Fährt Elon Musk Tesla an die Wand?

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Michael Neißendorfer
Michael Neißendorfer
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Lange Zeit hat Tesla den Markt für Elektroautos maßgeblich vorangetrieben. Mit den Mittelklassemodellen Model 3 und Model Y knackte der E-Auto-Primus als erster Hersteller weltweit die Millionengrenze beim Absatz, das eigene Ladenetz der Supercharger war mit seiner Dichte und Ladegeschwindigkeit anderen Herstellern meilenweit voraus. „Tesla hat seinen gigantischen technischen Vorsprung in vielen Bereichen verspielt“, fasst nun das Manager-Magazin in einem aktuellen Artikel die jüngsten Entwicklungen treffend zusammen.

Der Erfolg von Tesla steht und fällt mit CEO Elon Musk. Und aktuell stehen die Zeichen auf Fall, vor allem aufgrund der Umtriebe im rechten politischen Spektrum, die Tesla viele Sympathiepunkte gekostet haben. Schon im Jahr 2024 gingen die Verkäufe von Tesla erstmals in der Unternehmensgeschichte zurück. Während der weltweite Absatz von Elektroauto im vergangenen Jahr um 25 Prozent zulegte, verlor Tesla 1 Prozent seiner Käufer.

Die Umsatzrendite von Tesla betrug 2022 noch 16,8 Prozent, 2023 waren es schon nur noch 9,2 Prozent, 2024 endete mit 7,2 Prozent. Die Januarzahlen lassen einen weiteren Absturz vermuten: Minus 63 Prozent in Frankreich, minus 60 Prozent in Deutschland, auch in weiteren wichtigen Elektroauto-Märkten Schweden (-44 Prozent), Norwegen (-38 Prozent) und Großbritannien (-8 Prozent) griffen Käufer lieber zu Fahrzeugen anderer Marken. Selbst in der Tesla-Heimat Kalifornien ging der Absatz um 12 Prozent zurück. Zwar sind die Zahlen mit Vorsicht zu genießen, da Teslas Bestseller Model Y soeben ein Update erfahren hat und das aufgefrischte Modell erst ab März ausgeliefert wird. Das dicke Minus lässt sich dennoch nicht einfach wegdiskutieren.

Für seine Anlayse, wie es aktuell wirklich um Tesla steht, hat das Manager Magazin mit Unternehmensinsidern und Investoren gesprochen, mit Geschäftspartnern und Experten, mit ehemaligen und aktuellen Managern. Das Fazit der Gespräche ist verheerend: „Tesla droht zum größten Marktversagen der Börsengeschichte zu werden – und, wenn es ganz schlimm kommt, zu einer Fallstudie dafür, wie man einen massiven technologischen Vorsprung leichtfertig verspielt.“

Es genügt schon ein Blick auf Elon Musks sonstige Verpflichtungen, um zur Erkenntnis zu gelangen, dass die Strategie auf lange Zeit nicht gutgehen kann: Der Südafrikaner führt neben Tesla auch den Raumfahrtunternehmen SpaceX, den Twitter-Nachfolger X, das Künstliche-Intelligenz-Unternehmen xAI und soll nun auch noch auf Geheiß von Donald Trump den Politikbetrieb in Washington effizienter machen und von Grund auf umkrempeln.

Dies scheint Musk gehörig zu überfordern, die Kündigungswellen bei US-Behörden, angestoßen vom Tesla-SpaceX-xAI-DOGE-Chef verursachen oft Chaos. In einem besonders augenfälligen Fall wurden Medienberichten zufolge Mitte Februar etwa 300 Mitarbeiter der Atomsicherheitsbehörde NNSA gefeuert, die zum Teil unter anderem für die Wartung und die Sicherheit von Tausenden Atomwaffen der USA verantwortlich waren. Schon tags darauf sei allerdings begonnen worden, die Entlassungen wieder rückgängig zu machen, da man die Mitarbeiter dringend brauche, um die Sicherheit weiter gewährleisten zu können.

„Einfliegen, die Leute anscheißen und wieder abdüsen“

Diesen Führungsstil kenne man auch bei Tesla, wie das Manager-Magazin erfahren hat: „Musk komme sporadisch vorbei, erzählen Topleute, stauche die Truppe zusammen, feuere mitunter Führungskräfte oder auch mal ein ganzes Team – und verschwinde dann wieder“, heißt es in dem Bericht. Man nenne Musks Stil bei Tesla „Taubenstil: Einfliegen, die Leute anscheißen und wieder abdüsen.“ Bei Tesla herrsche „ständiges Chaos“ und es mache sich, so ein Tesla-Manager, „blankes Entsetzen“ breit.

Früher sei man stolz gewesen, für Tesla zu arbeiten, zitiert das Wirtschaftsmagazin einen weiteren Mitarbeiter: „Inzwischen schämt man sich.“ Die Belegschaft befürchte bereits dass „Elon alles zerstört, was wir aufgebaut haben.“ Es gebe kaum noch Mitarbeiter bei Tesla, die anzweifeln, dass Musk dem Autohersteller massiv schade. Hinzu kommt: Tesla tut sich immer schwerer, neue Mitarbeiter zu rekrutieren. Wer will schon einen hitzköpfigen und unberechenbaren Narzissten als Chef?

Geradezu absurd ist, dass der Börsenwert von Tesla trotz allem stark gestiegen ist, von weniger als 200 US-Dollar noch vor einem Jahr auf teilweise deutlich über 400 Dollar in den vergangenen Wochen. J.P.-Morgan-Analyst Ryan Brinkman sagte, der Aktienkurs von Tesla sei „völlig von den Fundamentaldaten abgekoppelt“, auch die Investmentbank Evercore ISI sieht es „zunehmend problematisch“, Tesla anhand von Kennzahlen zu analysieren. Sollte Tesla nicht in seine Börsenbewertung hineinwachsen können, ist der Crash unvermeidlich. Doch nach Wachstum sieht es aktuell nicht aus. Im Gegenteil.

„Ich habe dieses Auto gekauft, bevor Elon verrückt geworden ist“

Musks Umtriebe, ein Hitlergruß hier, der Auftritt bei der rechten Partei AfD da, hinzu sein Zunehmens rechtsradikales und allen Anstand vermissendes Gebaren auf seiner persönlichen Hetzplattform X verstören mehr und mehr auch mögliche Kunden. Viele Bestandskunden haben sogar schon ihre Teslas verkauft, da sie nicht mehr mit Elon Musk in Verbindung gebracht werden wollen, andere schmücken ihre Stromer mit Aufklebern wie: „Ich habe dieses Auto gekauft, bevor Elon verrückt geworden ist.“

Das Manager-Magazin berichtet von Autohändlern, die viele auffällig Anfragen von Personen erhielten, die ihren Tesla verkaufen wollen. „Meistens lehnten sie ab, erklärt einer der Geschäftsführer. Der Kauf ist ihnen zu gefährlich. Die Händler sorgen sich, dass sie die Teslas nicht wieder verkauft bekommen“, heißt es in dem Bericht. Hinzu komme ein überdurchschnittlich hoher Wertverlust für Tesla-Modelle: In Deutschland habe das Model 3 Autoscout24 zufolge im vergangenen Jahr rund 19 Prozent an Wert verloren, beim Model Y waren es 17 Prozent. Den durchschnittlichen Wertverlust von E-Autos beziffert das Portal indes auf nur 4 Prozent.

Hinzu kommt: Die anderen Autohersteller haben in Sachen Elektroautos massiv aufgeholt. Lange galt Tesla als Benchmark, heute sind die Modelle der Konkurrenz die Innovativeren. „Mindestens zehn Jahre lang hatte Tesla praktisch keinen Wettbewerb“, sagt Karl Brauer, Chefanalyst der Datenplattform ISeeCars.com, dem Manager-Magazin zufolge. Diese Zeiten sind nun vorbei.

Das letzte neue Modell von Tesla in Europa, das Model Y, ist nun schon vier Jahre auf dem Markt. Der Cybertruck, in den USA Ende 2023 eingeführt, ist ein Flop. Von zwei Millionen Vorbestellungen für den kantigen Pick-up war zur Markteinführung die Rede, Musk sprach von einem jährlichen Produktionsvolumen von 250.000 bis 500.000 Stück, tatsächlich verkauft wurden bislang allerdings nur gut 40.000 Cybertrucks.

Viele Versprechungen ohne Ergebnisse

Hinzu kommen viele weitere Versprechungen, die Musk nicht einhalten konnte. Der Elektro-Lkw Semi, der eigentlich seit 2019 in Serie produziert werden sollte, ist weiterhin nur als Prototypenflotte mit kaum mehr als 100 Fahrzeugen auf der Straße. Zuletzt hieß es, dass die Serienproduktion Ende 2025 starten soll. Eigentlich wollte Tesla auch seine bereits vor fünf Jahren vorgestellte und angeblich bahnbrechende Batteriezelle – manche erinnern sich vielleicht, die 4680er-Zellen – selber produzieren und in seinen Autos verbauen.

Auch für das deutsche Werk in Grünheide war die Produktion der eigenen Batteriezellen geplant. Doch daraus wurde bis heute nichts, in Grünheide schraubt Tesla Batterien von BYD aus China in seine Elektroautos. Und der 25.000-Euro-Tesla, mit denen Musk den Massenmarkt aufmischen wollte, hat sich ebenfalls in Luft aufgelöst. Vor wenigen Monaten bezeichnete Musk das Projekt als „sinnlos“ und „albern“, so das Manager-Magazin.

Es verwundert kaum, dass Musks letzte Ankündigung eines autonom fahrenden Robotaxis nur noch die eingefleischtesten Tesla-Fans wirklich ernst nehmen, zumal Teslas Selbstfahrsystem FSD (Full Self Driving) als eines der unzuverlässigsten der Autobranche gilt und schon mehrere Todesopfer auf dem Gewissen hat, mehr als 50 sollen es bereits sein. In den USA hat Tesla deswegen mehrere Klagen und Untersuchungen am Hals. Mehr als fahrlässig ist, dass die Trump-Regierung die Pflicht, Behörden von Unfällen bei aktivierter Fahrassistenz in Kenntnis zu setzen, nun abschaffen will. Am Ende könnte das nach hinten losgehen und mit dazu beitragen, dass Musk Tesla abschafft.

Quelle: Manager-Magazin – „Blankes Entsetzen“: Tesla auf Crashkurs

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Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer ist E-Mobility-Journalist und hat stets das große Ganze im Blick: Darum schreibt er nicht nur über E-Autos, sondern auch andere Arten fossilfreier Mobilität sowie über Stromnetze, erneuerbare Energien und Nachhaltigkeit im Allgemeinen.

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