Daimler und Proterra auf der IAA-Nutzfahrzeuge: Lkw werden elektrisch und autonom

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Daimler

Michael Neißendorfer
Michael Neißendorfer
  —  Lesedauer 6 min

Daimler Trucks & Buses investiert in das amerikanische Unternehmen Proterra Inc. Beide Partner haben eine strategische Partnerschaft vereinbart. Das gab Martin Daum, Mitglied des Vorstands der Daimler AG, verantwortlich für Daimler Trucks & Buses, auf der 67. IAA Nutzfahrzeuge in Hannover bekannt. Das im Jahr 2004 gegründete Unternehmen mit Sitz in Kalifornien ist führend im Geschäft mit elektrischen Nahverkehrsbussen.

Im Zusammenhang mit der Investition haben Proterra und Daimler auch vereinbart, gemeinsam die Elektrifizierung ausgewählter schwerer Nutzfahrzeuge von Daimler zu erörtern. Als erstes Projekt widmen sich die beiden Unternehmen möglichen Synergien bei der Elektrifizierung von Schulbussen der Daimler Marke Thomas Built Buses und der Option, die bereits bewährte Batterietechnologie und den Antriebsstrang von Proterra auf den nordamerikanischen Schulbusmarkt zu übertragen.

Ähnlich wie öffentliche Verkehrsmittel sind Schulbusse gut für die Elektrifizierung geeignet, da die meisten eine vorhersehbare Strecke pro Tag zurücklegen. Die gemeinsame Arbeit an einem elektrischen Schulbus bietet Daimler und Proterra die Möglichkeit, zuverlässige und wirtschaftliche neue Transportoptionen mit umweltverträglicher, emissionsfreier Elektrotechnologie in diesem wachsenden Segment anzubieten.

„Wir haben sehr früh begonnen, an Elektro-Lkw und -Bussen zu arbeiten, und es ist unser Anspruch, hier in jedem relevanten Segment den Maßstab zu setzen. Aus der Zusammenarbeit mit Proterra erwarten wir uns zusätzliche Impulse für die Entwicklung von schweren elektrischen Nutzfahrzeugen. Dadurch stellen wir uns gerade bei der Schlüsseltechnologie der Batterie noch breiter auf.“ Martin – Daum, Mitglied des Vorstands der Daimler AG, verantwortlich für Daimler Trucks & Buses

Entsprechend wird in Halle 14/15 auf dem Messegelände in Hannover – traditionell die „Daimler Halle“ – in diesem Jahr eine umfangreiche Palette an elektrisch angetriebenen Nutzfahrzeugen präsentiert. Vom batterieelektrischen Stadtbus eCitaro über den vollelektrischen schweren eActros, der sich bereits in Kundenhand befindet, bis hin zur Fahrzeugstudie E-FUSO Vision One als Ausblick auf einen vollelektrischen schweren Lkw der Marke E-FUSO.

Mercedes-Benz eCitaro: Start der Serienfertigung noch 2018

Seine Messepremiere feiert auf der IAA Nutzfahrzeuge auch der neue vollelektrisch angetriebene Mercedes-Benz eCitaro. Der neue Stadtbus besticht dank seines innovativen Thermomanagements durch eine bislang noch nicht bekannte Energieeffizienz. Der eCitaro ist mit radnabennahen Elektromotoren ausgestattet und verfügt über eine Batteriekapazität von 243 kWh. Bereits jetzt deckt der eCitaro mit seiner hohen Effizienz bei bis zu 88 Fahrgastplätzen einen großen Teil der Einsätze von Stadtbussen ab. Schon in wenigen Jahren wird er mit Batterietechnologie und einer Brennstoffzelle als Range Extender den Verbrennungsabtrieb vollständig ersetzen können.

Noch vor dem Serienstart im Herbst liegen Aufträge über mehrere Dutzend eCitaro aus dem In- und Ausland vor, unter anderem von den Berliner Verkehrsbetrieben, dem Rhein-Neckar Verkehrsverbund, der Hamburger Hochbahn und Kunden in Norwegen.

Mercedes-Benz eActros: Kunden-Innovationsflotte im Einsatz

Bereits auf der IAA 2016 präsentierte Mercedes-Benz Trucks einen schweren Elektro-Lkw. Jetzt hat der Daimler mit dem rundum weiterentwickelten Mercedes-Benz eActros, der im Februar dieses Jahres seine Weltpremiere feierte, den nächsten Schritt absolviert: Im September ging der erste eActros an Hermes für den Kundeneinsatz unter realen Alltagsbedingungen. Bis zum Jahresende wird die Kunden-Innnovationsflotte zehn eActros umfassen. Die Serienfertigung ist ab dem Jahr 2021 geplant.

Wesentliche Merkmale des eActros sind elf Batteriepakete im Bereich des Rahmens sowie unterhalb, mit einer nutzbaren Gesamtkapazität von 240 kWh. Der Antrieb über radnabennahe Elektromotoren verfügt über eine Maximalleistung von 2 x 126 kW. Das Mehrgewicht von rund 2,5 Tonnen im Vergleich zum konventionellen Antrieb wird zum Teil durch die Erhöhung des zulässigen Gesamtgewichts um eine Tonne für Lkw mit Alternativantrieb in der EU wieder kompensiert. Die Reichweite des eActros von rund 200 km deckt beispielsweise die typische Tagestour im Lebensmittel-Verteilerverkehr für Supermärkte im Frischdiensteinsatz ab.

FUSO eCanter: Serienmäßig gefertigt, weltweit im Einsatz

Ebenfalls im Serieneinsatz ist der vollelektrisch angetriebene Leicht-Lkw FUSO eCanter – inzwischen bei verschiedenen Kunden in sechs Metropolen in Nordamerika, Europa und Asien. Die sechs Batterien des leichten Lkw mit zusammen 82,8 kWh Gesamtleistung ermöglichen Reichweiten von über 100 km. Die tägliche Fahrleistung der Kunden im innerstädtischen Verteilerverkehr wird damit in vielen Fällen übertroffen. Der Elektromotor leistet 129 kW. Der FUSO eCanter hat eine Nutzlast von bis zu 3,5 Tonnen je nach Aufbau und Einsatz. Der lokal emissionsfreie und nahezu geräuschlose FUSO eCanter wird für die rund 30 Märkte in Europa und die USA in Tramagal/Portugal in Serie produziert. Die FUSO eCanter für den japanischen Markt werden im Mitsubishi FUSO Werk in Kawasaki gefertigt.

Einen weiteren Blick in die Zukunft ermöglicht auf der IAA der E-FUSO Vision One. Er gibt einen Ausblick auf einen realistischen vollelektrischen schweren Lkw der Marke E-FUSO. Der Dreiachser für den Verteilerverkehr wird dank 300 kWh Batteriekapazität eine Reichweite von bis zu 350 km erreichen. Wie ernst es FUSO mit dem Elektroantrieb meint, zeigt die Zusammenfassung entsprechender Fahrzeuge unter der eigenständigen Produktmarke E-FUSO.

USA: Der E-Schulbus steht unmittelbar vor der Serienfertigung

Auch in Nordamerika arbeitet Daimler Trucks mit Hochdruck an elektrischen Antrieben. Neben dem vollelektrischen „ Saf-T-Liner C2 Electric Bus“ oder kurz „Jouley“, der auch auf der IAA zu sehen ist, hat Daimler Trucks Anfang Juni zwei neue vollelektrische Lkw der US-Tochter Freightliner vorgestellt: den schweren eCascadia und den mittelschweren eM2. Die ersten Kunden Penske Truck Leasing und NFI Industries werden ab Ende 2018 30 dieser elektrischen Freightliner-Fahrzeuge testen.

Mercedes-Benz Actros mit Active Drive Assist: teilautomatisiertes Fahren in Serie

Neben der Elektrifizierung liegt ein weiterer strategischer Schwerpunkt von Daimler Trucks und Buses auf dem automatisierten Fahren. Der neue Schwer-Lkw Mercedes-Benz Actros hebt die Sicherheit für alle Verkehrsteilnehmer, die Effizienz für den Unternehmer sowie den Komfort für den Fahrer auf ein neues Niveau.

Die wichtigste Neuerung ist der Active Drive Assist. Mit ihm bringt Mercedes-Benz Lkw das teilautomatisierte Fahren in Serie. Der neue Active Drive Assist kann selbständig bremsen, Gas geben und lenken. Anders als Systeme, die nur ab einer gewissen Geschwindigkeit arbeiten, ermöglicht der Active Drive Assist dem Fahrer erstmals in einem Serien-Lkw teilautomatisiertes Fahren in allen Geschwindigkeitsbereichen. Neu sind die aktive Querführung und die Verbindung von Längs- und Querführung in allen Geschwindigkeitsbereichen durch die Fusion von Radar- und Kamerainformationen. Der Active Drive Assist baut auf dem bewährten Abstandshalte-Assistent mit Stop-and-go-Funktion sowie dem Spurhalte-Assistent von Mercedes-Benz auf. Während die Verantwortung für die Überwachung des Verkehrsgeschehens weiterhin beim Fahrer liegt, entlastet ihn das System deutlich und leistet einen wichtigen Beitrag zur Erhöhung der Sicherheit auf der Straße.

Der neue Actros ist daneben der erste Serien-Lkw mit MirrorCam statt Außenspiegeln. Für Aerodynamik, Sicherheit und Fahrzeughandling ist die MirrorCam eine enorme Verbesserung. Das System bietet eine stark verbesserte Rundumsicht und besteht aus zwei außen am Fahrzeug angebrachten Kameras und zwei 15 Zoll großen Displays an den A-Säulen im Fahrerhaus.

Weitere Highlights des neuen Actros sind der Active Brake Assist 5, die neue Generation des Notbremsassistenten. Er unterstützt den Fahrer, wenn ein Auffahrunfall oder eine Kollision mit einer querenden, entgegenkommenden oder in der eigenen Spur laufenden Person droht – im Bedarfsfall auch mit einer automatischen Vollbremsung. Neu ist, dass der Active Brake Assist 5 mit einer Kombination aus Radar- und Kamerasystem arbeitet. Damit kann das System den Raum vor dem Fahrzeug noch besser überwachen und auf Personen noch besser reagieren.

Ein weiterer wesentlicher Bestandteil der Assistenzsysteme des neuen Actros ist der bereits vor zwei Jahren als Weltpremiere erfolgreich eingeführte Abbiege-Assistent. Das System hilft dem Fahrer während des Rechtsabbiegens etwaige Kollisionen mit Radfahrern, Fußgängern oder stationären Hindernissen zu vermeiden.

Quelle: Daimler – Pressemeldung vom 19.09.2018

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Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer ist E-Mobility-Journalist und hat stets das große Ganze im Blick: Darum schreibt er nicht nur über E-Autos, sondern auch andere Arten fossilfreier Mobilität sowie über Stromnetze, erneuerbare Energien und Nachhaltigkeit im Allgemeinen.

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