Der deutsche Automobilhersteller Volkswagen steckt aktuell in einer handfesten Krise, selbst Werksschließungen sind nicht mehr ausgeschlossen. Besonders gefährdet sein könnten dabei offenbar die Standorte Chemnitz und Osnabrück. Finanzchef Arno Antlitz verkündete Anfang der Woche bei einer Betriebsversammlung, dass aktuell jährlich eine halbe Million Autos zu wenig abgesetzt werden. Dem widerspricht auch der VW-Betriebsrat nicht, wehrt sich aber gegen einen drohenden Stellenabbau.
Die 500.000 im Absatz jährlich fehlenden Autos „bezweifeln wir nicht, diese Zahl ist ja Fakt. Wir sehen auch, in welcher Situation wir sind und verschließen nicht die Augen davor. Aber, selbst wenn wir als Arbeitnehmerseite jetzt alles hergeben würden, verändert es nichts an den Themen, die der Konzernvorstand und der Markenvorstand zu verantworten haben“, sagte VW-Betriebsratschefin Daniela Cavallo laut Automobilwoche.
Für die gemeinsame Suche nach Lösungen zeigte sie sich offen und sagte: „Es geht jetzt um die Zukunft des Unternehmens. Wir erwarten vom Vorstand, dass wir zügig an den Verhandlungstisch treten, um Klarheit zu bekommen, wie es weitergehen soll.“
Werksschließungen werden klar abgelehnt
Man bezweifele im Betriebsrat nicht, dass die Lage ernst ist. Allerdings wolle man nicht zulassen, dass sich der Hersteller mit Hauptsitz in Wolfsburg in eine Abwärtsspirale begebe. „Wir sehen, dass es eine Deindustrialisierung gibt. Wir brauchen eine Politik, die dafür sorgt, dass es auch zukünftig Industriearbeitsplätze in Deutschland gibt. Wenn wir jetzt Werksschließungen und Stellenabbau zulassen, ist das eine Gefahr für ganz Deutschland“, führte Cavallo aus. Auch sie machte indes keine konkreten Angaben, welche Jobs im Detail gefährdet sind. Sie machte aber klar: „Wir reden nicht über Standortschließungen.“
Auch die IG Metall bereitet sich auf einen Arbeitskampf vor. Bezirksleiter Thorsten Gröger wird von der Automobilwoche zitiert: „Wenn das Unternehmen diesen Weg weiter verfolgt, muss das Unternehmen damit rechnen, dass es erbitterten Widerstand der Beschäftigten in Kauf nehmen muss.“
Auch Streiks seien dann durchaus denkbar, auch wenn dies ein letztes Mittel sei. Denn auch bei den Gewerkschaften ist man sich wohl bewusst, dass Streiks die Gesamtsituation bei VW noch weiter verschlechtern dürften. Auf der sicheren Seite fühlen darf sich das VW-Management aber nicht. Gröger sagte: „Wenn wir nicht vorher zu Lösungen kommen, ist das eine Möglichkeit, die wir nicht ausschließen. Das Signal, das die Belegschaft heute gegeben hat, wird uns in den Verhandlungen den Rücken stärken.“
E-Auto-Strategie schuld an der Krise?
Sollten die Gespräche zwischen Gewerkschaften und VW nicht konstruktiv verlaufen, könnten in wenigen Wochen jedoch durchaus Streiks in größerem Maße und somit eine Eskalation des Konflikts drohen. Denn in Kürze stehen ohnehin turnusgemäße Tarifverhandlungen in der Metall- und Elektrobranche an, was weitere Tropfen ins bereits bis oben hin gefüllte Fass leisten kann. Indes geht der Streit darüber weiter, weshalb VW überhaupt in diese missliche Lage geraten konnte. Während CDU-Chef Friedrich Merz die Konzentration auf Elektroautos als mögliche Ursache ausmacht, sehen andere Stimmen in der zu geringen Konzentration auf Elektroautos den Grund.
Quelle: Automobilwoche – „Cavallo zur VW-Krise: „Wir verschließen nicht die Augen“