EV5 ist der EV9 mit einem 800-Volt-Bordnetz ausgestattet, dass den Akku bis rund 240 Kilowatt nachladen lässt. Ein echter Vorteil zu so manchem Konkurrenten. In weniger als 20 Minuten erstarkt das 99,8 kWh große Akkupaket im Unterboden auf bis zu 80 Prozent seiner Leistungsfähigkeit. Mit einer Akkuladung sind bis zu 500 Kilometer drin.

Praktisch für Camping und Co: Der Kia EV9 verfügt über eine bidirektionale Ladefähigkeit, die bis zu 3,6 kW Ausgangsleistung bietet und damit verschiedene externe Elektrogeräte mit Strom versorgen kann. Der Preis von mindestens 83.370 Euro für den Sechssitzer ist kein Schnäppchen; doch die Serienausstattung lässt mit klimatisierten Ledersitzen, elektrischer Sitzverstellung sowie zahlreichen Komfortdetails kaum Wünsche offen – bleibt fast nur das optionale Panoramadach. Auch ein Grund, wieso sich die internationale Konkurrenz beim Kia EV9 warm anziehen kann, denn so ausgestattet kratzt der Koreaner sogar an Modellen wie einem BMW iX, Mercedes EQE SUV und anderen. Nicht ganz unwichtig: Sieben Jahre Garantie gibt es obendrauf.

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Stefan Grundhoff

Stefan Grundhoff

Stefan Grundhoff ist seit frühester Kindheit ausgemachter Autofan. Die Begeisterung für den Journalismus kam etwas später, ist mittlerweile aber genau so tief verwurzelt. Nach Jahren des freien Journalismus gründete der Jurist 1994 das Pressebüro press-inform und 1998 die Beratungsfirma press-inform consult.

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